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Mietwagenbranche unter Druck: Letzte Ausfahrt Übernahme?

28.06.2017 09:09 Uhr
ressen oder gefressen werden: Das gilt, wie bei so vielen anderen, auch für die Autovermieter.

Es brodelt am Markt für Autovermietung, die Palette klassischer Anbieter schrumpft zusehends. Für manche Experten ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann die nächste Megafusion ansteht. Aber auch kleine Firmen wirbeln die Branche mit neuen Mobilitätskonzepten auf.

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Von Karolin Rothbart, dpa-AFX

Fressen oder gefressen werden: Das gilt, wie bei so vielen anderen, auch für die Autovermieter. Um Problemen wie wachsender Internet-Konkurrenz Herr zu werden, setzen sie immer öfter auf Zukäufe. Erst kürzlich machten gleich zwei Fusionsvorhaben an einem Tag die Runde. Die französische Europcar hat es auf den Regensburger Anbieter Buchbinder abgesehen. Daneben ist die Übernahme von Caro aus Bremen durch den US-Riesen Enterprise abgeschlossen, der zugleich einen Einstieg ins deutsche Carsharing-Geschäft auslotet.

Der einst so zersplitterte europäische Mietwagen-Markt verwandelt sich zunehmend in ein Oligopol – also einen Markt mit wenigen, dafür aber großen Anbietern. "Mittelfristig halten wir ein Szenario, in dem drei bis vier Branchengrößen potenziell 75 bis 80 Prozent des Marktes kontrollieren, für realistisch", heißt es in einer Studie des spezialisierten Beratungsunternehmens Nedrelid. Finanzexperte Nicolay Nedrelid glaubt, dass sich die europäischen Verhältnisse denen der USA annähern werden. Dort kommen die drei größten Autovermieter zusammen derzeit auf knapp 95 Prozent Marktanteil.

In Deutschland ist es mit der Konzentration noch nicht ganz so weit. Laut Zahlen von Europcar teilten sich zuletzt fünf Dickfische rund 80 Prozent des Marktes – mit Sixt als Anführer, gefolgt von Europcar, Avis Budget, Hertz und Enterprise. Auch europaweit kontrollieren die Fünf das Geschehen, nur in anderer Reihenfolge. Hier ist Europcar mit einem Marktanteil von rund 26 Prozent und einer durchschnittlichen Flotte von über 200.000 Fahrzeugen Platzhirsch. Mehr als 13 Milliarden Euro hat die Branche auf dem Kontinent 2015 umgesetzt.

Enterprise auf Expansionskurs

Ein großer Kuchen, von dem sich der Weltmarktführer Enterprise ein möglichst großes Stück sichern möchte. Man wolle die "Präsenz in ganz Europa deutlich ausbauen", beschreibt ein Sprecher das seit fünf Jahren verfolgte Ziel. Entsprechend lang ist die Einkaufsliste europäischer Konkurrenten. Der Caro-Übernahme gingen in den vergangenen Jahren schon diverse andere Käufe voraus – darunter City Car Club in Großbritannien, Atesa in Spanien und Citer in Frankreich.

Mit Blick auf Deutschland wertete die "Welt" das Expansionsstreben des Konzerns im November 2016 als gezielte Attacke gegen Sixt. Der hiesige Branchenführer gab sich gelassen. "Ohne Konkurrenz würde das Geschäft keinen Spaß machen", meinte Vorstandschef Erich Sixt. Auch heute sieht sich der Autovermieter nicht plötzlich zu panikartigen Zukäufen veranlasst. "Gerade im Inland setzen wir weiterhin auf organisches Wachstum", sagte ein Sprecher. Im Ausland sei es schon etwas anderes. Hier fokussiere man sich auf Westeuropa und die USA.

Für Nedrelid ist klar, wer gemeint ist. In seiner Zukunftsversion wird sich Sixt das Europageschäft des US-Autovermieters Hertz einverleiben und somit zum Marktführer aufsteigen. Viele andere Möglichkeiten hätten die Deutschen auch gar nicht. "Wenn man sich den Kurs von Hertz anschaut, wäre jetzt ein potenziell guter Zeitpunkt, um zu kaufen", sagt Nedrelid. Seit knapp drei Jahren befindet sich die Aktie des US-Anbieters praktisch im Sinkflug.

Branche hat mehrere Probleme am Hals

Peter Fey, Branchenexperte beim Beratungsunternehmen Wieselhuber & Partner, findet diese These gewagt: "Das wäre ein extrem großer Schritt." Dass es zu einer weiteren Marktkonzentration kommen wird, glaubt Fey aber auch. Denn die Branche hat mehrere Probleme am Hals. Eine wachsende politische Unsicherheit, die mit einer abnehmenden Reisefreudigkeit der Leute einhergeht. Eine fortschreitende Digitalisierung, mit der sich die Mietkosten so einfach wie nie vergleichen lassen, was den Preiskampf weiter befeuert. Ständig neue Anbieter, die mit noch innovativeren Mobilitätskonzepten aufwarten.

Uber ist längst nicht mehr das einzige Unternehmen, welches den Markt für Personenbeförderungen umwälzt. Während sich Europas Taxi-Lobby bisher einigermaßen erfolgreich gegen den Fahrdienstvermittler zur Wehr setzt, nimmt das Konzept des Car- und Ridesharing immer mehr an Fahrt auf. Allein für Ersteres gibt es in Deutschland 150 Anbieter, die um die Gunst von rund 1,7 Millionen registrierten Nutzern buhlen.

Fahrzeuge beim Carsharing sehr kurzfristig

Anders als bei der gängigen Autovermietung können die Fahrzeuge beim Carsharing sehr kurzfristig und für wenige Minuten genutzt werden. Die Vermietung läuft dabei entweder zwischen Privatpersonen oder über professionelle Anbieter. Zu den deutschlandweit erfolgreichsten zählt derzeit das von Europcar und Daimler geführte Joint Venture Car2Go, bei dem zuletzt über 2,5 Millionen Kunden weltweit registriert waren. Nach eigenen Angaben arbeitet es in immer mehr Städten profitabel. Danach folgt DriveNow, ein Unternehmen von Sixt und BMW, das rund 875.000 Kunden zählt und in Deutschland seit drei Jahren profitabel ist. Auch Enterprise erklärte, derzeit Optionen zu prüfen, um einen Carsharing-Service für seine Firmenkunden in Deutschland einzuführen.

Da Carsharing jedoch nicht nur Vorteile mit sich bringt, wird es das klassische Mietwagengeschäft laut Fey so schnell nicht verdrängen. "Die Sache hängt stark davon ab, wo man sich bewegt", so der Experte. Ein Geschäftsreisender etwa, der nicht gerade in Ballungsräumen unterwegs und zudem länger auf das Fahrzeug angewiesen ist, wird sich seiner Ansicht nach immer für den Mietwagen entscheiden. Das sei – abgesehen vom mangelnden Angebot auf dem Land – auch billiger.

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