HB ohne Filter vom 10. Juni 2011
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Heute zu den Themen: "Smarte Winklerzüge" in Rom, Social Media im Autohaus, Überführungskosten bzw. versteckte Gebühren, Fahrrad-Verkehrspolitik.
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6. Juni - Montag
"Smarte Winklerzüge" in Rom. Wenn Du so gut wie nichts im Köcher hast, trommle und trommle in Rom! Dort wurden 1957 nicht nur die "Römischen Verträge" (EWG) geschlossen, dort hat auch das älteste und erfolgreichste Unternehmen der Welt seine Firmenzentrale: die Katholische Kirche. 2011 Jahre alt! Das deutsche Durchschnittsunternehmen lebt statistisch 18 Jahre lang. Jetzt hat man erstmals die Smart-Händler aus Europa zu einem Gigatreffen in Rom verbrüdert. Mindestens bis 2014 heißt die dominante Smart-Nummer "Prinzip Hoffnung". Immerhin brachte Chefin Annette Winkler nicht nur Konzern-Chef Dieter Zetsche mit, sondern ein paar perspektivische Wegpfeiler für die Zukunft. Smart war, ist und bleibt offensichtlich die Mobilitätsmarke des Konzerns und soll ihren ursprünglichen Kultcharakter zurückerlangen. Der City-Flitzer kann fast jede Parklücke in der Stadt nutzen: Warum fordert die Chefin nicht endlich politisch offen einen Anreiz für Kleinwagen – "zwei auf einem" (Parkplatz)? Gleich in Stuttgart mit den Grünen den Anfang machen. Das wär‘s doch! Smarts neuer Schneeballeffekt. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Electric drive
Smart kriegt ab 2012 Elektroflottencharakter: vom Kleinwagen über eBike bis zum eScooter. Und 2014 soll nach 16 Jahren endlich die Mutation vom "roten Rollschuh" zum "Konzernliebling" gelingen. Dies im Verbund mit Renault. Nun ja! Einmal mehr wird man bildlich gesprochen damit Adelsgeblüt zivilistisch verseuchen. Als Zwei- wie als Viersitzer. Man versucht nun nachzuholen, was man mit dem ForFour bereits einmal hatte. Sie wollen es bei Daimler immer noch nicht wahrhaben, dass es auch beim ForFour der überzogene Preis war, der ihn erübrigt hat. Wenn dann Preise für das künftige Smart eBike von 3.700 Euro im Raum schwirren, dann sollten sich die Verantwortlichen mal unter den vorhandenen Pedelecs umsehen – z.B. bei der Schweizer Marke "flyer", das ist der Daimler unter den E-Bikes. Dort ist man beim Besten Modell mit 2.500 Euro dabei. Es ist ja schön, dass anlässlich der dritten Kooperation mit "Tchibo" die Stiftung Warentest aktuell schreibt, dass die monatliche Leasingrate von 69 Euro ein "Schnäppchen" sei. Bei der MB-Niederlassung muss man das Doppelte, nämlich 141 Euro hinlegen. Die MB-Leasing macht es möglich. Verdient wird dabei aber nichts. Man erkauft sich die Abwendung eines noch größeren Einbruchs in den Verkaufszahlen. 2008 wurden pro Jahr noch 139.000 Smart vermarktet, 2010 waren es noch 94.300. Es gilt also, den "fortlaufenden" Erfolg zumindest bis 2014 aufzuhalten. Die verlängerten S-Klassen in China ermöglichen diesen warmen Dauerregen. Wie lange noch?
Frommes Finale
Das "ewige Rom" brachte noch eine gewichtige verbandspolitische Zäsur. Nachdem Ulrich Fromme, europäischer und deutscher Vorsitzender des Verband der Smart-Vertriebspartner-Deutschland seine letzten Anteile an einem Smart-Betrieb veräußert hatte, trat er als Verbandsvorsitzender zurück. Namhafte Kongressteilnehmer wurden über seinen internationalen Abschiedsauftritt im Verbund mit seinen engagierten internationalen Verbandstätigkeiten angeblich mit großer Taschentuchrührung gesichtet. Nachdem Fromme in Deutschland zugleich ZDK-Vizepräsident ist und nun ohne eigenes Autohaus operiert, wird er sicher auch in Essen bei der anstehenden ZDK-Mitgliederversammlung am 22. Juni 2011 sein Amt zur Verfügung stellen, damit das "ZDK-Geschäftsmodell" neuen Aufwind erfahren kann. Dem neuen Smart-Verbandsvorsitzenden Friedrich Meier, einem echten Schwaben, einem markendurchdrungenen Smart-Fan, einem, der ob seiner geistig-humoristischen Genen zur richtigen Zeit kommt, wünschen wir bis 2014 kreativ-humoristisches Durchstehvermögen. Und der rührigen und markenemotional hochgeladenen Smart-Chefin, Annette Winkler, wünschen wir kommende Woche einen gelingenden Start und viele, viele glückliche Zeiten im uferlosen Hafen der Ehe. Der schwäbische Humorist Häberle (Willy Reichert) meinte: "Die Ehe, ein Problem. Drei Buchstaben, ob du sie von hinten oder von vorne buchstabierst, es kommt immer s`Gleiche raus!"
7. Juni – Dienstag
Social Media im Autohaus. Heute lud Burkhard Weller diverse Markenexperten sowie verantwortliche Mitarbeiter aus der eigenen Gruppe zum Thema "Social Media im Autohaus" nach Berlin in seine Firmenzentrale – wunderschönem gelegen direkt an der Spree, in unmittelbarer Nachbarschaft zu VW-Retail. Michael Schweizer, Automobilwirtschaftsstudent an der Hochschule Geislingen, stellte zunächst die Thesen aus seiner gleichnamigen Bachelorarbeit vor, die er in der Weller-Gruppe geschrieben hatte. Nachstehend seien wichtige Erkenntnisse in Kurzform aufgezeigt.
In Deutschland hat Facebook inzwischen 20 Millionen Anwender, weltweit 700 Millionen. Das Marktgeschehen bildet sich dort in Gesprächen ab, allerdings "ohne Firmen". Die "Kunden" sind unter sich im Netz ehrlicher als im direkten Gespräch mit einem Verkäufer. Qualität ist alles. Wer bei Facebook keinen Mehrwert bietet, wird weggeklickt. Beliebteste Marke bei Facebook ist Coca Cola. Beliebteste Automarke ist Audi mit 174.293 Fans, BMW folgt mit 79.136. Beliebteste Autohandelsmarke ist Deutschlands größter MB-Vertreter, die Fahrzeugwerke Lueg in Bochum. Grundsätzlich wird ein Hersteller an den Facebook-Auftritt andere Prioritäten setzen als der Autohandel. Beim Autohandel kommen ganz wesenhaft die Bereiche Gebrauchtwagen und Service hinzu, und sie spielen eine stärkere Rolle wie für den Hersteller. Wenn ein Anwender über Facebook bei einem Händler landet, hat er bereits die Spreu vom Weizen getrennt.
Keine Absatzplattform!
Nachdem Facebook keine Absatzplattform darstellt, ist grundsätzlich zu fragen, was "Menge" bringt? Coca Cola trinken alle. Aber die Wenigsten der 79.136 BMW-Fans bei Facebook werden jemals einen BMW fahren. Wie markenaffin ist also die "Menge"? Da ist weniger oft mehr. Es geht bei Facebook mehr um Beziehungspflege als um aktives Verkaufen. Hardselling ist Utopia! Die eigentlichen Businesskunden trifft man eher bei Xing an oder gar bei www.feierabend.de, dem Webtreff für die besten Jahre! Wenn, dann sollten Vernetzungen zwischen Facebook, Xing, Twitter u.a. möglich sein. Der Firmenwagennutzer ist derzeit noch nicht der typische Facebook-Nutzer. Social Media ist also mehr als Facebook!
Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer in Facebook drin ist, muss sich darin auch fortbewegen. Also: Wer im Autohaus kommuniziert die neue Welt, gibt die gewünschten Antworten? Ab welchem Schnittpunkt beginnt überhaupt die individuelle Bearbeitung einer Aussage? Die Hersteller sind derzeit dabei, über ihre Online-Marketingabteilungen den Handel für die Thematik zu sensibilisieren. Was steht heute bereits bei autoplenum.de u.a. über Ihr Autohaus drin? Wie geht man mit Krisen, mit unwahren Behauptungen in diesen Plattformen um? Einig war man sich darüber, dass die Website weiterhin das virtuelle Rückgrat ist und bleiben wird. Die Branche aber muss in der Masse mit schwimmen.
Praxis
Einige praktische Beispiele aus Autohäusern mit Facebook-Aktivitäten. Die einen formieren gezielte Einladungen zur Après-Ski-Party, andere führen Gewinnspiele durch. Andere offerieren originell aufgemacht eine Gratisfahrzeugwäsche mit Gutschein. Wieder andere vermitteln Probefahrten mit eingestellten Erfahrungsberichten. Städter zeigen auf, wo aktuell Radarfallen aufgestellt sind. Wieder andere geben Tipps, wie man sparsam Auto fahren kann. Und wie wird der Kunde angesprochen? Duzt oder Siezt man sich? Am Besten spricht man den Facebook-Kunden mit Vorname und nachfolgendem "Sie" an. Wer da gleich einen auf Du macht, tut sich schwer, wenn der Kunde dann Morgen persönlich im Autohaus aufschlägt. Burkhard Weller abschließend: "Wir werden das pro Brand in unserer Gruppe separat aufsetzen, beobachten sorgfältig die Entwicklung, qualifizieren auf personeller Ebene, wägen aber sehr wohl Nutzen und Ertrag ab und müssen in diesem Fall wirklich nicht die Ersten am Markt sein!"
8. Juni - Mittwoch
Überführungskosten bzw. versteckte Gebühren. "Auto-Bild" macht abermals hohe Politik. Man greift das Thema Überführungskosten für Neuwagen auf und bezeichnet sie als "versteckte Gebühren". Gebühren sind aber öffentlich festgelegte Abgaben und das sind Überführungskosten ja nun wirklich nicht. Das aber zeigt, wie großzügig man bei "Auto-Bild" an ein Thema herangeht. Dann wird Verbraucherministerin Ilse Aigner zitiert: "Aus Sicht der Verbraucher sind die hohen Überführungskosten nicht nachzuvollziehen. Die Autoindustrie muss hier umsteuern." Daraus schließt "Auto-Bild": "Die Ministerin kämpft gegen Überführungskosten." Was so eben nicht stimmt. Also, abermals vernimmt man wieder eine großzügige Interpretation. In der Folgenummer (Ausgabe 20) geht man noch weiter und schreibt bei den Leserbriefen als Anmerkung der Redaktion: "Nachdem Ilse Aigner (CSU) die Abschaffung der umstrittenen Überführungspauschale gefordert hat..." Hat sie nicht, sondern - wie bereits dargestellt - ein Umsteuern. Klar, der pressewitzige Ansgar Klein vom Bundesverband freier Kfz-Händler, die vor allem (internationale) Gebrauchtwagen vertreiben, unterstützt öffentlich die Abschaffung der Überführungskosten.
Trennen wir. Die einen Neuwagenkunden holen ihr Fahrzeug direkt im Werk ab. Bei den Marken Audi, BMW, Mercedes, Porsche und VW ist das in Deutschland möglich. Die andere Auslieferungsart für Neuwagen erfolgt direkt über den Neuwagenhändler vor Ort. Bei den Selbstabholern glänzt Mercedes. Dort entstehen dem Kunden keine zusätzlichen Transportkosten. Porsche verlangt in Leipzig beim Selbstabholer eines Cayenne/Panamera 994 Euro. VW in "Auto City" - so "Auto-Bild" – ist mit 399 Euro im Boot, BMW in seinem Kundezentrum in München mit 500 Euro und Audi in Ingolstadt mit 450 Euro.
Die Überführungskosten beim Händler werden individuell kalkuliert. Für einen VW-Händler in Garmisch entstehen andere Transportkosten für Fahrzeuge wie umgekehrt den Wolfsburger Händler direkt vor dem Werkstor. Die meisten Fahrzeuge aus Japan und Korea kommen aus Bremerhaven. Die Frage ist, welche Aufwendungen hat der einzelne Händler tatsächlich, bis das Fahrzeug bei ihm auf dem Hof steht? Transportkosten, Transportversicherung, Transportabnahme, Aufbereitung, Fahrzeugbrief, Zulassung, (volle) Tankfüllung.
„Auto-Bild“ gibt als Überführungskosten bei Fiat im Schnitt mit 800 Euro an, bei KIA 950 Euro, Peugeot 800 Euro, für Porsche 1.300 und für Volkswagen 700 Euro. Für „Auro-Bild“ sind all diese Preise reine Abzocke. Auch hier würde Ludwig Erhard den Unternehmerischen geben: Maßhalten! Wie man es drehen will, einer muss ja die echten Kosten tragen. Und wenn man bei Ikea seine Möbel transportieren möchte, kann man sich ein Fahrzeug ausleihen. Aber bitte "Auto-Bild", natürlich mit "Gebühr"!
10. Juni - Freitag
Fahrrad-Verkehrspolitik. Ein befreundeter Oberkommissar vernahm bei einem Vortrag meine Begeisterung für das Elektro-Fahrrad (Pedelec) und schüttelte über meine Prognose, dass gerade in Städten mehr und mehr Verkehrsteilnehmer auf Fahrräder umsteigen werden, den Kopf. Er hat ohne Frage für seine Zurückhaltung einige starke Argumente. Radfahrer leben von allen Verkehrsteilnehmern am Gefährlichsten. Von den 4.000 Verkehrstoten 2010 waren 426 Radfahrer dabei, auffällig hohe Anteile über 60 Jahre alt und bis zu 14 Jahre alt. Als "Personenschaden" wurden 76.000 verunfallte Radfahrer gezählt. Es kommen die nicht gemeldeten Schäden noch hinzu. Bitte, jeder vierte Radler, der einen Unfall baut, ist betrunken oder kiffend unterwegs! Vor allem in Städten. Die Bestrafungsmöglichkeit ist bei alkoholisierten Radlern erst ab 1,6 Promille gegeben. Hauptunfallursache: Fahrradfahrer werden leicht übersehen. Die Helmpflicht für das Fahrrad wird deshalb nicht eingeführt, weil sich zu viele aus optischen Erwägungen vom Fahrrad gänzlich verabschieden würden. Das will man aber nicht. Vielfach sind den Radfahrern die Straßenregeln nicht präsent. Das fängt beim Kopfhörerverbot an und hört beim Handytelefonieren noch nicht auf. Am meisten Kohle bringt, wenn ein Radfahrer bei Rot über die Ampel fährt, nämlich 45 Euro. Und das sei keine Seltenheit, so der Kommissar. Soviel zum Rahmen.
Nachdem gut die Hälfte aller Autofahrten unter sechs Kilometer Wegstrecke ausmachen, sieht man verkehrspolitisch für das Fahrrad noch große Potenziale. Gerade in Städten. Dort fehlt aber vielfach die Infrastruktur für Radwege. Die Radwege sind in der Regel zu eng. Wer künftig mit dem Elektrofahrrad mit Tempo 25 km/h überholen will, kann das kaum, ohne den anderen zu streifen. Man wird also dem Auto ein Stück Platz wegnehmen, sprich, die Radfahrer tummeln sich wieder auf der Autostraße, zumal die Mittel für Radwege fehlen. Nicht nur die "grüne" Frau Künast hat in Berlin ein generelles Tempo "30" eingefordert und hat aufgrund der öffentlichen Reaktion ihren Schwanz gleich wieder eingezogen. Auch in München kam aktuell die Tempo 30-Diskussion auf den Tisch. Dennoch, es sind für Radwege Markierungen, zusätzliche Ampeln, Absenkungen von zu hohen Bordsteinen u.a. notwendig. Von Parkmöglichkeiten für Fahrräder ganz zu schweigen. Es ist nur gut, wenn sich jeder Automobilist vor Ort der wachsenden Zahl an Fahrrädern auch verkehrspolitisch annimmt.
Spruch der Woche:
"Wie es auch sei, das Leben, es ist gut." (J.W. v. Goethe)
Mit meinen besten Pfingstgrüßen und Wünschen – auf einen guten Geist in allen Dingen!
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
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R. Lang
Dieter M. Hölzel
Juerg Wick
Tomsclub
Aggiepack
S. Wegert