HB ohne Filter vom 22. Mai 2009
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Heute zu den Themen: Service-Stabilo, Abgewrackte Raten im Mai, IG Metall-Turbulenzen, Automobile Weichenstellungen, Lothar Pulvermüller zum 80. Geburtstag.
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18. Mai – Montag
Service-Stabilo. Heute fand im AUTOHAUS ein Service-Symposium mit diversen Branchenexperten statt. Hier die Ausführungen in Thesenform:
- Die Abwrackprämie wird von allen positiv beurteilt. Die auf diesem Weg verkauften Fahrzeuge kommen in einem Jahr zum Service (Februar – März 2010). Es besteht für die zusätzliche Werkstattauslastung ausreichend Zeit zur individuellen Anpassung.
- Die Markenhändler verlieren bei den Wartungs- und Verschleißreparaturen Marktanteile. Bei Komplexreparaturen legen sie zu.
- Das Thema "Service-Preis" ist primär eine Sache der Wahrnehmung der Kunden, nicht der Realität.
- Die Arbeitswerte sind preislich stärker als die Lebenshaltungskosten gestiegen. Ergo: Mehr Auslastung schaffen.
- Wenn 80 Prozent Auslastung bei der Werkstattkapazität als Sollgröße testiert wird, dann sollte sich dabei aber die Auslastung nicht auf immer weniger Mitarbeiter verteilen.
- Die Finanzierung von Serviceleistungen wird in den Markenbetrieben nicht angenommen.
- Die zweite Teileschiene macht nur Sinn, wenn es sich dabei nicht gleichermaßen um Originalteile handelt.
- Die Bezeichnung "Service-Verkäufer" statt "Service-Berater" sollte nicht gewählt werden, da die Bezeichnung "Verkäufer" negativ belegt ist. (Anm. Dann sollte man logischerweise die Bezeichnung "Automobil-Verkäufer" dringlich abschaffen)
- Werkstatttests machen primär Sinn, wenn die Ergebnisse nach Abschluss des Tests sofort besprochen werden. Der Kunde erwartet eine 100-Prozent-Leistung, nachdem er auch für 100 Prozent Leistung bezahlt.
- Die Ergebnisse der Werkstatttests sind für Markenhändler eindeutig besser geworden.
- Eine Testaufteilung nach Kundengruppen ist sinnvoll.
- Die Reparaturerläuterung bei der Annahme und die Rechnungserklärung der zugehörigen Arbeit haben auf die Kundenzufriedenheit einen starken Effekt.
- Was die HUK-Coburg mit der Schadensteuerung über kostenlose Leihwagen und niedrigere Stundenverrechnungssätzen praktiziert, führt dazu, dass die einzelnen Fahrzeuge in Folge nicht mehr dieselbe Qualität wie vorher haben. Der Kunde ist der Betrogene!
- Die einzelnen Marken sind dabei, Unfallspezialisten in ihrer Organisation zu generieren.
- Service und Internet bilden zusammen in der Branche eine große Baustelle.
- Eine Service-Börse haben die Handelsverbände wegen drohendem Preisverfall bislang abgelehnt.
19. Mai – Dienstag
Abgewrackte Raten im Mai. Auch im Mai dominiert im Anzeigensektor die Abwrackprämie. Da ist von Powerpreis, von Schnäppchen, vom Konjunkturpaket, von abgewrackten Raten, von Handwerkerwochen, Extra-Bonus, von Umweltprämien bis zu 8.000 Euro, von Fahrzeugen ohne Anzahlung, von Fahrzeugen für Ein- und Umsteiger, von Aktionsfinanzierung, Sparwunder u.a. die Rede. Die Mercedes-Niederlassung Berlin garantiert im Rahmen der Jubiläumsmodelle "Berlin Edition" eine Inzahlungnahme von 5.000 Euro über DAT-Wert. Es ist also alles weiterhin im grünen Bereich. Hinzu kommen Anzeigen über neue Modelle: Audi mit dem neuen A5 Cabriolet (ab 42.000 Euro), BMW mit dem neuen Z4 Roadster und dem 520d und Mercedes mit der neuen E-Classe Coupé.
20. Mai – Mittwoch
IG Metall-Turbulenzen. Nach wie vor ist der Betriebsratsvorsitzende von Opel, Klaus Franz (IGM), in der Außendarstellung die prominenteste Figur. Einer der Manager sollte es aber sein! Der Volkswagen-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh (IGM) und sein Porsche-Kollege Uwe Hück (IGM) beäugen sich, während die Konzernherren einschließlich der Eigentümerfamilien Porsche-Piëch um Macht- und Standortverschiebungen der Holding zanken. Und der MB-Betriebsratsvorsitzende von Untertürkheim und Aufsichtsratsmitglied, Helmut Lense (IGM), fordert einerseits die Abschaffung des Formel-I-Engagements von Daimler und zum anderen hat er aufgrund der negativen Geschäftsergebnisse der MB-Niederlassungen zugestimmt, dass die Vergütungsstrukturen in den Niederlassungen vom bisherigen Tarifentgelt der Metall- und Elektroindustrie auf die regionalen Handwerktarife umgestellt werden. Das soll ab 2010 so sein.
Umgekehrt will nun die IG Metall in den Handwerk-Tarifbezirken bestrebt sein, diesen "Tarif-Absturz" für die Daimler-Beschäftigten durch entsprechende Tarifabschlüsse im Handwerk abzupuffern. Dazu sollen sich einflussreiche Daimler-Persönlichkeiten in der Tarifkommission auf Arbeitgeberseite profilieren. Ich bleibe bei meiner Forderung der Kfz-Innungsmitgliedschaft ohne Tarif! Wer in eine Tarifgemeinschaft Mitglied werden möchte, solle dies tun. Das kann und darf aber keine Muss-Veranstaltung sein. Es ist aber ein Hammer – wie das in der oben dargestellten Daimler-Angelegenheit der Fall ist –, dass jetzt die IG Metall eine unmittelbare Einflussmöglichkeit der Automobilhersteller auf die Arbeitgeberverhandlungskommission einfordert. Was in den IG Metall-Köpfen an Wahnsinn vorgestellt wird, verblüfft einen immer wieder.
21. Mai – Donnerstag
Automobile Weichenstellungen. Sie gestatten einige zentrale Fragestellungen:
- Wachstum in gesättigten Märkten – wie gelingt das?
- Weshalb verkauft ein Händler auf einer Regionalmesse 25 Fahrzeuge und der andere Volumenhändler am Stand gegenüber 150?
- Wie sollen Verkäufer bei einem Nettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.000 Euro die Produzenten mit der größten Kundenzufriedenheit sein?
- Wie baut sich ein Verkäufer ein intelligentes Netzwerk auf?
- Mit welchen Zulassungszahlen ist 2010 nach Meinung der Experten nach dem Wegfall der Abwrackprämie zu rechnen?
- Wie gewinnt man über Internet systematisch neue Kunden?
- Weshalb sollten die Kfz-Betriebe in Sachen Kooperationen mehr Engagement zeigen?
- Wie sieht heute ein ertragreicher GW-Handel im Internet aus?
- Weshalb ist Internet heute nicht mehr nur Informations- sondern ein eigenständiger Verkäufer?
- Darauf gibt es viele konkrete Antworten. Wo und wann?
Ich werde dazu am 18. Juni 2009 in Hannover die Moderation des 8. AUTOHAUS-Strategietages übernehmen. So es bis dahin neue GVO-Erkenntnisse aus Brüssel gibt, werden wir diese inhaltlich noch einbauen. Weitere Details dazu finden sie unter www.autohaus.de/akademie
22. Mai – Freitag
Lothar Pulvermüller zum 80. Geburtstag. Morgen feiert der langjährige Vorstandsvorsitzende der Schwabengarage Stuttgart AG (1985 – 1995), Lothar Pulvermüller, seinen 80. Geburtstag. 44 Jahre hatte Pulvermüller, geborener Stuttgarter und damit Hauptstadtschwabe, der "Schwabengarage", der ältesten Aktiengesellschaft im Kfz-Gewerbe, gedient. Als er 1995 den Vorstandsvorsitz ablegte und in den Aufsichtsrat wechselte, erwirtschaftete die Schwabengarage 800 Millionen Euro Umsatz. Und das mit 1.942 Mitarbeitern.
Ich kenne keinen Vorstandsvorsitzenden, der das Markenzeichen "Ford" so überzeugend verkörperte und glaubwürdig darstellte wie Pulvermüller. Und ich bin ganz sicher, dass dieser Mann in seiner aktiven Zeit nie einen Händlervertrag gelesen hat. Gelebte Marke und Händlervertrag schlossen sich für ihn mental aus. Nach der Grenzöffnung stellte er als "späte Rache" den Dresdnern die Sachsengarage hin, nachdem diese 1923 die Schwabengarage gründeten. Bereits 1968 setzte er mit der LHS (Leasing- und Handelsgesellschaft) sichtbare Finanzierungszeichen. Über weitere (Import-)Engagements wurde zu seiner Zeit nach außen in schwäbischer Bescheidenheit geschwiegen.
Nachdem sein Vater Geschäftsführer bei Auto Staiger (Opel) war und als Prokurist im Betrieb wohnte, wuchs der kleine Lothar quasi im Büro von Konsul Staiger auf. Aber Albert Kübler, der frühere Vorstandschef der Schwabengarage, holte ihn als Assistent zu sich. Und sie gingen das nachhaltig an, was man bis heute die "Schwabengarägler", eine Familie nennt. Der Jubilar saß auch über Jahre im Vorstand der Ford-Händlervereinigung und im Vorstand des Landesverbandes Baden-Württemberg. Hätte man ihn dort in das Präsidentenamt gehoben, wäre manche Weiche einsichtiger und wirtschaftlicher gelegt worden, zumal er Landesverbände für überflüssig hält. Pulvermüller hat einen einmaligen Blick für Realitäten und für das Wesentliche. Man muss ihn erleben um zu erfahren, wie elegant es ihm gelingt, Wasser in den Wein der Illusionen zu gießen. Er war 44 Jahre bei der Schwabengarage und das Jahr für Jahr mit schwarzen Zahlen. Mit berechtigtem Stolz sagt er im Rückblick: "Ich habe noch die gleiche Fläche Verwaltung wie vor 30 Jahren, nicht einen Quadratmeter mehr. Da muss man sich halt bescheiden." Pulvermüller verkörpert bis heute, gleich wo man ihm begegnet, die leibhaftigste Tugend der Schwaben: Lebensfreude. Der steckt so voller Kraft, voller Optimismus, es ist einfach eine Freude, mit ihm zusammen zu sein. Alles, was er tut, ist ihm Herzenssache.
Sein Lieblingskomponist ist Johann Sebastian Bach. Sein Lieblingsinstrument die Orgel. Möge ihn zu seinem Ehrentag ein mächtiges Bach-Präludium mit Fuge (BWV 548) gewidmet sein. Nachdem ihm – man staune – gut gemachte saure Kutteln am besten schmecken, sei ihm eine doppelte Portion davon gewidmet. Es gibt in der Nachkriegszeit für mich einige Persönlichkeiten, die automobile Handelsgeschichte schrieben, Fritz Haberl, Hans Ravenborg, Albert Still und unser größter Handelsschwabe aus Stuttgart: Lothar Pulvermüller! AUTOHAUS hat ihm vielfach zu danken. Er hat uns wichtige Brücken gebaut. Die besten Wünsche für den Jubilar nach Gaienhofen am Bodensee. Dorthin hat sich auch einmal ein anderer berühmter Schwabe niedergelassen: Hermann Hesse, geboren in Calw. Ganz herzliche Gratulation!
Spruch der Woche:
"Wir bilanzieren schön konservativ. Hätten das andere auch so betrieben, müsste beispielsweise der Staat nicht mit 35 Milliarden Euro bei der Hypo Real Estate zur Seite springen." (Wendelin Wiedeking)
Mit meinen besten Grüßen
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Erwin Wagner