HB ohne Filter vom 23. Oktober 2009
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Datum:
23.10.2009Heute zu den Themen: GW-Kündigung von Volkswagen Servicepartnern, Insolvenzwelle, Fahrzeuggarantievergütung, Werkstatttests und Navi-Kuriositäten.
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19. Oktober – Montag
GW-Kündigung von Volkswagen Servicepartnern. Da äußert sich der Deutschland-Chef von Volkswagen, Werner Eichhorn, im aktuellen AUTOHAUS 19 zur Netzoptimierung ohne Brechstange. Das Händlernetz wird reduziert. Aber wie? Die Servicepartner – sie sind ja keine Händler –, werden einfach verschwiegen. Zeitgleich geht aber an alle "Volkswagen Servicepartnern mit Gebrauchtwagen" ein einseitiges Kündigungsschreiben zum 31. Dezember 2009, in dem die Belieferung der Betriebe zum Jahresende eingestellt wird. Da heißt es dann lapidar: "Es steht Ihnen danach selbstverständlich frei, Ihren etwaigen Bedarf an Gebrauchtwagen über autorisierte Volkswagen Händler zu beziehen." Das ist aus der Sicht des Herrn Eichhorn offensichtlich keine Brechstange. Der betreffende gekündigte Service-Partner heißt "Sehr geehrte Damen und Herren". Ein Wort des Dankes für das Zusammenwirken ist nirgends zu lesen. Da hat es Betriebe dabei, die pro Jahr über200 Einheiten vermarkteten. Einmal mehr wird der Nummerncharakter mit reiner Zweckerfüllung sichtbar. Immerhin ist eine Adresse eingetragen, die über Einschreiben mit Rückschein zusätzlich abgesichert ist.
Da findet man über diesen Weg für die Händler ein Alibi, um deren Ertrag im Verkauf zu verbessern. Wer zurückblickt, weiß, dass selbiges Konzept vor zwölf Jahren schon einmal exklusiv für die Händler gefahren wurde. Hat sich in Folge deswegen deren Ertragslage verbessert? Keinen Deut! Deswegen hat man die Verkaufsvariante für die Servicepartner ja wieder eingeführt. Und für sie liegt in dieser Verkaufsvariante das Futter für die künftige Serviceauslastung. Und darin liegt des Pudels Kern. Man möchte die "Kleinen" über den Service subtil austrocknen. Nun weiß man, dass die pfiffigen Servicebetriebe nicht nur Gebrauchtwagen, sondern auch Neuwagen über diverse Quellen sich zu besorgen wissen. Bitte, auch Neu- oder Jungwagen anderer Marken. Sie werden sich im Verkauf frei aufstellen. Mit Konkurrenz für die "eigene Partei". Anstatt ein Konzept zu erarbeiten, wie man sie systematischer ins Vermittlungsgeschäft für die Händler einbeziehen würde. Es ist ja nicht selbstredend, dass die verbleibenden Händler künftig diese besagten Gebrauchtwagen auf dem Lande mehr verkaufen werden. Eben nicht! Hoffentlich bleiben die Volkswagen-Akteure hinsichtlich der Gebrauchtwagenlieferungen an freie Autohändler sauber. Das Beispiel zeigt noch etwas anderes: Dass ein Händlerverband eben nicht alle Interessen unter einem Dach abdecken kann und wird.
20. Oktober – Dienstag
Insolvenzwelle. Es ist erfreulich, dass diverse Hersteller in Sachen Restwerte aus Leasingverträgen für zukünftig anstehende neue Geschäfte angemessenere Regelungen gefunden haben. Nach und nach kommen aber die Geschäfte aus der Vergangenheit auf die Höfe der MB-, BMW-, Audi- und VW-Händler. Es gab in diesem Jahr schon einige Insolvenzen, in denen Händler primär wegen dieser Restwertverluste scheiterten.
Das geht ganz markant weiter: Einige BMW-Händler klagen jetzt gegen die Dekra. Warum nicht auch gegen den Hersteller? Inzwischen ist es ein offenes Geheimnis, dass hier gerade auf einige große VW-Händler furchterregende Verluste zurollen. Die MAHAG macht dabei den Anfang. Der VW-Händlerverband operiert mit einem Gutachten, das dem Hersteller bzw. der VW Leasing vorgelegt wurde. Man nehme zur Kenntnis, dass keiner der betroffenen Betriebe das finanzielle Rückgrat hat, gegen Volkswagen zu klagen. Es sind vorwiegend Großbetriebe, die sich aktiv im Leasinggeschäft engagierten. Sie sind in Wahrheit auf massives Wohlverhalten des Herstellers angewiesen. Nachdem d Volkswagen nicht jeden Betrieb zum Retailbetrieb machen wird, werden hier individuelle Sanierungskonzepte geschmiedet, um die Händler weiter sehr eng an die eigene Vorstellungswelt zu binden. Und das über Jahre. Es brodelt! Noch unter der Decke.
Ein anderer Insolvenzfall. Dort gründeten die verbleibenden Mitarbeiter eine eigene Gesellschaft und exerzierten einen "Management Buy-out". Was die Hersteller, in diesem Fall der Importeur, als erstes macht, ist dennoch die angestammte Händlernummer zu löschen. Das heißt, der betroffene Betrieb wird unmittelbar vom Netz genommen. Jegliche Verbindung zum Importeur auf dem IT-Weg ist abgeschnitten. Die Teileversorgung abgebrochen. Man glaubt nicht, welche Anforderungen hier seitens des Importeurs an die Nachfolger gestellt werden und was die zukünftigen Risikoträger über sich ergehen lassen müssen. Dazu gehört beispielsweise ein externes Audit zur Überprüfung von Spezialwerkzeug. Kosten: 1.500 Euro. Als könnte das nicht der technische Außendienstler des Importeurs für den "neuen Betrieb" kostenfrei selbst durchführen. Nein, man baut systematisch neue Hürden auf und verschanzt sich hinter dem angeblichen Gleichheitsgrundsatz, der für alle Betriebe gilt, die einen Service-Vertrag beantragen. Und das bei einer Marke, die unter ein Prozent Marktanteil hält und froh sein muss, dass die Marke in der Diaspora überhaupt noch einer vertritt.
Schraubt die Tafel runter und betätigt Euch als "Freie", kann da nur die Empfehlung heißen. Es war schon immer so, dass die Bewohner von Elfenbeintürmen nicht zuhören. Vielleicht werden sie wach, wenn sie dann in Kürze in chinesischer Hand oder selber pleite sind. Wenn ich die Schriftsätze dazu lese, kann ich nur sagen: Das ist Menschenverachtung pur! Das ist für 2009 eine ganz schlimme Erkenntnis, dass zahlreiche Betriebe in die Insolvenz gingen, die daran nicht einmal primär schuldig sind!
21. Oktober – Mittwoch
Fahrzeuggarantievergütung. Die Lage in Berlin hinsichtlich der Koalitionsverhandlungen gleicht der Situation in unserem Gewerbe. Man arbeitet am "Weiter so". Das hat aber keine Perspektive. Dafür wurde dem bürgerlichen Lager keine Mehrheit anvertraut. Man stelle sich vor: Da toleriert Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck die Top-Linke Kerstin Kaiser als linke Fraktionschefin. Jeder weiß, dass Kerstin Kaiser eine üble Stasi-Akte hat und jetzt in der ersten Reihe sitzt. Spätestens da gerät der monatliche Solidaritätsbeitrag gen Osten für einen Schwaben zu Heroismus. Die mögen sich – wie der ehemalige Stasi-privilegierte Anwalt Gregor Gysi –in die letzte Reihe sitzen und artig zurückhalten. In Spitzenpositionen haben diese langgedienten Stasi-Agitatoren nichts zu suchen. Wen muss man da zum Idiotentest schicken? Es musste selbst dies an dieser Stelle mal gesagt werden.
Zurück zum "Weiter so": Es geht eben nicht mehr einfach so. Da muss an vielen Rädern gedreht, sprich umgedacht werden. Ein praktisches Beispiel ist das Thema Garantievergütung für Neufahrzeuge. Die Neuwagengaratieaufwendung liegt bei der Kleinwagenklasse pro Jahr bei 250 Euro. Das weiß der Hersteller. Weshalb gibt er das gesamte Garantiewesen nicht an die Garantieversicherer ab? Die haben viel mehr Ahnung in der professionellen Abwicklung und erledigen die gesamte Malaise zum halben Preis.
Oder ein zweites Modell: Wenn ein Händler beispielsweise 100 neue Polos verkauft, bekommt er 100 mal 250 Euro Garantieaufwand pro Einheit – sprich 25.000 Euro pro Jahr – für diese Fahrzeuge Garantievergütung überwiesen und übernimmt die Neuwagengarantie dafür selbst. Dazu hat der jeweilige Händler Garantierückversicherungssysteme abzuschließen und entsprechende Rückstellungen zu bilden. Man muss sich vorstellen, dass damit die gesamte Garantiearmada eines Herstellers entfallen würde. Jegliche Garantierevision wäre überflüssig. Aber nein, sie halten daran fest, weil man über diese Schiene "Daumenschrauben" anlegen kann. Wer dreht diesen Unsinn endlich um?
Die Ford-Händler haben beispielsweise im Partnerverband einen eigenen Kfz-Meister angestellt, der den Mitgliedern in Sachen Garantieanträge Hilfestellung gibt. Pervers! Wöchentlich werden bei Ford an den Garantiebestimmungen bewusst Änderungen herbeigeführt, um die Händler im Antragswesen madig zu machen. Damit werden so und so viele Anträge schon gleich gar nicht mehr gestellt. Sprich, die Kundenzufriedenheit wird über die Subvention der sonstigen Kundenaufträge hergestellt. Jeder weiß, dass der Aufwand für die Garantieantragstellung höher ist als ein normaler Kunden- oder interner Auftrag. Warum fällt aber die Vergütung dazu niedriger aus. Das Garantie- und Kulanzverhalten der Hersteller und Importeure ist ein weiterer Beweis dafür, wie geistig daneben die Kundenzufriedenheit als Margenbestandteil ist. Wie oft gleichen die Händler vor Ort den individuellen Fall beim Kunden aus. Ich denke nur an die Rostthematik bei Mercedes-Benz.
22. Oktober – Donnerstag
Werkstatttests. Dieser Tage schilderte mir ein Audi-Händler die speziellen Audi-Werkstatttests. Dort sind maximal 105 Punkte zu erreichen. Allein diese Testmenge ist schon irritierend. Mit der Testdurchführung beschäftigen sie bei Audi jetzt schon Promovierte, die geistig im n-dimensionalen Raum beheimatet sind, aber noch nie in einer Werkstatt praktisch gearbeitet haben. Der Händler bezahlt dann für diese "Akademischen Werkstatttests" gut 1.000 Euro, zuzüglich die umsonst erbrachte Inspektionsleistung von nochmals 400 Euro, plus den Werkstattersatzwagen. Für was eigentlich?
Da hat sich inzwischen in der gesamten Branche ein QM-Systemmoloch gebildet, der ein Eigendasein führt und nur noch testet um des vorgegebenen Tests Willen. Die Quintessenz der völlig überzogenen Vorgehensweisen sind markenenttäuschte und unmotivierte Mechaniker. Worum geht es bei QM? Man möchte über sinnvolle Standards Qualität produzieren. Sie soll dem Kunden zugute kommen und Prozesse effizient gestalten. Und jetzt unterliegen da oben einige immer noch dem Trugschluss, dass der Kunde aufgrund guter Testergebnisse sich loyaler verhalten werde. Wenn der Kunde morgen seine Leistung bei einer anderen Werkstatt als bei Audi günstiger bekommt, ist er heute in der Regel weg. Den interessieren diese Werkstatttests einen feuchten Keks. Komisch, die einschlägigen Testmagazine prüfen so gut wie nur Markenbetriebe. Die Freien Werkstätten, die das Thema gar nicht kennen, sparen sich diese verrückten Werkstester, diesen Unsinnsaufwand und haben dennoch die zufriedeneren Kunden. Wann wird diese Falschdenke endlich aufgelöst und auf ein schlichtes und wirkungsvolles Normalmaß reduziert. Die akademischen Daumenschrauberprüflinge von Audi lasse man besser zu Hause.
Zwangsläufig erziehen die Händler und deren Mitarbeiter ihre Kunden in der sprachlichen Wahrnehmung, was im Falle der Herstellerbefragung der Unterschied ist zwischen äußerst zufrieden, sehr gut zufrieden oder gar begeistert. Die nächste Stufe ist dann das Kundenzufriedenheits-Nirwana "beglückt"! Als gäbe deren Vorbild Anlass an das Paradies zu glauben! Die Händlerzufriedenheitsbefragungen im Markenmonitor zeigen da gänzlich andere Realitäten. Fazit: Es fehlt die Bodenhaftung, der Sinn für gesunde Realitäten.
23. Oktober – Freitag
Navi-Kuriositäten. Wenn es nicht zu tragisch wäre, könnte man darüber schmunzeln. Da ist ein Jugendlicher in der Nähe von Oldenburg mit dem Traktor unterwegs. Um klaren Kurs zu behalten, sichert der 16-Jährige die Strecke mit dem Navigationssystem ab. Prompt führt ihn das auf die schnellste Strecke, über die Autobahn. Ein aufsehenerregender Vorgang, der zwangsläufig Stau produzierte und die Polizei auf den Plan rief. Mit Geleitschutz fand der Jungbauer dann wieder auf die Landstraße zurück. Auch dieses Beispiel zeigt, trotz Navi, die "Birne" muss dennoch dabei sein!
Spruch der Woche:
"Wir können uns nicht aus der Krise 'heraussparen', wir müssen 'herauswachsen'".
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Automobilist
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Konstantin
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