HB ohne Filter vom 4. Juli 2008
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Heute mit den Themen: 7. AUTOHAUS Strategietag "Zukunft Automobilhandel", Christian Klinger – Pkw-Vertriebsvorstand bei VW, Weichenstellungen pro Rendite und Wandlungen
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30. Juni – Montag
7. AUTOHAUS Strategietag "Zukunft Automobilhandel". Am 25. Juni 2008 fand zum siebten Mal in Hannover ein AUTOHAUS Strategietag statt. Inhaltlich reichte der Spannbogen vom globalen automobilen Marktgeschehen über die GW-Thematik und die innere Prozesskultur im Autohaus bis hin zum neuen Geschäftsmodell zwischen Hersteller und Handel. Kruzum: Wie gelingt ein spürbarer Renditesprung für den Handel. Walter Missing vom Beratungsunternahmen Fahr-Herrmann-Missing aus Potsdam setzte dazu den fachlichen Höhepunkt. Wilfried Wilhelm Anclam, Deutschlands größter und erfolgsreichster freier Automobilhändler trat zum ersten Mal öffentlich auf. Eine Sensation!
Lesen Sie HIER die Highlights sämtlicher Experten in Kurzform.
1. Juli – Dienstag
Christian Klinger – Pkw-Vertriebsvorstand bei VW. Die Würfel sind gefallen! Ein weiterer Statthalter aus dem Piëch-Imperium wechselt von der Porsche Holding GmbH Salzburg nach Wolfsburg. Christian Klinger (39) wird neuer Pkw-Vertriebsvorstand. Er wird Michael Kern beerben, der heute – mit Willen von Volkswagen (?) – Vorstandsvorsitzender von A.T.U. ist. Wer die Vita von Klingler liest, muss ihn mit Vorschußlorbeeren betrauen. Die Handelsgesellschaften der Familien Porsche-Piëch sind aus gutem Grunde Europas größte Handelsgesellschaft. Wer aus diesem "Stall" kommt, weiß, worum es geht!
Georg Flandorfer hat auf vergleichbarem Stuhle bereits eine gute Performance abgeliefert. Warum? Die Herren aus Salzburg kennen sowohl die Handels- als auch die Werksseite. In Salzburg hat das Management mehrfach professionelle Klasse bewiesen. Wir wünschen dem neuen Manager beim Europa-Marktführer eine glückliche Hand! Klingler wird für die gesamte Branche markante Zeichen setzen müssen.
2. Juli – Mittwoch
Weichenstellungen pro Rendite. Im Journalismus streitet man immer wieder darum, was Bring-, was Holschulden ist. Einschlägige Kräfte melden sich – wie komisch – immer erst dann, wenn man deren fragwürdiges Wirken hinterfragt. Man gibt sich entsetzt. Wie können Sie das schreiben? Das stimmt doch nicht. Von sich aus versprühen die einschlägigen Presseabteilungen wenig Vorhersehung. Bringschulden kennen sie nicht.
Da schreibe ich mit Zurückhaltung an einem Beispiel über die Audi-Niederlassung Charlottenburg und deren Verluste. Ich muss nachlegen. Die Gesamtverluste der Audi-Niederlassungen in 2007 liegen bei über 30 Millionen Euro. Da sind diverse Zusatzleistungen der Audi AG und der diversen Regionalbüros noch nicht einmal enthalten. Man denke an Sonderkonditionen und die kostenfreie Bereitstellung von Werks- und Dienstwagen. Ob Audi sich dafür öffnen würde, die Dimensionen gerade am Standort Hannover offen zu legen? Man denke an die Sonderkontingente von "knappen Fahrzeugen" oder die Übernahme von Marketingkosten durch die AG und die Regionalbüros. Zählen wir noch die "Overhead-Kosten" der Audi Retail GmbH in Ingolstadt mit ca. vier Millionen Euro hinzu. Und das sollen dann faire Wettbewerbsbedingungen sein?
Gleiche Gedanken darf man auch Richtung Daimler-Organisation fortführen. Wenn 15.000 Mitarbeiter der Niederlassungen in 2007 ihre Werksprämie von 3.000 Euro erhalten, dann sprechen wir von 45 Millionen Euro Gesamtausschüttung. Dieses Geld ist vorhanden! Zählen wir noch all die Minusbeträge aus den Niederlassungen – Insider sprechen von deutlich über 100 Millionen Euro – hinzu, dann wir das Ungleichgewicht zwischen den Niederlassungen und den "privatwirtschaftlich organisierten Vertretern" deutlich. Daimler erwirtschaftet zehn Prozent Rendite. Man hat in den Vorstandsetagen nur den Börsenkurs im Kopf. Unterstützungszahlungen an den Handel sind für den Börsenkurs von Übel. Für das eigene Haus wird aber auf Teufel komm raus subventioniert. Da wird mit gezinkten Karten gespielt!
4. Juli – Freitag
Wandlungen. Hätte mir einer prognostiziert, dass wir in AUTOHAUS jemals eine Todesanzeige eines Händlers publizieren müssten, die einen betroffen macht, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Gleich den Kundenzufriedenheitsbefragungen, die über alles gestellt werden, obwohl sie ausschließlich die subjektive Realität des Kunden darstellen und nicht einmal objektiv zutreffend sein müssen, haben wir diese Anzeige in Ausgabe 12 abgebildet. Ich möchte sie wissen lassen, dass wir hierzu zahlreiche Zuschriften erhielten. Sie spiegelten Eines ganz deutlich wieder: Es gibt noch viele, viele Unternehmer, für die die menschlichen Aspekte ihres wirtschaftlichen Tuns eine ganz besondere Bedeutung haben. Dafür möchte ich mich von Herzen bedanken.
In einer Zuschrift steht zu lesen: "Es ist ein Zeichen ganz besonderer Borniertheit, wenn BMW erklärt, der Händler benötige keine Handelsmarge als vertragliche Gegenleistung für seine Verpflichtungen aus dem Vertrag; allein die Nutzung des Markennamens BMW sei schon Gegenleistung genug. Wann werden die BMW-Händler endlich wach? Es gibt leider einen BMW-Bazillus: Immer dann, wenn BMW-Mitarbeiter bei anderen Herstellern tätig werden, setzt die gleiche Borniertheit, Ignoranz und Menschenverachtung ein."
Freud und Leid, sind des Lebens Wirklichkeit. Immer wieder reduziert einen das Lebensrad verdichtet zur Erkenntnis, dass das Schicksal einen zum Ertragen und Entsagen anhält. Neulich las ich im Schwarzwald an einem alten Sägewerk eingeritzt in einen überdimensionierten Holz-Hobel den Spruch: "Das Schicksal setzt den Hobel an und hobelt jeden gleich." Ich hadere mit diesem Spruch, da in der Tat mancher wirklich von einem brutalen Schicksalsschlag getroffen wird, sprich das Schicksal unterschiedliche Härtegrade verteilt. So bei Karl Heinz Pfister, MB-Partner im fränkischen Gerolzhofen. Zum 1. Juli schreibt er an seine Kunden: "Wie sicherlich viele von Ihnen bereits wissen, muss ich mich leider aus gesundheitlichen Gründen von meinem Unternehmen trennen." Von heute auf morgen kündigte sich für ihn eine gesundheitliche Zäsur an, die für ihn alles auf den Kopf stellte und ganz andere Prioritäten setzte.
Da ist einer mit Leib und Seele Unternehmer. Die Verantwortung für das Ganze zwingt ihn nun, eine unmittelbare Lösung, eine Los-Lösung von seinem Lebenswerk zu finden. Und das im Bewusstsein, jeder Tag kann der letzte sein. Ich habe immer wieder Automobilunternehmer kennen lernen dürfen, die im "Wie" der Schicksalsmeisterung einmal mehr geniale Größe zeigen. Auch diese Menschen sind mir große Vorbilder, wie sie im mentalen Auf und Ab ihren "Mann" stehen. Karl-Heinz Pfister war nicht nur über Jahre hinweg gewichtiger Impulsgeber im MB-Vertragswerkstättenausschuss. Er hat auch in seinem Unternehmen als ehemaliger BFC-Absolvent zu Calw stets innovative Zäsuren gesetzt. Er hatte schon mit seinem GW-Park – wirklich Park – vor Jahren besondere Zeichen gesetzt. Wir haben das in AUTOHAUS damals vorgestellt. Ja, er hatte immer ein paar Hirnwendungen mehr, um das automobile Handelsgeschäft professionell nach vorne zu bringen. Als wir damals mit der BFC zur Studienreise ins Bocksbeutelland aufbrachen, hat er uns in Handthal unvergessliche "Bocksbeutelimpressionen" geschenkt, Prichsenstadt, die Wirkungsstätte des heutigen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos gezeigt. Ein Schulkamerad von ihm. Er hat uns beispielhaft erleben lassen, wie man die Marke Daimler regional lebt. Wir wünschen diesem fränkischen Original weiterhin viel Kraft in seinen Grenzerfahrungen. Noch mehr, wenn einer es schafft, dem gesundheitlichen Schicksal zu trotzen, dann der wunderbare Unternehmer und Mensch Karl-Heinz Pfister. Er gehört für mich zu jenen Automobilhändlern, die sich wirklich um die Branche im hohen Sinne verdient gemacht haben. Unsere besten Wünsche begleiten ihn!
Spruch der Woche:
"Man kann gute Augen haben und doch nichts sehen." (Sprichwort aus Italien)
Mit meinen Besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS