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Abgas-Skandal: Bußgeld "natürlich schmerzhaft" für VW

14.06.2018 16:30 Uhr
Abgas-Skandal: Bußgeld "natürlich schmerzhaft" für VW
VW bekommt im Abgas-Skandal die nächste Rechnung, diesmal von der deutschen Justiz.
© Foto: Patrick Pleul/dpa

Laut Staatsanwaltschaft ist die VW-Milliarde das höchste Bußgeld, das jemals gegen ein Unternehmen in Deutschland verhängt worden ist. In Niedersachsen weckt der unverhoffte Geldsegen schon erste Begehrlichkeiten.

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Das Bußgeld von einer Milliarde in der Dieselaffäre bewertet die Staatsanwaltschaft Braunschweig als schmerzhaft für Volkswagen. "Tausend Millionen Euro für eine Ordnungswidrigkeit ist schon eine Ansage, und ich gehe davon aus, dass das natürlich schmerzhaft ist", sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe am Donnerstag. "Wenn wir das Gefühl gehabt hätten, das führt zum allgemeinen Lacher und einer Überweisung aus der Portokasse, hätten wir einen anderen Betrag ermittelt", fügte er hinzu.

Das Bußgeld war am Mittwoch verhängt worden, weil die Ankläger "Aufsichtspflichtverletzungen" im Konzern belegt sehen. Der Betrag setzt sich aus dem gesetzlichen Höchstbetrag von fünf Millionen Euro sowie einer Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile in Höhe von 995 Millionen Euro zusammen.

Mit dem Ergebnis nach mehr als zwei Jahren Ermittlung zeigte sich Ziehe zufrieden. Seines Wissens nach handele es sich um das höchste Bußgeld, das jemals gegen ein Unternehmen in der Geschichte der Bundesrepublik verhängt worden ist. Das Geld muss laut Staatsanwaltschaft innerhalb von sechs Wochen an das Land Niedersachsen gezahlt werden. VW hatte angekündigt auf Rechtsmittel zu verzichten.

In dem Bundesland weckte die Nachricht des unverhofften Geldsegens erste Begehrlichkeiten. Der Vorsitzende des niedersächsischen Richterbunds (NRB), Frank Bornemann, betonte: "Die Justiz finanziert damit ihren Stellenmehrbedarf faktisch selbst." Das Geld fließe immerhin dem allgemeinen Haushalt zu. Bornemann: "Es gibt daher kein Argument mehr, warum die Justiz hinsichtlich der dringend erforderlichen Stellen weiter kurz gehalten wird." Die im Koalitionsvertrag zugesagten 250 Stellen für Staatsanwälte und Richter kosteten inklusive Nebenkosten 25 Millionen Euro jährlich. Mit der Milliarde könnten diese Stellen somit für 40 Jahre finanziert werden.

Teilweise Unterstützung erhielt Bornemann vom niedersächsischen FDP-Chef Stefan Birkner. Indes setzte er zunächst andere Prioritäten: "Den unverhofften Geldsegen muss die Landesregierung zwingend in den Schuldenabbau investieren", forderte er. "«Das entlastet nicht nur nachfolgende Generationen, die eingesparten Zinsen stehen dem Landeshaushalt langfristig zur Verfügung." Damit ließe sich auch die Justiz stärken.

Schuldenabbau oder mehr Radwege?

Dagegen fordert der Steuerzahlerbund, dass der gesamte Betrag in den Abbau des Schuldenbergs von 61,4 Milliarden Euro geht. "Das Geld darf nicht zur Manövriermasse der Politik bei der Verteilung von Wohltaten werden; die Minderung der Haushaltsrisiken durch den hohen Schuldenberg muss vielmehr oberste Priorität haben", forderte Bernhard Zentgraf vom Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen.

Die Verwendung der gegen VW verhängten Milliarden-Geldbuße beflügelt auch die Fantasie der Grünen. "Bei uns gibt es darüber gerade eine muntere Debatte", sagte der Landtagsabgeordnete Stefan Wenzel. Mit Blick auf die Dieselaffäre meinte er: "Es wäre fatal wenn der Eindruck entsteht, VW könnte sich hier freikaufen." Grünen-Fraktionschefin Anja Piel kritisierte: "Bußgeldbescheid – das klingt wie falsch geparkt, einmal zur Kasse bitte, Strafzettel bezahlt, alles erledigt." Dabei hätten die Autobauer durch den Betrug einen hohen Schaden für Umwelt, Gesundheit und die gesamte Volkswirtschaft verursacht. Piel forderte massive Investitionen in die Mobilitätswende, darunter den Ausbau des Radwegenetzes oder eines effizienten Nahverkehrssystems.

Die Staatskanzlei in Hannover betonte in einer Erklärung: "Zur Verwendung der Mittel wird die Landesregierung im zeitlichen Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen einen Vorschlag unterbreiten." Die Milliarde fällt nach Angaben des Finanzministeriums nicht in den Bereich der Steuern oder steuerähnlichen Abgaben, die für den Länderfinanzausgleich berücksichtigt werden müssen. Im laufenden Haushaltsplan 2018 hatte das Ministerium nach eigenen Angaben bisher Einnahmen in Höhe von 350 Millionen Euro durch Gerichtskosten, Geldstrafen und ähnliche Zahlungen bei den Oberlandesgerichten angesetzt.

Niedersachsens Haushaltüberschuss aus dem Vorjahr liegt bei 1,2 Milliarden Euro. Landesfinanzminister Reinhold Hilbers (CDU) will 100 Millionen zur Schuldentilgung verwenden und steigt so erstmals seit 50 Jahren in den Abbau der Schulden von 61,45 Milliarden Euro ein. Für 2018 rechnete er dank der guten Konjunktur bisher mit rund 27,6 Milliarden Euro Einnahmen sowie einem Steuerplus von 258 Millionen Euro. (dpa)

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KOMMENTARE


Emma

14.06.2018 - 18:13 Uhr

Gerecht wäre, die Kohle unter den Autohändlern aller Marken aufzuteilen... Wir sind die Leidtragenden VW-Opfer...


B. Buchner

14.06.2018 - 23:02 Uhr

Niedersachsen ist doch Anteilseigner. Das Bußgeld vermindert den Gewinn, und deswegen potentiell auch die Dividende. Netto wird das wohl keine Milliarde für die Staatskasse sein.


Frank Fu

15.06.2018 - 07:22 Uhr

Lächerlich diese Strafe. Nicht mal 100,00€ pro verkauftes Auto des Betrugskonzern. Wieviel mussten sie den in den USA zahlen? Da ist das hier ein "Fliegenschiss". Einige Konzerne haben einen kompletten Industriezweig in verrucht gebracht und viele Autohäuser an den Rand ihrer Existenz. Das sehen die anders, die feiern sich jetzt bestimmt in den Konzernzentralen und lachen sich über den deutschen Michel tot. Machen schon wieder Milliarden Gewinne, damit sie die Anleger bedienen können, sonst würden die auch noch klagen.


ABC

15.06.2018 - 09:20 Uhr

Lachhaft....VW holt sich die Kohle mit Zinsezins bei seinen Kunden, seinen Händlern zurück. Bluten müssen wieder die, die diese Sache nicht zu verantworten haben. Da rede ich nicht nur von Geld, Imageverlust, Vertrauensverlaust, Einkommensverlust etc.


Bernd

15.06.2018 - 09:55 Uhr

Das Geld wird sicherlich schon seit bekannt werden der "Affäre" bereit gehalten. Und wie schon kommentiert. Es schmällert den Gewinn, bzw. Bilanzzahlen und wird sich also auch in gewisser weise positiv aus.


Verkäufer

15.06.2018 - 13:50 Uhr

@Emma...warum sind wir nur VW Opfer??? VW war leider der erste, den man erwischt hat. Alle Marken sollten in einen großen Topf einzahlen und damit wäre eine gewisse Wiedergutmachung erledigt. Das Geld könnte für die Hardwarenachrüstung genommen werden und somit ist den EURO5 Fahrern auch gutes getan. Am besten sollten wir Verkäufer an den jährlichen Bonuszahlungen beteiligt werden!!! Wir sorgen für volle Auftragsbücher, während die Mitarbeiter im Werk diese abarbeiten. Wunschdenken aus :-( Schönes Wochenende...


Aschmu

18.06.2018 - 12:55 Uhr

@ Verkäufer: Sie sollten es wissen - es gibt weder in der BRD, noch in Europa, noch in den USA oder irgendwo sonst auf der Welt einen Beweis dafür, dass neben VW mit seinen Marken noch irgend jemand anders Defeat Device eingebaut hat. Klar, viele sind auffällig - aber das ist NEFZ - Basisauto ohne metallic lack. mit 6 bar Luftdruck und 5-gang mit 32 km/h auf der Rolle, dazu abgeklebte Spaltmaße und 5 ltr. Kraftstoff...... aber wem erzähl ich das ? Sollten Sie besser wissen, Warum sollte "mein" Hersteller auch nur irgendeinen Cent zahlen (müssen? WIR haben uns an geltendes Recht gehalten. MEINE Kunden haben trotzdem die A...Karte gezogen, weil deren Autos trotz Einhaltung aller Vorschriften vom Fahrverbot / Wertverlust betroffen sind. DAS sollte VW ausgleichen.!


Franz

19.06.2018 - 12:40 Uhr

Schade, dass VW wieder mit einem Trinkgeld davon gekommen ist. Das ist ja nicht einmal 10% des Gewinns vom letzten Jahr. Und sogar diesen lächerlichen Betrag hat die Staatsanwaltschaft mit VW (!) zuvor ausgehandelt. Einfach nur lachhaft.


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