Gebrauchtwagen-Sortimentsstrategie: Aktiver Gebrauchtwagenzukauf

Das alte Marketing-Gesetz, nachdem man die richtige Ware in der von den Kunden nachgefragten Qualität zur richtigen Zeit am richtigen Ort und zum marktgerechten Preis zur Verfügung stellen muss, gilt für alle Branchen und insbesondere auch für das Gebrauchtwagengeschäft der Markenhändler. In der Praxis wird man aber häufig mit Verstößen gegen dieses Gesetz, gegen diese Handlungsempfehlungen konfrontiert! Man trifft auf angebotene Fahrzeuge, die nicht der Marktnachfrage entsprechen und dann auch noch überteuert gegenüber den preisbildenden Medien wie zum Beispiel den Börsen präsentiert werden. So werden die Standtage nach oben getrieben, dazu die Standkosten, und der meist schmale, unter 10 Prozent liegende Bruttoertrag schmilzt wie Eis in der Sonne. Die grundlegenden Steuerungskennzahlen im Gebrauchtwagengeschäft kann man so definieren: Bruttoertrag > 10 %, Standzeit unter 75 Tage, DB 3 > 3 %. Dies kann nur mit einem stringenten GW-Sortimentsmanagement, welches den wichtigsten Teil des Standzeiten-Managements darstellt, erreicht werden. GW-Eintauschsortimente Üblicherweise, natürlich gibt es da vereinzelte Ausnahmen, kann man mit einem Eintauschsortiment, d. h. mit den Fahrzeugen, die man aus dem Neuwagengeschäft hereinnimmt, kaum Gewinne erwirtschaften. Die Verbraucher verkaufen die vom Markt stark nachgefragten "Schätzchen", häufig unter Umgehung der notwendigen Instandsetzungen und unter Ausschluss einer Gewährleistung von Privat zu Privat. Ware, die über diesen Absatzkanal keine Käufer findet, wird zum Eintausch dem Fabrikatshändler angeboten, der dann auch noch überteuerte Preise dafür bezahlen muss. So bildet sich ein "Zwangs-Sortiment", für das nur wenige Interessenten zu gewinnen sind. Die Lösung: aktiver GW-Zukauf Durch die fast 100%ige, insbesondere durch die Börsen geschaffene Markttransparenz ist für den erfolgreichen Gebrauchtwagenhandel ein aktives Zukaufen zwingend erforderlich. Die aktive, an den Marktgegebenheiten und -anforderungen ausgerichtete Sortimentspolitik ist unerlässlich. Zunächst ist die auf das Autohaus ausgerichtete Sortimentsstrategie zu entwickeln. Mit welchen Fahrzeugsegmenten, Marken und Typen in welcher Kategorie will man Handel treiben. Wenn diese Strategie entwickelt ist, dann erst kann der nächste Schritt, die Bestimmung der externen Beschaffungsquellen getan werden. Zwei Beispiele für eine GW-Sortiments-Strategie finden Sie in der nebenstehenden Grafik (siehe Grafik 1 und 2). Natürlich muss eine derartige Festlegung permanent auf deren aktuelle Gültigkeit überprüft werden, der Markt ist ständig in Bewegung - die Nachfrage nach Fahrzeugmarken, Typen, Motorisierung, Farben und Ausstattungen ist schwankend. Feinarbeit in der Sortimentsund Ertragsstrategie Wer im Prozess des aktiven Zukaufs weitere Steuerungskennzahlen erarbeiten will, erhält mit der Betrachtung der Zukaufsquelle einerseits im Vergleich mit der Absatz-Zielgruppe andererseits wertvolle Informationen. Sind die Zukäufe aus Ersteigerungen mit Absatz an die Endverbraucher ertragreich? Erwirtschaftet man mit dem Verkauf an Wiederverkäufer einen BE? Wie verhält es sich mit der Eintauschware im Weiterverkauf an Privatkunden? Welche Erträge werden mit dem Einkauf von Gebrauchten vom Großhandel erzielt? Mit diesen Detail-Kennzahlen kann man seine Sortimentsgestaltung weiter verbessern (siehe Grafik 3). Standzeitmanagement positiv gestalten Standtage verursachen Kosten, nach branchenüblichen Parametern kostet/verursacht ein Gebrauchter je Standtag etwa 20 Euro Kosten inkl. Wertverlust. Wirft man einen Blick auf die von AUTOHAUS puls-Schlag regelmäßig veröffentlichten Gebrauchtwagen-Standtage, die bei ca. 90 bis 100 Tagen liegen, so kann man daraus leicht errechnen, wie defizitär das GW-Geschäft für verschiedene Händler in der Praxis ist. Ergänzt man diese Informationen noch mit den durchschnittlichen Bruttoerträgen, die der Markenhandel mit diesem Geschäftsbereich erzielt (ca. 8 Prozent), so ergibt sich ein durchschnittlicher Wert von maximal 75 möglichen Standtagen, bevor man in die Verlustzone abgleitet! Bitte vergessen Sie in diesem Zusammenhang die vom Autor aufgestellte "30/60/90-Regel", sie stammt aus den beginnenden 1990er Jahren - eine Zeit ohne GW-Börsen - und hat heute keine Gültigkeit mehr. Das Geschäft ist dynamischer geworden, es erfordert vom Handel heute deutlich mehr an Aktivitäten. Die Grafik rechts zeigt, wie man ein aktives Standzeitmanagement inklusive Sortimentsmanagement einrichten kann (siehe Grafik 4). Mit der Vorgabe, die hereingenommenen Gebrauchten in max. 3 Tagen (Standzeit "0") verkaufsfertig zu präsentieren, folgt die Standzeitphase 1, in der man teilweise versuchen kann, einen höheren Preis als den ursprünglich kalkulierten zu erzielen, man kann den Markt ausreizen. Gelingt dies nicht, so kann man in der folgenden Standzeitphase 2 den Verkaufspreis auf den ursprünglich kalkulierten Marktpreis senken. Gelingt auch so kein Abverkauf, dann folgt in der Standzeitphase 3 der Versuch, mit einer deutlichen Preisreduzierung den Markt zu stimulieren. Ist auch diese Aktion erfolglos, so muss spätestens innerhalb der nächsten 10 bis 15 Tage das Fahrzeug mit bestmöglichen Konditionen an geeignete Wiederverkäufer abgegeben werden. Wie sagen die alten Kaufleute: "Der erste Verlust ist der geringste!" Wer so die kalkulierten Standtage im Griff hat, ist nun gefordert, mit neuer, zugekaufter Ware wieder an den Markt zu gehen, einerseits mit dem Ziel, die erlittenen Verluste aus zu lange stehender Ware zu eliminieren und natürlich mit dem neuen Geschäft wieder Gewinn zu erzielen. Jeder Betrieb muss seinen "GW-breakeven" kennen. Das bedeutet, wie viele Standtage kann man mit dem aktuellen Bruttoertrag finanzieren und wann muss ich mich von der ungängigen Ware trennen, um Verluste zu vermeiden. Nutzen Sie alle Zukaufsquellen? Lassen Sie uns einen Blick auf Ihre generellen Zukaufsaktivitäten werfen: 1. Haben Sie an der Fassade Ihres Autohauses (für den Fall, dass Sie an einer verkehrsreichen Straße liegen) deutliche Signale angebracht: "Wir kaufen Ihr Auto"? Bitte bedenken Sie: Jedes siebte Auto, das an Ihrem Betrieb vorbeifährt, wird innerhalb von 12 Monaten gebraucht gehandelt. 2. Haben Sie auf Ihrem GW-Platz stumme Verkäufer (Einkäufer) mit dem Hinweis: "Bitte bieten Sie uns Ihr Fahrzeug zum Kauf an ... faire Preise, zuverlässige Abwicklung ...? Bedenken Sie: Ihr GW-Platz ist ein Marktplatz, dort wird Ware verkauft und viele Kaufinteressenten haben auch einen Gebrauchten zu verkaufen. Viele Ertragsrechnungen weisen gerade im Geschäft GW zu GW interessante Bruttoerträge aus. 3. Haben Sie auf Ihrer Homepage deutliche GW-Ankaufssignale platziert? Betreiben Sie eine selbstständige GW-Ankaufs-Domain? 4. Haben alle Mitarbeiter/innen auf der Rückseite der Visitenkarte den Vermerk: "Bitte bieten Sie uns Ihr aktuelles Fahrzeug zum Kauf an...."? Auch hier gilt: Jeder siebte Führerscheinbesitzer wechselt innerhalb der nächsten 12 Monate sein Fahrzeug (Anmerkung: bitte checken Sie mal den Visitenkartenbedarf Ihrer Mitarbeiter/innen, wie viele davon werden z. B. monatlich als "Mini-Werbemittel" eingesetzt)? 5. Die ständige Kleinanzeige in der Zeitung (wöchentlich, 1-spaltig, 60 mm hoch) mit der Botschaft: "Wir kaufen Ihr Auto ..." darf nicht fehlen. 6. "Outen" Sie sich auf Facebook als Gebrauchtwagen-Ankäufer? Kennen Sie die wichtigsten professionellen Zukaufsquellen? - Vermittlungsbörsen wie zum Beispiel easyautosale.de - Autobörsen wie zum Beispiel mobile.de, autoscout24.de, autobild.de, webmobil24.de, pkw.de, dealerdirect.de, auto1.com - Werkswagen wie zum Beispiel www. volkswagen.de/de/gebrauchtwagen.html - Leasinggesellschaften wie zum Beispiel santander-leasing.de - Auktionen wie zum Beispiel bca-europe.com/de/de - Mietwagen wie zum Beispiel gebrauchtwagen.sixt.de - Suchsoftware-Anbieter wie z. B. autoradarx.de Die GW-Beschaffung ist nicht nur äußerst komplex, sondern erfordert auch die nötige Kapazität an Manpower und Zeit. Nicht ohne Grund beschäftigen große Handelshäuser Mitarbeiter/innen, die sich nur dieser Aufgabe widmen. Ein Überblick Zukaufquellen von easyautosale.com auf autohaus.de/zukaufquellen Erwin Wagner ist seit Jahrzehnten selbständiger Berater und Trainer in der Automobil- und Mineralölbranche (www.mdw-wagner.de). Zudem ist er seit vielen Jahren Autor von AUTOHAUS-Fachbüchern und Trainer bei der AUTOHAUS Akademie. Kurzfassung Durch die erhöhte Markttransparenz, die vor allem durch die Internet-Börsen geschaffen wurde, ist für ein erfolgreiches Gebrauchtwagengeschäft heute aktives Zukaufen zwingend erforderlich. Branchenexperte Erwin Wagner zeigt in diesem Beitrag, worauf es bei Sortimentsstrategie und GW-Einkauf heute ankommt.

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