Autoindustrie: Experte erwartet weitere tiefe Einschnitte

09.10.2008 15:28 Uhr
Diez: "Finanzkrise verschärft Probleme der Autoindustrie."
© Foto: IFA

IFA-Leiter Willi Diez hält nach den jüngsten Produktionsunterbrechungen und Absatzrückgängen die Schließung einzelner Werke in 2009 für denkbar. Schwächere Hersteller könnten durch die Folgen der Finanzkrise in Existenznot geraten.

Internationalen Autoherstellern drohen nach Absatzrückgängen und Produktionsdrosselungen laut Experten in den nächsten Monaten weitere tiefe Einschnitte. "Aus heutiger Sicht ist es möglich, dass 2009 einzelne Produktionswerke geschlossen werden müssen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass der eine oder andere schwächere Hersteller in der Kette in Existenznot gerät", sagte der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) Geislingen, Willi Diez, am Donnerstag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Ursache für die Probleme der Automobilindustrie ist nicht die Finanzkrise, sie verschärft sie aber." Zu kämpfen hätten die Hersteller vor allem mit einem raschen Wandel des Marktes – wegen der Klimaschutzdebatte und steigender Spritpreise kaufen die Kunden lieber kleinere Autos. "Es geht weg vom großen Geländewagen hin zum Kleinwagen." In Europa halte außerdem die Debatte über CO2-Grenzwerte und -Besteuerung die Kunden davon ab, neue Autos zu kaufen. "Eine einheitliche europäische Regelung würde viel Unsicherheit vom Markt nehmen." Ein milliardenschweres Hilfspaket für den Bau umweltfreundlicherer Modelle nach dem Vorbild der USA lehnt Diez aber ab. "Ich denke, das ist der falsche Weg. Wenn man mit dem Subventionieren einmal anfängt, ist es sehr schwer, wieder rauszukommen." Beispiele dafür seien etwa die Landwirtschaft und der Bergbau.

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KOMMENTARE

Peter Schmid

09.10.2008 - 19:00 Uhr

Abwarten. Die Rabattschlacht beginnt jetzt ab sofort; es stehen ungefähr in Deutschland Lagerwagen quer Beet in Höhe von ca. 150000 Stück zur Disposition ohne leasing und sonstige Rückläufer, die laufend dazu kommen, also beste Zeit eine Auto mit min. 25% Nachlass zu erwerben.


wallibelli

09.10.2008 - 19:25 Uhr

Stimme Prof.Diez in allen wesentlichen Punkten zu.Zum Thema verändertes Kundenverhalten sei ergänzt,dass die jüngere Generation der bis ca.40-Jährigen auch eine rationalere,nüchterne Beziehung zum Auto entwickelt,als die historisch begründeten Emotionen der älteren Kunden. Den Kern des Problems hat er jedoch nicht angesprochen.Norbert Reithofer hat im Mai 2008 auf die Frage der FAZ, warum die Branche denn in den letzten Jahren so wenig für die Kraftstoffeinsparung ihrer Modelle getan hat,geantwortet: "Niemand konnte 2001,2002,als wir das Gros unserer heutigen Modelle definierten,ahnen,dass der Ölpreis innerhalb nur 5 Jahren um mehr als das 5-Fache steigt." Nichts ist mehr kalkulierbar,nichts ist mehr sicher,kaum noch was planbar.In kürzester Zeit schlagen Ölpreise Kapriolen, wandelt sich eine Geldschwemme zur Kreditklemme,ändern sich Restwerte ganzer Fahrzeugklassen im Jo Jo-Effekt.Dazu eine weltweite CO 2-Hysterie mit schwerwiegenden Konsequenzen.Millardeninvestionen in modernste Technik zahlen sich nicht aus,weil z.B.plötzlich die Zukunft des Diesels in Frage steht. Man wird in alternative Antriebe getrieben, nicht wissend was herauskommt. Die Autoindustrie steht vor der Frage,ob sie ihre Porduktstrategie und das Produktangebot nicht radikal ändern muss? Angefangen beim Einsatz von Basisresourcen über Komplexität,Entwicklungs- und Lebenszyklen bis zu Produktionstechniken und Vermarktungstrategien. Sie kann in den beiden folgenden Dekaden mit gewohnten Methoden nicht die Erlöse der letzten Jahre erzielen.Das Agieren in etwa 10-jährigen Planungs-und Poduktionszeiträumen funktioniert nicht mehr. Man muss sich den Rahmenbedingungen anpassen.Schneller, flexibler, bedarfsgerechter und profitabler. Die Branche gibt jährlich dreistellige Millionenbeträge aus,um Trends,Entwicklungen,Potentiale,Marktveränderungen und Kaufverhalten antizipieren zu können.Gleichwohl fährt sie nun "überraschend" gegen die Wand.In Zeiten zunehmender Unwägbarkeiten,Orientierungslosigkeit und rasend schneller Veränderungen hat das Risk-Management nicht funktioniert.Weil es keins gab.Man brauchte es ja nicht.Da man von Erfolg zu Erfolg eilte.Insofern gilt die Schlussfolgerung aus der Finanzkrise auch für die Autoindustrie:"Je mehr Erfolg desto höher das Risiko".


Steffen Karl

10.10.2008 - 12:01 Uhr

Sehr geehrter Herr Professor Dietz, im grossen und ganzen teile ich Ihre Einschätzung der Situation. Allerdings bei allem Respekt vor den Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft sollten die angestrebten EU- Unterstützungen sinnvoll zur Lösung der Kernproblematik verwendet werden und nicht zur Symptombekämpfung eingesetzt werden EU- Unterstützung ja, dann aber auch bitte zweckgebunden zur Existenzsicherung im Handel. Durch das Rückfahren der Produktion haben sich Hersteller wie GM und Toyota dazu entschlossen die Situation nicht noch durch die Erhöhung der Überproduktionsquote zu verschlimmbessern. Nur wenige hätten prognostiziert, dass die Märkte mit diesen Auswirkungen so schnell abtauchen. Alle Pläne und Budgets für das laufende Jahr sind obsolet. "Offensichtlich ist die Finanzkrise in der Realwelt und auf den Automärkten angekommen." Dabei tappen die Manager bei Prognosen im Dunkeln. "Im Moment haben wir alle die nächste Woche im Blick, über die wir bereits nur wenig wissen", sagte Dieter Zetsche. Während einige Branchenkenner das Durchschreiten der Talsohle für das Jahr 2009 optimistisch prognostizieren, sehen andere den Verlauf der aktuellen Krise noch über 2010 hinaus. Zur aktiven Zukunftssicherung erachten wir es als zwingend erforderlich, dass die gesamte Branche zur Überwindung dieser Kriese, etwas näher zusammenrückt. Markt, Zulassungszahlen und Rendite sind keine imaginären Faktoren, sondern werden nur in der direkten Interaktion mit dem Verbraucher beeinflusst und generiert. Und hier steht nun mal der Automobilhandel an vorderster Front. Vor diesem Hintergrund erachten wir es als vornehmliche Aufgabenstellung, die Erlebnisse und Ergebnisse am Point of Sales zeitnah für Strategieanpassung ernsthaft einzubeziehen. Dies bedingt natürlich, dass die entsprechenden Informationen auch gebündelt und gewichtet den Entscheidungsträgern der Herstellerstrategien vorliegen. Um hier nicht in Gefahr zu laufen, dass Entscheidungen nur auf der Basis des Inputs von „Anderen“ getroffen werden, sind wir alle gefordert unseren Beitrag zu leisten. Andere Branchen haben nur so ganzheitliche Lösungen erzielt. Mit automobilen Grüßen, Steffen Karl Director Dealer Development Senior Account Executive DealerGroups MSX International GmbH The Smart Alternative >>> Stolberger Strasse 309 - 311 50933 Köln E-Mail: skarl@msxi-euro.com Mobile +49 (0)171 - 932 3176 Tel. +49 (0)221 - 947 00 0 Fax +49 (0)221 - 947 00 134 http://www.msxi-euro.de


wallibelli

11.10.2008 - 12:38 Uhr

An Herrn Steffen Karl, Sie können das Problem auf folgende Aussage reduzieren: "Wer nie ein Auto sein Eigen nennt,der auch des Kunden Wünsche und Bedürfnisse nicht kennt." Das gilt für die Entscheider bei den Herstellern,für die von Ihnen angeführten "Anderen" und für etliche Veantwortliche im Handel. Die vorderste Front ist in Zukunft nicht mehr der Handel,es sind die vernetzten Kunden selbst. Dazu nur zwei Beispiele: 1.Wenn man ein bestimmtes Fahrzeug zur Probefahrt sucht,wo fragt man an? Im Internet.Drei Tage später trifft man sich mit Jemanden an einer Autobahnraststätte in seiner Umgebung und bekommt alles aus erster Hand geliefert. 2.Welche Absatzförderungsaktionen und Subventionen gibt es bei welchem Hersteller? Surf im Internet.Dort steht es manchmal früher,als die Verkäufer im Handel es wissen.


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