Ausgabe 06/2013: Befreiungsschlag?

Befreiungsschlag?Selbstanzeige – Eine Nacherklärung von Einkünften wirkt nur im Steuerrecht strafbefreiend. Ob nicht aus anderen Rechtsbereichen Sanktionen drohen, sollte mit einem Rechtsanwalt geklärt werden. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGNachdem ein Abkommen mit der Schweiz wiederum gescheitert ist und somit keine anonyme Steuerabführung in der Schweiz zugunsten von Deutschland möglich wird, besteht erst recht das Problem weiter, dass der deutsche Fiskus Daten über vermeintliche Steuerhinterzieher kauft. Aber nicht nur ausländische verborgene Kapitalerträge versucht der deutsche Fiskus aufzuspüren, auch Schwarzarbeit, zu Unrecht geltend gemachte Betriebsausgaben, nicht oder zu niedrig erklärte Mieteinnahmen werden immer stärker vom Fiskus hinterfragt. Mittlerweile sind Fälle bekannt, in denen z. B. das Finanzamt die Mieteinnahmen bei größeren Mietobjekten je Wohnung aufgeschlüsselt haben möchte. Damit wird eine Verprobung durch Zufallsfunde immer einfacher und wahrscheinlicher. Macht ein Lehrer als Mieter einer Wohnung ein Arbeitszimmer geltend und legt dort die von ihm bezahlte Miete offen, ist es somit ein Leichtes, beim Vermieter zu prüfen, ob die gezahlte Miete von ihm auch tatsächlich versteuert wird. Um es auf den Punkt zu bringen: Steuerhinterziehung ist schon seit Langem kein Kavaliersdelikt mehr, sondern wird wie jeder normale Betrug verfolgt. Und wie wir bereits mehrfach berichtet haben, werden die Strafen empfindlich angezogen. Die frühere, oft laxe Handhabung durch die Strafverfolgungsbehörden und die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes gehören längst der Vergangenheit an.Nacherklärung von EinkünftenDas Unwort „Selbstanzeige“ gilt es, gegenüber dem Finanzamt zu vermeiden: Galanter spricht man von der Nacherklärung von Einkünften. So bleibt es offen, ob es sich bei der ursprünglichen Erklärung um ein Versehen oder aber um bewusstes Verkürzen von Steuern gehandelt hat. Dies spielt nämlich für die Straffreiheit aufgrund einer Selbstanzeige keine Rolle! Zu solchen Nacherklärungen sollte man noch Folgendes wissen: Hat man rein aus Versehen eine Steuererklärung fehlerhaft abgegeben und später bemerkt, dass weiterer steuerpflichtiger Sachverhalt gegeben ist, dann ist jeder verpflichtet, die ursprüngliche falsche Steuererklärung umgehend zu berichtigen. Kommt man dieser Berichtigungspflicht nicht nach, so ist zwar die ursprüngliche falsche Steuererklärung und der dann ergehende falsche Steuerbescheid keine Steuerhinterziehung, da es an dem Vorsatz einer Steuerhinterziehung gefehlt hat. Das Unterlassen der Nacherklärung selbst stellt aber dann ein bewusstes Fehlverhalten dar und ist eine Steuerhinterziehung. Also müsste man, um die Strafbarkeit zu vermeiden, möglichst umgehend die falsche Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt berichtigen, d. h. den richtigen Sachverhalt nachmelden. Ist die ursprüngliche Steuererklärung aber bereits bewusst fehlerhaft, so stellt die Abgabe der Steuererklärung schon eine versuchte Steuerhinterziehung dar. Ergeht daraufhin ein falscher Steuerbescheid, ist die Steuerhinterziehung als Straftat vollendet. Und nur im Steuerrecht gibt es dann einen späteren Wegfall dieser Strafbarkeit, wenn nachträglich vor der Entdeckung der Tat die falschen Angaben berichtigt und die daraufhin fällige höhere Steuer bezahlt worden ist.Wirksame SelbstanzeigeDann spricht man von der sogenannten wirksamen Selbstanzeige im Steuerrecht. Dabei kommt es bei der Nacherklärung aber nicht auf dieses Unwort an, sondern nur darauf, dass die Tat zuvor vom Finanzamt noch nicht entdeckt worden ist, die Angaben insgesamt vollständig gemacht worden sind (d. h. dass die betreffende Steuerart nicht durch weitere andere nicht erklärte Sachverhalte immer noch fehlerhaft festgesetzt wird) und schließlich nach der Festsetzung der korrigierten Steuer der Fiskus auch sein Geld erhalten hat. Diese Möglichkeit, einer Strafbarkeit durch Berichtigung von Angaben zu entgehen, wird immer häufiger von den Steuerbürgern genutzt. Denn die Unsicherheit darüber, ob nicht durch Datenklau und Aufkauf durch Finanzbehörden, durch Neider oder durch Zufallsfunde eine Tatentdeckung erfolgt, ist in Deutschland doch nicht unbeträchtlich. Auch hat es sich herumgesprochen, dass nicht zuletzt die Führung anonymer oder verborgener Konten im Ausland vielfach von den entsprechenden Kreditinstituten durchaus zu unsinnigen Transaktionen, erheblichen Transaktionskosten und -gebühren genutzt wird. Unter dem Strich haben sich solche Kapitalanlagen oftmals nicht nur nicht gelohnt, sondern waren sogar mit Vermögensverlusten verbunden. Ganz abgesehen davon wird so manchen Erben mit den „schwarzen Konten“ bereits die Steuerhinterziehung in die Wiege gelegt. Schon deshalb sind vermehrt Eltern veranlasst, von solchen Praktiken Abstand zu nehmen, um nicht ihren Nachwuchs bereits in solch kriminelle Machenschaften zu drängen. Aus Beratersicht kann man daher nur empfehlen, diesen nachträglichen Weg zur Steuerehrlichkeit bestmöglich zu beschreiten, denn nur legale Gelder können wiederum legal investiert, Immobilien gekauft oder sonstige sinnvolle Vermögensanlagen im Inland getätigt werden.Nacherklärung unmöglich?Doch leider gibt es auch immer wieder Sachverhalte, in denen die Nacherklärung mit Straffreiheit schier unmöglich erscheint: Wurden z. B. Arbeitslöhne nicht ordentlich versteuert und zugleich Sozialversicherung hinterzogen, so kennt die Sozialversicherung keine derartige strafbefreiende Selbstanzeige. Mit einer reinen Nachzahlung der Steuern ist es nicht getan, wenn sodann die Sozialversicherungsprüfer gesetzlich legitimiert Einblick in die Lohnversteuerung erhalten und feststellen, dass durch eine nachträgliche Erklärung ursprünglich schwarz gezahlte Löhne nachversteuert worden sind. Dann stellt sich nur die Alternative, dem Übel des Strafrechts ins Auge zu sehen oder zumindest für die Vergangenheit zu hoffen, dass die Taten nicht entdeckt werden. In solchen Fällen wäre es im Übrigen fatal, seinen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer mit diesen Fragen zu konfrontieren, denn dann könnte dieser – wenn man sich nicht für die Nacherklärung entscheidet – die künftigen Bilanzen und Steuererklärungen nicht mehr fertigen. Er müsste nämlich, um nicht selbst straffällig zu werden, in den künftigen Jahresabschlüssen und Steuererklärungen die Verbindlichkeiten von Steuern und Sozialversicherungen für die hinterzogenen Sachverhalte offen ausweisen. Hat man folglich vor, die Frage der nachträglichen Steuerehrlichkeit mit einem Berater zu diskutieren, sollte man ganz bewusst einen Rechtsanwalt mit dessen besonderer Verschwiegenheitspflicht konsultieren. Der Rechtsanwalt darf dann seine Kenntnisse nicht an den Steuerberater des Nacherklärungswilligen weitergeben. Aber eines sollte in jedem Fall beherzigt werden: Eine Fortsetzung von Steuerhinterziehungen in die Zukunft sollte in jedem Fall unterbleiben, insbesondere auch deshalb, weil dann spätestens mit Ablauf der strafrechtlichen Verjährungsfristen wenigstens künftig die Keule des Strafrechts für diesen Steuerbürger entfällt. Ohne potenzielle Strafandrohung lebt es sich dann bestimmt leichter, auch wenn nach Entdeckung der Taten trotzdem noch Steuernachzahlungen blühen: denn die strafrechtliche Verjährung von regelmäßig fünf Jahren ist erheblich kürzer als die steuerliche Festsetzungsfrist von zehn Jahren bei Steuerhinterziehung, geschweige denn, dass Sozialversicherungsbeiträge regelmäßig erst nach dreißig Jahren nicht mehr eingezogen werden können. Ob also eine strafbefreiende Selbstanzeige tatsächlich dafür geeignet ist, den Weg in die Ehrlichkeit zu beschreiten, bedarf einer intensiven Prüfung und Beratung, bei der der Steuerbürger seinem beauftragten Rechtsanwalt keinerlei Sachverhalte verschweigen darf, um eine sachgerechte Beratung nicht zu torpedieren. ■Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Fehlerhafte Steuererklärungen sollten tunlichst durch eine Nacherklärung der fehlerhaften Sachverhalte gegenüber dem Fiskus bereinigt werden. 2. Eine nur im Steuerrecht existierende sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige ist jedoch mit einigen Hürden versehen.3. Nicht alle Hinterziehungssachverhalte können durch eine strafbefreiende Selbstanzeige tatsächlich straflos bereinigt werden.4. Bei der Klärung der Frage, ob eine nachträgliche Bereinigung von Hinterziehungstatbeständen sinnvoll und möglich ist, sollte grundsätzlich ein Rechtsanwalt, der auch als Verteidiger fungieren kann, konsultiert werden. Kommentar< Schon als der Vater des Tennisstars Steffi Graf sich nicht mehr mit Geld vor seiner Inhaftierung retten konnte, ist so manchem unehrlichen Steuerbürger bewusst geworden, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt mehr ist. Dies ist aber wieder mehr in Vergessenheit geraten, bis dann der Skandal über den Ankauf von sogenannten Steuer-CDs durch die Presse gegangen ist. Dies hat nach und nach mehr Bundesbürger veranlasst, den Weg in die Steuerehrlichkeit durch eine sogenannte Selbstanzeige zu beschreiten. Die Regelungen zur Selbstanzeige sind zwar vom Gesetzgeber erheblich verschärft worden, doch immer noch ist dies ein probater Weg, in Zukunft ruhiger zu schlafen und vor allem über „sauberes“ Geld zu verfügen. Praktisch alle „nacherklärenden“ Bürger haben es bis heute nicht bereut, endlich diesen Schritt getan zu haben. Von unserer Seite aus kann der Weg in die Steuerehrlichkeit nur empfohlen und begrüßt werden! >

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