Ausgabe 09/2012: Das neue Schreckgespenst?

Das neue Schreckgespenst?Compliance – Wird mit den Themen Korruption und Bestechlichkeit zu leichtfertig umgegangen, können sie sich unbemerkt zur existenzgefährdenden Bedrohung auswachsen. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPG / Osborne clarkeBereits in Heft 6/2012 (Seite 52 ff.) haben wir auf Compliance-Verstöße und einen speziellen steuerrechtlichen Aspekt hingewiesen. Heute wollen wir das Thema vertiefen, auf die zugrunde liegenden Gesetze hinweisen und auch mögliche Folgen für alle Mitarbeiter eines Betriebes und das Unternehmen selbst erläutern.Das Thema Compliance hat in den vergangenen Jahren zunehmend Bedeutung erlangt – nicht allein nur in der Großindustrie. Aufgrund zahlreicher gesetzlicher und vertraglicher Verschärfungen muss sich mittlerweile jedes Unternehmen mit der Frage auseinandersetzen, ob und wie die einschlägigen Bestimmungen eingehalten werden und eine hinreichende Kontrolle der handelnden Mitarbeiter gewährleistet ist. Bereits geringe Verstöße können eine strafrechtliche Verfolgung und erhebliche Bußgelder nach sich ziehen. Auch drohen Konsequenzen für bestehende Vertragsverhältnisse bis hin zur fristlosen Kündigung von Händler- und Werkstattverträgen. Die Folgen eines Compliance-Verstoßes können daher für ein Unternehmen, die Geschäftsführung und die leitenden Mitarbeiter existenzbedrohend sein. Was ist Compliance?Der Begriff Compliance wird oftmals nur mit dem Thema Korruption in Zusammenhang gebracht. Compliance ist aber weit mehr als die Bekämpfung von Korruption. Als Compliance (aus dem Englischen „to comply“ = Regeln einhalten) bezeichnet man die Gesamtheit aller zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen, die für ein regelkonformes Verhalten eines Unternehmens, der Geschäftsführung und seiner Mitarbeiter im Hinblick auf alle gesetzlichen Verpflichtungen und Verbote erforderlich sind. Darüber hinaus soll die Übereinstimmung des unternehmerischen Handelns mit den gesellschaftlichen Wertvorstellungen, mit Moral und Ethik gewährleistet werden. Nicht nur alle internen Unternehmensrichtlinien und Arbeitsanweisungen sollen beachtet werden. Auch Integrität, Fairness und Transparenz im Umgang mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern sind einzuhalten. Die Verpflichtung zur Einhaltung der für das eigene Unternehmen relevanten gesetzlichen Pflichten, Vorschriften und Regeln verlangt ein aktives Handeln.Welche Bereiche sind betroffen?Unsere Rechtsordnung enthält eine Vielzahl von Geboten und Verpflichtungen, die von Unternehmen zu beachten sind. Entsprechende Verpflichtungen finden sich vor allem in den nachfolgenden Bereichen:StrafrechtArbeitsrechtGesellschaftsrechtKartellrechtSteuerrechtDatenschutzUmweltschutzGrundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)Telekommunikationsrechtbranchenspezifische Anforderungenvertragliche VerpflichtungenWerden Compliance-Vorgaben nicht eingehalten, kommt es also zu einem Verstoß gegen Recht und Gesetz, gegen betriebsinterne Anweisungen oder vertragliche Pflichten, sind die daraus resultierenden Konsequenzen sehr unterschiedlich.Strafrechtliche Konsequenzen Hat der Gesetzgeber die Nichteinhaltung einer Verpflichtung mit einer Strafe oder einem Bußgeld bedroht, etwa im Fall von Korruption, kann eine Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße gegen die handelnden Personen verhängt werden. Hierbei ist zu beachten, dass handelnde Personen nicht alleine nur die eigentlichen Täter sind. Auch Vorgesetzte können hier in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungen geraten, wenn sie zumindest von den Handlungen wussten oder hätten wissen können. Nur dann, wenn bei Beachtung gehöriger Sorgfalt keinerlei Kenntnis vorliegt, scheidet eine eigene strafrechtliche Verantwortlichkeit aus. Nachfolgend finden Sie typische Handlungen, die zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können:Das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils an einen Amtsträger oder einen Dritten für dessen Diensthandlungen, z. B. für die Erteilung eines Auftrags oder die Erlangung einer Genehmigung (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, § 333 des Strafgesetzbuches) Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch Einfordern, Versprechen oder Annahme von Vorteilen als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens, um beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzugt zu werden (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, § 299 des Strafgesetzbuches)Erfahren leitende Angestellte oder die Geschäftsführung eines Unternehmens von solchen Handlungen ihrer Mitarbeiter, haben sie persönlich eine Mitteilungs- und Eingriffspflicht. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, können sie strafrechtlich persönlich als sog. Garanten für ihr Unterlassen auch strafrechtlich haften. Besonders gilt dies für die gesetzlichen Vertretungsorgane (Geschäftsführer und Vorstände).Aber auch ohne Kenntnis und Billigung durch den Unternehmer und die Geschäftsleitung kann das strafbare Verhalten von Mitarbeitern zu einer erheblichen Haftung des Unternehmens und der Geschäftsleitung führen. Nach § 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes handelt selber ordnungswidrig, wer als Inhaber oder Geschäftsführer Aufsichtsmaßnahmen vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, die erforderlich sind, um strafrechtlich relevantes oder mit Bußgeld bedrohtes Verhalten der eigenen Mitarbeiter zu verhindern. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von geeigneten Aufsichtspersonen im Unternehmen. Wird gegen diese Verpflichtung zur Durchführung von Aufsichtsmaßnahmen verstoßen, kann gegen den Unternehmensinhaber oder Verantwortliche/Geschäftsführer ein Bußgeld in Höhe von bis zu einer Million Euro verhängt werden. Darüber hinaus besteht bei einzelnen Straftatbeständen die Möglichkeit, einen etwaigen unzulässigen Vermögensvorteil des Unternehmens durch den Staat einzukassieren.Gesellschaftsrechtliche KonsequenzenNeben der straf- und bußgeldrechtlichen Haftung droht bei einem Compliance-Verstoß auch eine Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft. Nach § 43 GmbHG hat der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Werden Recht und Gesetz durch den Geschäftsführer verletzt, haftet er der Gesellschaft gegenüber für den entstandenen Schaden. Die gleiche Haftung besteht über § 93 AktG für den Vorstand einer AG. Dies verlangt ab einer gewissen Unternehmensgröße und abhängig von den mit dem Unternehmen verbundenen Gefahren, sich mit dem Thema Compliance intensiver auseinanderzusetzen.Vertragliche Konsequenzen Immer mehr Unternehmen und auch die Kfz-Hersteller sehen in ihren Verträgen die Verpflichtung zur Einhaltung der für die Durchführung des Vertrages relevanten Gesetze und Vorschriften durch den Vertragshändler vor. Mittlerweile werden sogar sog. „Compliance-Due Diligence“ bei Bewerbungen um einen Händlervertrag durchgeführt. Auch Geschäftskunden verlangen mehr und mehr den Nachweis, dass man als Lieferant und Geschäftspartner sich „an Recht und Gesetz“ hält. Kommt es zu einem Verstoß, droht eine außerordentliche Kündigung von geschlossenen Verträgen, sind zu Unrecht erlangte vertragliche Vorteile hinfällig, ganze Vertragswerke unter Umständen sogar unwirksam. ■Barbara Lux-Krönig, Peter Harbauer (beide Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner), Joachim Breithaupt (Kanzlei Osborne Clarke)Kurzfassung1. Compliance betrifft viel mehr Bereiche als nur das Thema Korruption.2. Compliance-Verstöße haben straf-, gesellschafts- und vertragsrechtliche Konsequenzen.3. Neben Geldstrafen kann sogar der Verlust des Händlervertrages drohen.4. Inhaber und Geschäftsführer werden persönlich in die Haftung genommen.5. Mithilfe bei falschen Belegen und falscher Buchhaltung ist jedenfalls Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

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Das neue Schreckgespenst?

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