Hyundai Deutschland: "E-Mobilität ist ein Zusatzgeschäft"

AH: Herr Hell, wie ist das Aftersales- Geschäft im vergangenen Jahr gelaufen? K. Hell: Sehr gut. Die Werkstätten waren voll ausgelastet. Die Steigerung im Teileund Zubehörumsatz lag bei zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. AH: Was erwarten Sie in diesem Jahr? K. Hell: Ich gehe von einer Steigerung um die acht Prozent im Teile- und Zubehörumsatz aus. Elektromobilität AH: In welcher Form macht sich die Elektromobilität in der Werkstatt bemerkbar? K. Hell: Für uns ist die E-Mobilität ein Zusatzgeschäft. Vor allem für den Zubehörumsatz ist sie ein echter Zugewinn und hat gegenüber den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ein wesentlich größeres Potenzial. AH: Sie sehen auch künftig Wachstumspotenzial im Service - warum? K. Hell: Wir haben noch ein großes Potenzial an den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Diese werden nicht über Nacht verschwinden und auch aktuell noch gekauft. Darüber hinaus kommen die Elektrofahrzeuge hinzu, die zusätzliches Potenzial im Zubehör bieten. Hier wird sich das Geschäftsmodell jedoch verändern. AH: Der zunehmende Fuhrpark sorgte immer schon für die notwendige Werkstattauslastung. Wird sich das mit der zunehmenden Anzahl an Stromern fortsetzen? K. Hell: Nur mit dem zunehmenden Fuhrpark zu wachsen, wäre auch jetzt zu wenig. Der Rückgang der Servicearbeiten ist kein neues Phänomen. Bereits seit 1995 ist der Aufwand von damals sechs Stunden auf heute zwei Stunden pro Reparaturauftrag zurückgegangen. Je nachdem wie stark das Wachstum der einzelnen Marke war, wurde dieser Rückgang dadurch ein wenig kompensiert. Sehr oft wurde der Rückgang durch die Erhöhung des Stundenverrechnungssatzes kompensiert. Wachstum heißt für mich, auch im Service zu wachsen. Durch Ausschöpfung der vorhandenen Potenziale. Das wären eine höhere Wertschöpfung pro Kundenbesuch, eine höhere Kundenloyalität zum Händler, eine höhere Marktausschöpfung im Service und der Ausbau der Produkte und Serviceangebote. AH: Wie hoch ist aktuell das Gap an Arbeitswerten und Teileumsatz bei einem E-Kona im Vergleich zu einem i30 Diesel? K. Hell: Bei den Arbeitswerten genau 50 Prozent von 1,4 Stunden beim Diesel auf 0,7 Stunden für den Kona EV. Bei den Teilen fehlt der Ölfilter und eventuell der Luftfilter. Was hier sehr stark ins Gewicht fällt, ist das Motorenöl. Dafür bietet aber das Elektrofahrzeug im Zubehör viel größere Potenziale. Gerade bei dem Thema Ladeinfrastruktur. Bis jetzt liegt der Fokus vor allem auf Ladekabel, Wallboxen, Aufbewahrungstools für die Kabel - und das ist schon ein beträchtlicher Zubehörumsatz pro Neuwagen. Die nächste Phase sind Solaranlagen mit Pufferspeicher sowie Stromverträge. Das Geschäftsmodell für Elektrofahrzeuge wird sich komplett verändern. AH: Gibt es bei "Cable Cars" einen höheren Verschleiß bei Reifen? K. Hell: Durch die größeren Drehmomente des Elektromotors ist der Reifenverschleiß größer. Und wir werden hoffentlich vom Thema Allwetterreifen wieder wegkommen. AH: Lassen sich die hohen Margen im Ölgeschäft ausgleichen? Wir sprechen hier von bis zu 50 Prozent des Werkstattertrags. Glauben Sie das oder werden die Werkstätten von der Industrie mit derartigen Argumenten nicht eher eingelullt? K. Hell: Es geht nicht darum, ein Ölgeschäft zu kompensieren. Jedes Autohaus müsste sein eigenes Strategiepapier entwickeln. Ein Bereich wäre die Professionalisierung und das Wachstum für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Ein zweiter Bereich ist das neue Geschäftsmodell Elektrofahrzeug. Beides miteinander zu vermischen, wird nicht funktionieren. Verrechnungssätze AH: Müssen die Verrechnungssätze deutlich erhöht werden, um die Kosten künftig zu decken? K. Hell: Das wäre ein strategischer Fehler für die Zukunft. Wir können nicht so weitermachen, ein Elektrofahrzeug zwischen die anderen Fahrzeuge in die Werkstatt reinzustellen und den Verlust der Marge am Ölgeschäft durch höhere Verrechnungssätze zu kompensieren. Es ist ein anderes Geschäftsmodell. Einen ähnlichen Vorgang gab es schon mal in den 90er Jahren. Damals hat man für die Gebrauchtwagenkunden und Kunden älterer Fahrzeuge keine differenzierten Stundenverrechnungssatz angeboten. Dann sind neue Systeme mit ATU, Pitstop entstanden - und über Nacht gab es keine Segmente 2 und 3 in den Autohäusern mehr. Das Gleiche wird bei den Elektrofahrzeugen passieren, da hier neue Konzepte entstehen wie zum Beispiel Mobilitätsanbieter für Elektromobilität. Hier werden E-Fahrzeuge, E-Bikes und E-Scooter verkauft, verleast oder geshared und Elektroverträge und -Konzepte zum Laden der Fahrzeuge angeboten. Im Hintergrund gibt es eine Servicewerkstatt ohne Ölabscheider und Absauganlagen. Der Service wird eine reine Dienstleistung sein. AH: Die Vertragswerkstätten tun sich seit Jahrzehnten schwer, das Auto langfristig an das Haus zu binden. Hat sich da inzwischen etwas geändert? K. Hell: Leider nicht, ich finde, es ist schlechter geworden. Es fehlen in vielen Autohäusern die notwendigen Strukturen und die notwendige IT. Und die neue Datenschutzverordnung hat ihren Beitrag geleistet, dass es noch komplizierter wird. AH: Lässt sich das mit Zahlen belegen? K. Hell: In einigen Pilotprojekten, die wir durchgeführt haben, ist zu erkennen, dass die Datenqualität in den DMS Systemen ausbaufähig ist. 40 bis 50 Prozent der Adressen sind nicht zu verwenden. Wenn wir weiter in das Digital- und Informationszeitalter voranschreiten, werden die Daten den Wert des heutigen Öls haben. Hier sehe ich noch sehr große Handlungsfelder und auch Potenzial für die Autohäuser. AH: Brauchen wir noch die Dialogannahme? K. Hell: Ja, das wird wichtiger als je zuvor. Wir benötigen aber keine "Jagd-Zimmer" mit alten Teilen an der Wand oder umgebaute Waschhallen mit einer Hebebühne. Wir benötigen einen Raum, um mit dem Kunden in einen Dialog zu treten, damit seine Bedürfnisse ermittelt werden. Gerade im Hinblick auf das Laden seines Fahrzeuges. Aber auch klassische Arbeiten wie Smart- und Spot-Repair sowie das Reifengeschäft bleiben. Digitalisierung AH: Sie haben frühzeitig auf die Digitalisierung in der Werkstatt gesetzt. Wie sehen die Abläufe im Idealfall aus? K. Hell: Es ist eine papierlose Werkstatt, die allen Beteiligten im Autohaus sowie den Kunden die notwendigen Informationen auf Knopfdruck anzeigt. Wichtig ist der Mehrwert, der für alle dadurch generiert wird. AH: Was kann damit erreicht werden? K. Hell: Der administrative Aufwand wird dadurch stark reduziert. Ich muss diesen unnötigen Verwaltungsaufwand nicht durch Erhöhung des Stundenverrechnungssatzes an die Kunden weiterberechnen. Das verschafft dem Autohaus gegenüber dem neuen Wettbewerb, der durch die Elektromobilität kommen wird, in seiner Wettbewerbsfähigkeit Vorteile. Es steigert den Ertrag, da die Wertschöpfung pro Kundenkontakt durch geführte Beratung und Prozessoptimierung verbessert wird. Für den Kunden wird es transparenter, das wiederum spiegelt sich in einer höheren Kundenloyalität wider. Und natürlich wird eine Menge Papier gespart. AH: Herr Hell, vielen Dank für das Gespräch! Autohaus Podcast Das große Interview mit Karl Hell zu aktuellen Aftersales-Themen gibt es zum Nachhören im AUTOHAUS Podcast powered by Yareto - u. a. bei Spotify, Google Podcasts, iTunes, Podigee. Infos unter:www.autohaus.de/podcast

Neuer Citroën C3 Aircross: Kleines SUV mit sieben Sitzen

Maserati wird elektrisch: Blitz ohne Donner

Mazda CX-80: Eine Nummer größer

Pkw-Markt: Oster-Minus in Europa

Elektromobilität: Kia und e-mobilio kooperieren langfristig

Alle Schlagzeilen

Hyundai Deutschland: "E-Mobilität ist ein Zusatzgeschäft"

WEITERLESEN

NEWSLETTER