Ausgabe 14-15/2010: Erste-Hilfe-Staat

Erste-Hilfe-StaatHandelsbilanz 2009 E Die „Autoverkäuferin 2009“: Angela Merkel! Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGDer Blick zurück auf die Zahlen des Jahres 2009 ist in verschiedener Hinsicht interessant. Die Auswirkungen der Umstände, Maßnahmen und Reaktionen im Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise lassen sich aus den Jahresabschlüssen ablesen: z In einem deutlich rückläufigen Markt sorgte die so genannte Umweltprämie für eine kurzfristige Sonderkonjunktur für kleine und/oder niedrigpreisige Neufahrzeuge; z die im Handel befindlichen Gebrauchtwagen-Bestände wurden aufgrund des dramatischen Preis- und Nachfrageverfalls in diesem Marktsegment so weit abgebaut wie nie zuvor; z die zu Beginn des abgelaufenen Geschäftsjahrs vorhandenen GW waren bereits zu Lasten des Ergebnisses 2008 in hohem Maße abgeschrieben; z verschiedene Hersteller sahen sich gezwungen, die wirtschaftlichen Risiken aus der Vermarktung von Leasingrückläufern entgegen der anderslautenden Verträge ganz oder teilweise zu übernehmen. Von der Umweltprämie konnten nur bestimmte Marken profitieren. Das lässt ahnen, welcher Art von Durchschnitt die erzielte Renditeziffer von 1,2 Prozent ist: Statistik im Sinne einer Fiebermessung am Bauch des Patienten, dessen Kopf im Kühlschrank und Beine im Backofen stecken. Die Umsatzrendite von 1,2 Prozent kann also keineswegs so gedeutet werden, 2009 sei im Autohandel die Welt in Ordnung gewesen (sofern man überhaupt der Einschätzung zustimmen wollte, 1,2 Prozent Umsatzrendite seien ausreichend).Die Umweltprämie: Erste Hilfe und Wohltat vom StaatBei den Umweltprämie-Profiteuren waren Umsatzsteigerungen im Fahrzeuggeschäft von 30 Prozent und mehr keine Seltenheit, verbunden mit einem Sprung der Umsatzrendite auf 3,5 Prozent und mehr. Basis für die Ergebnisverbesserungen war der Verzicht auf Personaleinstellungen. So gelang es, die Steigerung des Personalaufwands, des größten einzelnen Kostenblocks, auf das Niveau der Tariferhöhungen und der leistungsbezogenen Komponenten, insbesondere der Verkäuferprovisionen zu begrenzen. Interessant sind zwei Begleiterscheinungen des mit staatlicher Hilfe erzeugten Booms im Teilmarkt der Kleinwagen. Fast amüsant der erste Punkt: Wenn der Staat den Autokauf promotet, folgen seine Schäfchen so zahlreich und willig, dass Werbung fast entbehrlich wird; jedenfalls gehen auffallend häufig zweistellige Umsatzsteigerungen mit ebensolchen Kürzungen des Werbeaufwands Hand in Hand. Bravo, Frau Merkel, zumal die Sache ja vermutlich nicht viel gekostet hat. Nach Adam Riese ist ein Bruttopreis von 15.658 Euro der Schnittpunkt, ab dem die fällige Umsatzsteuer die Subvention von 2.500 Euro übersteigt. Okay, eine gewisse Delle beim Konsum von Staubsaugern muss man wohl abziehen, aber zumindest wollte der Staat ja sicherstellen, dass je Neuwagenkauf ein Altfahrzeug in die Schrottpresse wandert und so dem umsatzsteuerlich irrelevanten GW-Markt entzogen wird. Der zweite Punkt ist die Steigerung der Bruttoerträge aus dem Neufahrzeuggeschäft bei den so genannten Gewinnern der Umweltprämie. In relativ vielen Fällen entspricht diese gelinde gesagt nicht der Erwartung, die man mit zweistelligen Umsatzsteigerungen verbindet, was allerdings nur denjenigen erstaunen wird, der die volkswirtschaftlichen Grundregeln von Angebot und Nachfrage ohne den unseligen, aber machtvollen Einfluss von Automobilherstellern und -importeuren vor Augen hat. Nicht in jedem Fall, aber doch weit verbreitet wurden trotz nachfragebedingter Lieferschwierigkeiten hohe Rabatte gewährt. Ein Blick auf die tagesaktuellen Informationen zum Fahrzeugabsatz im ersten Halbjahr 2010 zeigt, was jeder der beteiligten Verantwortlichen damals schon wusste, aber ignorierte: Kein (Rabatt-)Öl ins Subventions-Strohfeuer gießen! Das vorläufige Ende vom Lied ist ein gewaltiger Kick-back-Effekt in Form eines dramatischen Einbruchs der Nachfrage nach Neuwagen, vor allem im Bereich der Privatkundschaft. Außerdem spricht alles dafür, dass durch die Sonderrabatte auf ohnehin subventionierte Neuwagenverkäufe der Preisverfall bei den Gebrauchtwagen beschleunigt wurde. Die einzig richtige Antwort war deren liquiditätsorientierter Abverkauf, der in den angeprangerten Fällen ausschließlich aus der Mehrmenge finanziert werden musste und nicht aus dem Mehrertrag bezahlt werden konnte.Ohne Umweltprämie nix losDer Niedergang des GW-Marktes betraf natürlich alle Händler, also besonders hart die Vertreter der „falschen“ Marken, aber auch diejenigen, die zwar in punkto Umweltprämie richtig, finanziell aber ungünstig aufgestellt waren und Schwierigkeiten hatten, die zur Abwicklung des potenziellen zusätzlichen Absatzes erforderlichen liquiden Mittel aufzubringen; schließlich war das wirtschaftliche Umfeld der Umweltprämie von einer Finanzkrise mit zugehöriger Liquiditätsklemme charakterisiert. Beim Absatz von Mittelklasse- und Premiumfahrzeugen mussten deutliche Rückgänge bei Umsatz und Stückzahl hingenommen werden. Und dies bei gleichzeitiger an Kaufverweigerung der Gewerbekunden grenzender Entwicklung der Nutzfahrzeuggeschäfte. Die Rabatte in diesem Bereich blieben also auf Rekordniveau. Alles zusammen ergab die von uns ermittelten, eher enttäuschenden Durchschnittswerte, die beim Umsatz nur etwas mehr als 10 Prozent über dem Niveau von 2008 lagen und nur knapp über die von uns für kritisch gehaltene Marke von 7 Prozent beim Bruttoertrag kommen.Stabiles Fundament: After SalesDa die Umsätze im After Sales entgegen aller seit vielen Jahren gehörten Unkenrufe abermals gestiegen sind – zwar „nur“ um etwas mehr als 3 Prozent, das aber mit gegenüber 2008 leicht verbesserten Bruttoerträgen –, ergaben sich trotz des Strohfeuers der Umweltprämie nur geringe Verschiebungen der Gewichtung zwischen den Geschäftsfeldern Handel und After Sales bei Umsatz und Bruttoertrag. Der Fahrzeughandel machte im Durchschnitt etwa 80 Prozent der Umsätze, ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr aus und steuerte 38 Prozent der insgesamt erzielten Bruttoerträge bei. Damit blieb das Ersatzteil- und Werkstattgeschäft (Schmierstoffe!) mit 55 Prozent (gegenüber 56 Prozent in 2008) der Bruttoerträge immer noch der wesentliche Ertragbringer. Für das aktuelle Jahr dürfte dies in deutlich höherem Maße gelten, weil sich die in 2009 erzielten Erträge aus sonstigen Umsätzen, im Wesentlichen Dienstleistungen und Provisionen, vor allem aus der Vermittlung von Finanzierung, Leasing und Versicherungen, zusammen mit dem Fahrzeuggeschäft vermutlich bereits wieder auf Talfahrt befinden. Dieses Segment hatte in 2009 immerhin 7 Prozent des gesamten Bruttoertrags erbracht.Aufwand: Beträchtliche VarianzAuch für die Betrachtung des Personalaufwands gilt der obige Hinweis auf die im abgelaufenen Jahr aufgetretene beträchtliche Varianz, die sich hinter der Durchschnittszahl verbirgt. Die Bandbreite reicht von harten Sparmaßnahmen (z. B. Streichung des Weihnachtsgelds) über das Einfrieren des Inflationsausgleiches bis zur Sondervergütung für Überstunden und Erfolg. Im Durchschnitt allerdings machte der Personalaufwand im Vorjahr 7,9 Prozent vom Umsatz aus. Hierbei macht sich nach unserer Beobachtung der Ausbau des personalintensiven Servicegeschäfts bemerkbar. Der Rückgang des sonstigen Betriebsaufwands ist weniger auf Einsparungen in absoluter Summe zurückzuführen, sondern das rechnerische Ergebnis aus der Anwendung des gestiegenen Umsatzes im Divisor bei nur leicht gestiegenen Aufwendungen in absoluter Höhe.Sinkendes Zinsniveau beflügelt UmsatzrenditeDie Verdreifachung der im statistischen Durchschnitt erzielten Umsatzrendite geht bei weitem nicht auf die Umweltprämie und das verbesserte Service- und Teilegeschäft zurück. Eine deutliche Hilfestellung leistete das gesunkene Zinsniveau in Verbindung mit dem niedrigeren Finanzierungsvolumen aufgrund des Herunterfahrens der Fahrzeugbestände. In Relation zum Umsatz betrug die Ersparnis gegenüber dem Jahr 2008 immerhin 0,2 Prozentpunkte. Das heißt ohne diese Hilfestellung hätte die Umsatzrendite die magische 1-Prozent-Marke nicht übersprungen. Hans-Günther Barth, Wirtschaftsprüfer/CPA, Steuerberater, www.raw-partner.deLesen SIe hier...... wie das Strohfeuer der Umweltprämie im Geschäftsjahr 2009 die durchschnittliche Umsatzrendite der Autohäuser auf 1,2 Prozent klettern ließ und gleichzeitig eine sehr große Renditestreubreite bewirkt hat.Kurzfassung1. Die wirtschaftliche Entwicklung verlief im Jahr 2009 für die Autohandelsbetriebe sehr unterschiedlich, ausschlaggebend war der Umfang der Begünstigung durch die Umweltprämie.2. Trotz der staatlichen Förderung blieben die im Fahrzeughandel erzielten Erträge hinter den Möglichkeiten zurück; ursächlich waren Rabatte auf ohnehin subventionierte Neuwagenverkäufe und der dadurch beschleunigte und verschärfte Preisverfall auf dem Gebrauchtwagenmarkt.3. Aus den unter Punkt 2 genannten Gründen war auch in 2009 das Servicegeschäft erfolgsentscheidend.4. Eine durchschnittliche Umsatzrendite von 1,2 Prozent sieht nach langen Jahren des „Herumkrebsens“ um die 0,5-Prozent-Marke gut aus, geht aber wesentlich auf die krisenbedingten Sondereffekte Umweltprämie und Absinken des Zinsniveaus zurück.Ertragskennzahlen (in % vom umsatz)20022003200420052006200720082009Rohertrag17,917,317,816,616,015,715,115,5Personalaufwand-10,4-9,3-9,9-8,7-8,6-8,3-7,9-7,9Sonstiger Betriebsaufwand-5,0-5,2-5,2-5,0-4,3-4,5-4,9-4,7Betriebsergebnis2,52,82,72,93,12,92,32,9Zinsen-0,8-0,9-0,8-1,1-1,0-1,0-0,9-0,7Mieten/Gebäude-Abschreibung-1,4-1,4-1,3-1,1-1,1-1,3-1,0-1,0Jahresergebnis0,30,50,60,71,00,60,41,2Kommentar< Die Umweltprämie war eine Wohltat für viele Autohäuser, zumal viele derjenigen davon profitieren konnten, die seit Jahren mit roten Zahlen kämpfen. Ein Blick auf die fehlende Beschäftigungs- und Investitionswirkung hieraus sowie auf die aktuelle Misere im Kfz-Markt zeigt jedoch, dass strukturelle Verbesserungen überfällig sind. Solange die stereotype Antwort auf jedwede Anforderung an das Gemeinwesen die Erhöhung der Steuer- und Abgabenlast ist, solange das Automobil als Umweltsünder Nr. 1 gebrandmarkt bleibt, glaubwürdige verkehrs- und umweltpolitische Ansagen fehlen und die tiefgreifende Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt anhält, werden kurzfristige Sonderprogramme nicht wirklich helfen. Die Pleitewelle (unser Beitrag im letzten Heft) ist traurige Bestätigung hierfür. >UmsatzverteilungVerteilung des BruttoertragsHandel

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