Fabrikatshandel: Fester Betrag als Grundsicherung

Es war eine Überraschung, mit der ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann und Anwalt Christian Genzow auf der Bundestagung des Kfz-Gewerbes Mitte September in Frankfurt aufwarteten. Sie präsentierten einen neuen Lösungsansatz für die derzeitigen Probleme in der Branche: das Kommissionsagentursystem. Hauptargument: Im Kommissionsgeschäft werde zwischen Hersteller und Handel ein fester Preis vereinbart. Nach Genzows Auffassung der einzige Weg, um die Rabattschlacht zu beenden. Der Händler erhält für seine Leistung als Provision und Aufwendungsersatz einen gesicherten Betrag pro verkaufter Einheit. Verkauf im eigenen Namen und auf eigene Rechnung möglich Nachdem der letzte Anlauf, in der Branche ein neues Geschäftsmodell einzuführen, nichts gebracht hat, nun also ein neuer Versuch. Nicht mit neuen Margenmodellen kleckern, sondern gleich mit einem neuen Vertriebssystem klotzen. Begründung: Änderungen in den Margensystemen allein reichen nicht, weil sie die Verkaufsprämien, die zu den ungleichen Konditionen führen, nicht berücksichtigen. Schon zuvor hat es immer wieder Überlegungen in Richtung Agentursystem gegeben, wobei damit eher das Handelsvertretersystem à la Mercedes-Benz gemeint war. Gestört hat dabei aber viele Händler, dass sie nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkaufen konnten. "Das ist beim Kommissionsagentensystem anders", wirbt Woltermann. Für das Kommissionsagenturmodell spricht: Der Hersteller gibt den Preis vor, der Handel kann sich gegenüber dem Kunden stets darauf berufen. Sein Verdienst ist durch Provision und Aufwendungsersatz gesichert. Das Finanzierungsrisiko des Fahrzeugs bis zur Übergabe an den Kunden trägt der Hersteller. Ein Vorteil für den Händler gegenüber dem jetzigen System. Das Risiko der Bezahlung durch den Kunden trägt weiterhin der Händler. Das ist der Vorteil des Herstellers gegenüber dem Direktvertrieb. Eine Win-Win-Situation für Hersteller und Händler also. Andere Branchen machen es vor Besonders verbraucherfreundlich ist das Konzept aber nicht: Die Rabattschleuderei wird durch die Preisbindung definitiv eingedämmt. Die Gefahr, dass die EU-Kommission hier einschreiten könnte, sieht Genzow auch. Allerdings gebe es die gewünschte Konstruktion in anderen Branchen schon und so habe man Verbündete. Außerdem könne man, wenn es darüber zu Verhandlungen komme, im Gegenzug wieder mehr Händlerschutzbestimmungen einfordern, meint der Anwalt. Die Reaktion der Händler im Saal war verhalten. Es könne nicht eine Lösung für alle Fabrikate geben, war die erste Einschränkung, die gegen einen neuen Branchenansatz spricht. Und man könne die Nachlässe auch durch Verzicht auf einen Teil der Händlervergütung geben. Oder durch Überzahlung des Gebrauchtwagens. Das stimmt zwar, räumte Genzow ein, aber hier würde es sich dennoch nur um Einzelfälle handeln, die man nicht großflächig bewerben könne, wie derzeit die Rabatte. Und noch ein rein betriebswirtschaftliches Argument brachte Händler Franz Xaver Hirtreiter vor: "Wenn der Hersteller nicht bereit ist umzudenken, wird er viele Händler verlieren." Keine Denkverbote Jürgen Karpinski, der neue Mann an der Spitze des Branchenverbandes, hatte zuvor die Devise ausgegeben: Um die Wirtschaftlichkeit im Handel und damit seine Existenz langfristig zu sichern, darf es keine Denkverbote geben: "Zukunftssichernd wäre zum Beispiel eine Grundvergütung für die Leistungen des Handels, die unabhängig von der Nachlasssituation und den Margensystemen ist", so seine Überlegung. Denn, so seine Analyse der Lage in der Branche, für vieles, was auf dem Markt passiert, kann der Handel nichts: Von den drei Millionen Zulassungen hierzulande werden lediglich zirka eine Million von Vertragshändlern verkauft. Hersteller haben den Direktvertrieb über eigene Niederlassungen und die Eigenzulassungen ausgeweitet. Der Markt der gewerblichen Kunden wird größtenteils von den Herstellern direkt bearbeitet. Händler- und Herstellerzulassungen machen als junge Gebrauchte den Neuwagen ernsthafte Konkurrenz. Autovermieter drücken ihre jungen Fahrzeuge in den Markt und werben mit Einsparungen von 50 Prozent und mehr. Risiken aus dem Leasing- und Finanzierungsgeschäft muss aber der autorisierte Händler tragen. Die Zahl der Automodelle steigt mit der Folge, dass immer mehr Vorführwagen vorgehalten werden müssen. Bedeutung des Internets hat weiter zugenommen Seit dem letzten Vorstoß des ZDK in Sachen neues Geschäftsmodell hat die Bedeutung des Internets im Handel auch noch zugenommen: Im Jahr 2013 wurden bereits zwischen 50.000 und 75.000 Einheiten über Internetportale wie MeinAuto.de oder Autohaus24.de vermittelt, schätzt ZDK-Vizepräsident Ulrich Fromme. Aber auch Internetbörsen wie mobile.de mischen mehr und mehr in diesem Geschäft mit: Derzeit sind dort laut Fromme ständig über 60.000 Neuwagen eingestellt. Der dadurch angeheizte Preiswettbewerb gefährde die wirtschaftliche Substanz im stationären Automobilhandel ernsthaft. Dass im Schulterschluss zwischen Handel und Hersteller dieser Entwicklung entgegengewirkt werden kann, zeigen die neuesten Erfolge, meint Fromme. Der Ford-Internet-Präsenzhandelsbonus holt die Angebote aus dem "Dark room", die Anbieter müssen sich outen. Auch die Kampagne der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen, die intensiv dafür warb, dass der Automobilhandel gemeinsam mit dem jeweiligen Hersteller ein eigenes und aufeinander abgestimmtes Suchmaschinenmarketing betreibt, um bei den Suchergebnissen vor den Neuwagenportalen zu erscheinen, war erfolgreich. "Heute finden sich Hersteller und Händler unter den oberen Suchergebnissen. Erst weit abgeschlagen werden die Internetportale gelistet... Den Portalen wird es ganz offensichtlich Schritt für Schritt zu teuer, bei den Suchmaschinen zu werben", freut sich Fromme. Ohne Handel vor Ort geht es nicht Diese Freue trübt sich aber ein wenig, wenn man sich beispielsweise die Aktivitäten zum Future-Retail-Konzept von BMW ansieht. Denn dann kommen Zweifel, ob Hersteller und Handel bei den Internetstrategien an einem Strang ziehen. Da könnte man auf die Idee kommen, dass der Hersteller künftig den Vertrieb übernimmt und dem Handel gewisse Aufgaben überträgt, für die er dann eine - hoffentlich angemessene - Vergütung erhält. Bei den Großkundengeschäften im Volkswagenkonzern zum Beispiel erhält der Handel für seine Arbeit eine Vergütung von vier Prozent. Denn ohne den Handel vor Ort geht es dann doch nicht. Auch Prof. Stefan Reindl vom IFA- Institut zieht diesen Schluss: Bei der Kundenbetreuung ist der Handel immer noch das wichtigste Element. Aber: Der Hersteller wird sich wahrscheinlich in Zukunft noch mehr als bisher in den Vertrieb einmischen, denn die 18 Prozent Marge, die die Händler durchschnittlich bekommen, sind der größte Brocken bei den möglichen Einsparungen im Vertrieb, so der Wissenschaftler. Beginn einer Diskussion Ob der Ansatz Kommissionsagentursystem umsetzbar ist, muss sich herausstellen. Die Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen hat den aktuellen Vorschlag noch gar nicht diskutiert. Auch Woltermann und Genzow gehen nicht davon aus, dass mit diesem Lösungsvorschlag eine schnelle Änderung herbeigeführt werden kann. Allerdings sei es wichtig, mit einem eigenen Vorschlag auf die Hersteller zuzugehen. Bei dem jetzt schon sehr hohen Anteil an Direktgeschäften sei der Weg dahin auch nicht so weit. Die Diskussion ist jedenfalls eröffnet. Kurzfassung Eine Lösung für die Branchenmisere? - Im Kommissionsagenturmodell gibt der Hersteller den Preis vor. Der Händler bekommt Provision und Aufwendungsersatz. Das soll die Rabattschlacht eindämmen.

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