Ausgabe 03/2014: Geld-zurück-Garantie?

Revisionen durch den Hersteller zählen zu den unangenehmen Seiten des Händlerdaseins. Noch unangenehmer kann es werden, wenn der Hersteller nach der Revision erhebliche Rückzahlungsansprüche für Boni und andere mühsam verdiente Vergütungen geltend macht. In diesem Fall sollte der Händler stets die behaupteten Vertragsverstöße genau prüfen, denn oft bestehen die Ansprüche nicht oder nur teilweise.Rückforderungen einkalkuliertNahezu alle Kfz-Hersteller unterhalten ein ausgeklügeltes Revisionssystem, mit dem sie den Handel in regelmäßigen Abständen kontrollieren. Ziel der Revision sollte es eigentlich sein, den Handel auf Fehler bei den Prozessabläufen aufmerksam zu machen, um die Effizienz und die Qualität des Vertriebsnetzes zu steigern. Daneben gilt es Vertragsverstöße aufzudecken und ggf. zu sanktionieren. Dies ist auch im Interesse des Handels, damit die Chancengleichheit im Intra-Brand-Wettbewerb gewahrt bleibt.Doch nicht alle Hersteller beschränken sich auf sachliche Prüfungen, um die Integrität des Vertriebsnetzes zu prüfen. Vielmehr erwecken sowohl der "Ton" der Revisoren als auch die Revisionsberichte häufig den Anschein, dass die Hersteller vornehmlich gezielt nach Möglichkeiten suchen, um Erträge des Handels zurück zu buchen. Es gilt dabei als offenes Geheimnis in der Branche, dass die Hersteller die Rückzahlungen bereits in ihrer Geschäftsplanung einkalkulieren. Zudem messen sie die Qualität ihrer Prüfer u. a. daran, welche Quote (bzw. Betrag) der Prüfer wieder "reinholt".Ungeliebte PrüfungenObwohl viele Händler wissen, dass die Hersteller bei den Prüfungen oft über das rechtlich zulässige Maß hinausgehen, lassen sie die Revisoren zumeist gewähren. Dies ist nachvollziehbar. Schließlich möchte der Händler nicht den Eindruck erwecken, er habe etwas zu verbergen. Zudem befürchten Händler, mit einer Verweigerungshaltung könnten sie bei dem Hersteller in "Ungnade" fallen. Die Quittung lässt meistens nicht lange auf sich warten: Die Revisoren fassen die "Verstöße" gegen Verkaufshilfen und andere Herstellervorgaben in einem Prüfbericht zusammen und empfehlen dem Hersteller, die angeblich zu Unrecht erhaltenen Vergütungen zurückzufordern. In den Prüfberichten lassen die Revisoren nicht selten deutlich erkennen, dass sie entweder keine Kenntnis hinsichtlich der vertragsrechtlichen Lage haben oder sich bewusst über diese hinwegsetzen. Dennoch entsprechen die Hersteller regelmäßig den Empfehlungen und fordern die entsprechenden Beträge ein. Zumeist rechnet der Hersteller dann mit künftigen unstreitigen Vergütungsansprüchen auf, sodass der Händler aktiv werden muss, wenn er die Rückbuchungen verhindern möchte. Hiervor schrecken viele zurück. Wohl aus diesem Grund sehen die Hersteller keine Veranlassung, ihre Vorgehensweise zu überdenken.Ob die Rückforderungsansprüche tatsächlich bestehen, ist in vielen Fällen zumindest äußerst zweifelhaft. Teilweise sind die Ansprüche sogar schlichtweg abwegig. Daher sollte der kontrollierte Händler den Prüfbericht in Ruhe sehr genau studieren und bei den kritischen Punkten Rücksprache mit seinen Mitarbeitern halten. Keinesfalls sollte er den Inhalt des Berichts sofort per Unterschrift anerkennen. Ausreichend ist eine Bestätigung, dass die Revision stattgefunden hat.Wie der Handel prüfen kannDie erste Frage, die sich der Handel stellen sollte, lautet: Worauf stützt der Hersteller seinen Anspruch und handelt es sich dabei um eine vereinbarte Klausel? Dagegen kann insbesondere sprechen, wenn der Hersteller die angeblich einschlägige Bestimmung in einem Rundschreiben kommuniziert hat, das der Händler nicht gegengezeichnet hat. In einem solchen Fall fehlt es oft an einer (verbindlichen) Vereinbarung. Zudem muss der Hersteller nachweisen, dass tatsächlich ein Vertragsverstoß vorliegt. Ein solcher Nachweis ist für die Hersteller häufig eine hohe Hürde. So muss der Hersteller bei Wiederverkäufergeschäften bei jedem einzelnen Fahrzeug belegen, dass der Kunde es als Neuwagen weiterverkauft hat. Bei Vorführwagen muss der Hersteller konkret darlegen, dass der Händler gegen die Mindesthaltedauer verstoßen hat. Hierfür reicht es zumeist nicht aus, dass die Fahrzeugakte eine "kleine Lücke" aufweist. Wichtig ist zudem, dass es sich bei nahezu sämtlichen Vergütungsbestimmungen für den Handel juristisch betrachtet um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Denn hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Klauseln ausdrücklich als "AGB" bezeichnet sind. Ausreichend ist vielmehr, dass der Hersteller die Regelungen für alle Mitglieder des Vertriebsnetzes einseitig vorformuliert hat. Ist eine AGB unklar, geht dies zulasten des Herstellers. Ist zum Beispiel bei einer Verkaufshilfe unklar, ob sie für alle Fahrzeugmodelle gilt, ist sie daher im Zweifel bei jedem Fahrzeug aus dem Modellportfolio des Herstellers gültig.Auch wenn die Sorge vor Herstellerrepressalien viele Händler abschreckt, lohnt sich der Dialog mit dem Hersteller in aller Regel. Vor allem dann, wenn der Händler sein Anliegen dem Hersteller konstruktiv vorträgt. Findet sich keine einvernehmliche Lösung, empfiehlt es sich, den jeweiligen Händlerverband zu kontaktieren. Dies gilt insbesondere bei komplexen Rechtsfragen, die das gesamte Netz betreffen.* Dr. Jonathan Ruff ist Mitglied des Commercial Teams bei der Kanzlei Osborne Clarke in Köln. Er berät nationale und internationale Mandanten im Bereich des Handels- und Vertriebsrechts sowie bei den entsprechenden kartellrechtlichen Fragestellungen.KurzfassungDer Handel sollte die von den Herstellern behaupteten Rückforderungsansprüche immer sehr genau prüfen. In vielen Fällen bestehen die Ansprüche nicht oder nur in einem geringen Umfang. Wichtig ist hierbei, dass Unklarheiten bei den Vergütungsbestimmungen zulasten des Herstellers gehen.

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