Volvo: Größere Rolle für Gebrauchte

Schon in 2020 sollen die Plug-In Hybride und der Elektro-SUV 30 Prozent der Zulassungen von Volvo hierzulande ausmachen. Das Geschäftsmodell der Vertragswerkstätten ist derzeit aber auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ausgerichtet. Im Gespräch erläutert Volvo Car Germany-Geschäftsführer Thomas Bauch, was bei der Marke in Deutschland anders werden soll, um sich auf die neue Situation einzustellen.AH: Volvo geht in vielen Bereichen neue Wege: Jeder Bereich soll dabei die Transformation zur E-Mobilität und zum Mobilitätsunternehmen in den Mittelpunkt stellen. Was bedeutet das für den Handel?T. Bauch: Wir haben begonnen, gemeinsam mit dem Handel die Rahmenbedingungen festzulegen, die notwendig sind, um uns für das Zeitalter der Elektromobilität optimal aufzustellen. Im Wesentlichen geht es darum, wie eine Werkstatt für die Elektromobilität organisiert sein muss und wie die Leistung, die die Werkstatt verkauft, an den Kunden berechnet werden kann, damit das für den Handel ein positives Geschäftsmodell ist. Wir haben in diesem Zusammenhang anerkannte Automobilexperten beauftragt, eine entsprechende Studie zu erstellen. Die Komplexität dieses Themas hat auch die Experten überrascht. Die ersten Erkenntnisse haben wir den Händlern, Werkstattleitern und Serviceberatern im Rahmen unserer Customer Service Tagung im Januar vorgestellt und mit ihnen diskutiert. Das von uns beauftragte Beratungsunternehmen wird jetzt daraus ein Rechenmodell erstellen und dieses dem Handel spätestens bis zur Jahresmitte zur Verfügung stellen. Damit sind dann unsere Volvo Partner in der Lage, ihre Basiskalkulation aufzubauen.Geringere AusfallzeitenAH: Volvo Car Germany hat auch sein Management-Team umgestellt. "Uptime" heißt zum Beispiel eine neue Funktion, die jetzt der frühere Direktor Customer Service, Frank Denzin, einnimmt. Er soll unter anderem dafür sorgen, dass bei der Nutzung der Fahrzeuge, beispielsweise von Care by Volvo, geringe Ausfallzeiten durch Wartung entstehen und somit die Zahl der Betriebsstunden erhöht wird. Wie stellen Sie sich das vor?T. Bauch: Wenn wir wie bei Care by Volvo in der Situation sind, dass der Kunde nicht mehr für die Überlassung im Sinne der Eigentumsübertragung des Fahrzeugs, sondern für dessen Nutzung bezahlt, ist es für das Geschäftsmodell schädlich, wenn die Nutzung nicht möglich ist - denn dafür bezahlt der Kunde ja. Deshalb ist die Aufgabe von Frank Denzin und seinem Team dafür zu sorgen, dass die Nutzung lückenlos möglich ist. Er muss sicherstellen, dass die Fahrzeuge in die richtigen Werkstätten kommen, dass die Ersatzteile schnell genug da sind, dass der Kunde unter Umständen mit einem Übergangsfahrzeug versorgt wird.AH: Und was bedeutet das für den Händler? Längere Öffnungszeiten?T. Bauch: Die Aufgabe des Händlers ändert sich nicht. Lediglich der Auftraggeber ändert sich: statt dem Kunden, ist es jetzt Uptime, das die Aufträge vergibt. Längere Öffnungszeiten sind deshalb nicht notwendig.Neuer Vertrag für Care by VolvoAH: Nutzung statt Besitz ist das Stichwort für Care by Volvo. 4,5 Prozent des Geschäfts in Deutschland wurden 2019 nach Ihren Angaben über diesen Weg erzielt. Mittelfristig planen Sie zehn Prozent der Autos hierzulande über Abos zu vermarkten. Für die Händler sind die Dienstleistungen, die sie für Care by Volvo erbringen sollen, bisher nicht lukrativ. Eine neue Vereinbarung soll geschlossen werden. Werden die Konditionen besser?T. Bauch: Ohne im Detail für Care by Volvo sprechen zu können: Es gibt einen neuen Vertrag, der ab dem zweiten Quartal wirksam werden soll. Dieser Vertrag ist mit dem Händlerverband eingehend diskutiert und verabschiedet worden. Ich denke, dass die Volvo Partner mit dem, was da drinsteht, zufrieden sein werden.Mehr Gewicht auf GebrauchteAH: Der frühere Vertriebschef Ralph Kranz entwickelt nun den neuen Geschäftsbereich, in dem Service- und Gebrauchtwagengeschäft unter einem Dach zusammengeführt werden. Was soll das bringen?T. Bauch: Die Gebrauchtwagen spielen grundsätzlich für die Automobilindustrie in den nächsten Jahren eine größere Rolle, weil im Zuge der Elektrifizierung die Fahrzeuge teurer werden. Insofern stellen Gebrauchtwagen für den Kunden einen leistbaren Einstieg in die Marke dar. Dieser Einstieg in die Markenwelt gelingt nur dann, wenn die Marke gegenüber dem Kunden auch beim Gebrauchtwagen ein Herstellerversprechen abgibt. Wir haben Ende letzten Jahres einen Pilotversuch gestartet, in dem wir für Kunden, die einen Gebrauchtwagen aus unserer Handelsorganisation gekauft haben, eine Garantie ausgesprochen haben, die der Neuwagengarantie nicht nachsteht.Das werden wir für die Zukunft prüfen: Wie sind wir als Hersteller in der Lage, den Kunden für einen Gebrauchtwagen, den der Kunde bei unserer Handelsorganisation kauft, ein Herstellerversprechen abzugeben, das den Kunden auch an die Marke Volvo bindet? Das ist das neue Aufgabenfeld von Ralph Kranz. Dazu gehört das Thema Garantie. Dazu gehört auch ein entsprechender Aufbereitungsstandard. Wenn dem Kunden ein Versprechen gemacht wird, muss das standardisiert werden.Es gibt noch einen zweiten Aspekt, warum das für das Geschäftsmodell des Handels wichtig ist: Der vollelektrische Wagen verändert die Rahmenbedingungen für die Werkstätten erheblich. Im Moment ist das Geschäftsmodell der Vertragswerkstätten auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ausgerichtet. Insofern ist es ein natürliches Interesse unserer Unternehmer, so lange wie möglich Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren über dieses Geschäftsmodell zu bedienen.Den größten Bruch haben wir bei Kunden, die die Werkstätten nicht mehr besuchen, weil der Wagen als Gebrauchtwagen verkauft wird - egal ob an Händler oder an privat. Oder wenn ein Kunde einen gebrauchten Volvo nicht bei unserer Handelsorganisation kauft. Deswegen haben wir ein sehr starkes Interesse uns mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ein Kunde, der heute mit seinem Fahrzeug nicht mehr in die Volvo Vertragswerkstatt kommt, ist auch ein potenziell verlorenes Gebrauchtwagengeschäft. Die Kenntnisse, die wir über den Fahrzeugbestand haben und die im Moment nur für die Werkstatt genutzt werden, wollen wir jetzt bündeln und auch für das Gebrauchtwagengeschäft nutzen. Zum Beispiel gibt es unter Umständen einen Kunden, der ein Fahrzeug sucht, das wir im Service haben, und auf der anderen Seite einen Kunden, der so ein Fahrzeug hat und sich verändern will.GebrauchtwagenleasingAH: Der Versuch, Fahrzeuge länger in der Fabrikatswerkstatt zu halten, ist nicht neu. Warum sollte das jetzt klappen?T. Bauch: Wir haben zum Beispiel jetzt ganz aktuell unseren Händlern ein Leasingmodell angeboten, mit dem ein Neuwagen am Ende der Vertragslaufzeit über die gleiche Leasingstruktur auch als Gebrauchtwagen verleast werden kann - bis zu einer Gesamtdauer von rund sechs Jahren. Dieses Angebot entwickelt sich beim Handel gerade zum Renner. Und beim Gebrauchtwagenleasing ist der Kunde auch wieder an die Markenwerkstatt gebunden.Weitere MarkenAH: In diesem Jahr soll Lynk & Co. in Europa eingeführt werden. "Wahrscheinlich" auch in Deutschland, hat Samuelsson auf der Jahresbilanzpressekonferenz gesagt. Sollen die Volvo-Händler den Service übernehmen?T. Bauch: Der Volvo Händlerverband steht schon in sehr engem Austausch mit Lynk & Co. Ich kann aber nicht für diese Organisation sprechen. Nur so viel: Mir ist bekannt, dass das Bestreben besteht, es so zu machen. Es gibt schon entsprechende Vereinbarungen. Aber die Markteinführung von Lynk & Co. in Deutschland ist noch nicht für 2020 bestätigt worden.AH: Und wie sieht das bei Polestar aus?T. Bauch: Bei Polestar ist das schon weiter konkretisiert. Polestar-Fahrzeuge stehen ja schon in Deutschland direkt vor der Auslieferung. Die Volvo-Händler sind in die Serviceorganisation von Polestar über die Uptime-Organisation von Frank Denzin eingebunden.AH: Musste dafür eine neue Vereinbarung unterzeichnet werden?T. Bauch: Nein, für den Service von Polestar wird auf den Volvo-Werkstattvertrag zurückgegriffen. Dieser wird lediglich um ein Service Level Agreement ergänzt.AH: Machen das alle Volvo-Händler?T. Bauch: Nein, Polestar hat die Zusammenarbeit aufgrund der noch limitierten Anzahl an Fahrzeugen, um die es derzeit geht, nur einem Teil der Händler angeboten. Wir haben für die Netzabdeckung in einem ersten Schritt einen Vorschlag gemacht. Diesen Vorschlag hat Polestar angenommen und den entsprechenden Partnern ein Angebot unterbreitet. Im Moment sind das nicht ganz zehn Prozent der Volvo-Vertragswerkstätten. Das ist die Startkonfiguration. Wenn das Volumen wächst, muss man auch auf ein etwas größeres Netz zurückgreifen. Aber auch da ist unser Händlerverband eingebunden.AH: Herr Bauch, vielen Dank für das Gespräch!KurzfassungNeue Organisation und Berechnungen in der Werkstatt, Gebrauchtwagenleasing mit Neuwagengarantie, neue Aufbereitungsstandards und die Betreuung verbundener Marken im Service - Volvo arbeitet mit seiner Handelsorganisation an Änderungen.

Hyundai Motor Deutschland: Ralph Kranz wird neuer Vertriebschef

Produktsicherheit im Handel: ZDK kritisiert neue EU-Verordnung

Luxus trifft auf Tradition: Aston Martin eröffnet City Store in Nürnberg

Übernahme von Schneider Automobile in NRW: Glinicke weiter auf Expansionskurs

VW-Tarifstreit: IG Metall drängt auf Einigung

Alle Schlagzeilen

Volvo: Größere Rolle für Gebrauchte

MEISTGELESEN

Mercedes-Benz: Vier Wechsel im Vorstand

VCDP-Mitgliederversammlung: Stellantis bewegt sich auf Vertragshandel zu

Autohaus-Verkaufspläne von Mercedes: Konstruktive Gespräche

STELLENANGEBOTE

Werkstattmeister Karosserie (m/w/d)

Handelsmarketingberater Automotive (m/w/d) im Außendienst

KFZ - Mechatroniker (M/W/D) - Ferrari

Leiter IT (w/m/d)

Audi Kfz-Mechatroniker (m/w/d)

WEITERLESEN

NEWSLETTER