Die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) kann die aktuellen Probleme der Kfz-Branche nicht lösen. Darüber waren sich alle Teilnehmer einer Podiumsdiskussion auf dem 13. Tag der Automobilwirtschaft einig. Gebraucht werden vielmehr lebende Geschäftsmodelle, die sich auf die Veränderungen der Märkte einstellen und eine gute Plattform für Händlerleistungen schaffen. Auch kleine Netze können hilfreich sein.
Am Mittwoch diskutierten in Nürtingen Vertreter von Herstellern und Händlern mit Wissenschaftlern und Rechtsexperten über die Zukunft des Automobilhandels mit Blick auf die Neuregelung der GVO. Branchenanwalt Uwe Brossette betonte, dass die GVO nicht unmittelbar gelte, sondern einen Umsetzungsschritt brauche. Wenn die Hersteller und Importeure also die Verträge nicht änderten – entweder im gegenseitigen Einvernehmen oder über die Kündigung –, ändere sich gar nichts.
Audi-Vertriebsleiter Michael-Julius Renz erklärte, dass der Hersteller zwar "nachladen könne", weil die neue GVO die Möglichkeit biete, die Händler stärker zu beschneiden. Es läge aber gar nicht im Interesse des Herstellers dies zu tun. Vielmehr gehe es darum eine "Plattform für Leistungen zu schaffen". Allerdings räumte Renz ein, dass das Servicenetz bei Audi überbesetzt sei. Die Hälfte der autorisierten Werkstätten würde weniger als 3.000 Stunden pro Jahr verkaufen. "Da haben wir Handlungsbedarf", so der Manager.
Toyota Deutschland-Chef Ulrich Selzer sagte, dass in der aktuell schwierigen Geschäftslage die rücksichtslose Durchsetzung von Standards kontraproduktiv wäre. Bei der japanischen Marke zähle Herz statt Größe, Solidarität statt Vertrag. "Wenn sie ein Netz aktivieren wollen, brauchen sie Vertrauen und den Einsatz jedes Einzelnen." Das könne kein Vertrag der Welt leisten.
Neue Märkte, neue Geschäftsmodelle
Peter Ritter, Präsident des Mercedes-Benz Vertreterverbandes, betonte, dass es seinem Verband gelungen sei, mit dem Hersteller vernünftige Lösungen in den kritischen Fragen der neuen GVO zu finden. Sein Fazit: "Wir brauchen lebende Geschäftsmodelle, die sich auf Veränderungen der Märkte einstellen."
Unternehmensberater Walter Missing warb für Franchisesysteme im Autohandel als Zukunftsmodell. Für den früheren Mercedes-Manager würden durchgängige Prozesse zwischen Hersteller und Händler viel Kraft, Zeit und Geld sparen und die Marken erfolgreicher machen.
"Segensreiche" Netzreduzierungen
ZDK-Präsident Robert Rademacher erläuterte, dass die Netzreduzierung bei Porsche und Mercedes-Benz für die verbleibenden Partner "segensreich" gewesen seien. Für ihn ist klar, dass zu viele Partner in einer Region für den Erfolg einer Marke ebenso abträglich sind, wie zu viel produzierte Fahrzeuge.
Diskussionsleiter Prof. Stefan Reindl fasste zusammen: Die Revolution im Automobilhandel wird wohl auch mit Inkrafttreten der neuen GVO ausbleiben. Die Weiterentwicklung der bestehenden Geschäftsmodelle ist aber notwendig.