Ausgabe 17/2012: Immer nah am Handel

Immer nah am Handel90. Geburtstag – Hans-Erdmann Schönbeck lernte das Automobilgeschäft bei der MAHAG, wurde Vertriebsvorstand bei Audi-NSU, danach bei BMW. Die Krönung war die Berufung in das Amt des Präsidenten des VDA sowie des Verbandes der Europäischen Automobilindustrie CLCA. von Prof. Hannes BrachatWelcher Automobilmanager kann auf eine Vita verweisen, die im Automobilhandel ihren Ursprung hat, ihre Fortsetzung in Vorstandspositionen bei der Automobilindustrie findet und in nationalem und europäischem Verbandswirken als VDA- und CLCA-Präsident zum glänzenden Finale wird? Hans-Erdmann Schönbeck kann das. In diesen Tagen feiert die Branchengröße den 90sten Geburtstag. Ein sehr guter Anlass, einige Stationen aus seinem bewegten Leben Revue passieren zu lassen. „Geschwader Schutzengel gehabt“Was wenige wissen: Am 22. Januar 1943 lag der 1,83 Meter große Panzeroffizier, abgemagert auf 45 Kilogramm, erblindet in einem Erdloch in Stalingrad und wurde mit der letzten deutschen Maschine, die Stalingrad verließ, ausgeflogen. Schönbeck: „Ich habe ein Geschwader Schutzengel gehabt.“ Über einen Vorgesetzten kam er später zur Gruppe um Graf Stauffenberg. Seine Eltern hatten in der Nähe von Breslau einen Gutshof, den sie verlassen mussten. Und so kam Hans-Erdmann Schönbeck wie 10 Millionen Heimatvertriebene nach Deutschland. Vor wenigen Jahren wurde er beim Film „Stalingrad“ als militärischer Berater hinzugezogen. Auch Guido Knopp drehte beim ZDK einige Sentenzen mit ihm. Auto und Mahag Ende des Krieges kam Schönbeck nach Gräfelfing bei München. Das sollte seine neue Heimat werden und bis heute bleiben. In München nahm er, von zu Hause aus landwirtschaftlich geprägt, an der Technischen Universität ein Agrarstudium auf. Im Jahr 1948 trat für ihn ein Überlegungswandel ein und er setzte auf das Automobil. Noch im gleichen Jahr führte er ein Vorstellungsgespräch bei der Mahag und wurde prompt genommen. „Mein Ziel war der Verkauf. Und die Wandlung ist mir nach einem Jahr auch gelungen. Als ich im Verkauf den ersten Großauftrag brachte –, eine halbe Tagesproduktion in Wolfsburg – wurde man an verschiedenen Stellen – auch in Wolfsburg – auf mich aufmerksam. Ich wurde dann für drei Monate zu Fleischhauer nach Köln geschickt. Dort bin ich Walter Franz heute noch dankbar für die vielen Impulse, die er mir gab.“ Schon damals erkannte man Schönbecks herausragende Fähigkeiten. „Nach meiner Rückkehr aus Köln wurde mir im Außendienst die große Region München-Oberbayern übertragen, und ich habe dort neue Händler eingesetzt. Und so lernte ich den Handel in all seinen Facetten kennen und schätzen. Frau Haberl hat mich dann als Verbindungsmann zu Wolfsburg positioniert. 1957 kam dann Fritz Haberl, der in Amerika bestens ausgebildet wurde und hier noch eine Technikausbildung und ein Diplom-Kaufmann-Studium absolviert hatte, nach Köln in die Firma. Ich habe vor Fritz Haberl und seiner Art zu arbeiten immer Respekt gehabt, auch schon damals, als er die Firma übernahm. Wir wussten und waren uns einig, dass für uns beide auf Dauer kein Platz war. Und so kam ich 1968 nach Wolfsburg“, berichtet der Jubilar.AutoUnion und NSU-VertriebsvorstandDer Vorstandsvorsitzende Prof. Kurt Lotz bot Schönbeck die Stelle als Vertriebschef und stellv. Vorstandsmitglied der „Auto Union GmbH“ an. Der damalige Entwicklungschef Kraus öffnete ihm dann in Ingolstadt die Planungstüren, zeigte Schönbeck den neuen Audi 100, und das war für Schönbeck Liebe auf den ersten Blick. 1969 folgte die Verschmelzung von Auto Union und NSU und Schönbeck wurde etwas später Vorstand für den Vertrieb der zusammengeführten Marken. Respekt vor dem HandelSchönbeck zum Thema Handel: „Das Thema wird immer ein Thema bleiben. Ich wünschte mir dabei beidseitig eine größere Verständnisebene. Da besteht ein zu großer Abstand. Und je unpersönlicher die Welt dank Globalisierung wird, umso weniger kann das jeweilige Werk seine Händler verstehen. Ich hatte auf all meinen Vertriebsstationen den Handel nicht nur im Auge, sondern war mir stets bewusst, dass ich vom Handel lebe. Ich habe immer den persönlichen Kontakt zum Handel gesucht, bei allen Veranstaltungen, auch international. Ich hatte später bei BMW als Vertriebsvorstand die Aufgabe, die Internationalisierung für den Konzern herbeizuführen. In jedem Land habe ich gleich einen Händlerbeirat gegründet. War ich vor Ort, habe ich immer großen Wert darauf gelegt, mich mit dem Händlerbeirat zu treffen. Mein alter Spruch, zu dem ich auch heute noch stehe, lautet: ‚Ich bin ein Angestellter. Ja, ein hoher Angestellter. Sie, werter Autohändler, Sie sind, auch wenn Ihr Autohaus noch so klein ist, Sie sind ein Unternehmer. Sie haben eine viel größere Verantwortung als ich. Die Last, die Sie als Unternehmer selbst für 23 Mitarbeiter haben, ist im Grunde mehr als meine. Sie sind Risikoträger. So denke ich heute noch.“VW und Audi Und wie kann man die Ehe zwischen VW und Audi charakterisieren? Schönbeck: „Das Verhältnis zwischen Audi und Volkswagen war sehr kompliziert. Volkswagen hat sehr lange gebraucht, um Tochtergesellschaften führen zu können. Das sieht inzwischen mit den zwölf verschiedenen Firmen heute ganz anders aus. Die einzelnen Firmen haben heute – erfreulicherweise – größere Freiheit. Ganz einfach wird das aber nie sein. BMW-Vertriebsvorstand Von 1974 bis 1984 folgten die Jahre bei BMW. Schönbeck schilderte aus dieser Zeit gewichtige Highlights. Die Internationalisierung von BMW war die eine Schiene. Japan, USA, Südafrika u. a. Interessant war die Schilderung Schönbecks, wie es im Rahmen der BMW-Identity zur Farbe Weiß in Kombination mit Silber kam. Im Vorstand war das nämlich nicht zu klären. Die Vorbehalte gegen Weiß waren zu groß. Der Aufsichtsrat, in der Person von Dr. Herbert Quandt sorgte für Klarheit und sprach sich für Weiß aus. Schönbeck: „Es ist mir eine große Freude, dass diese Ausrichtung heute noch mit enormem Leben erfüllt wird.“ Mit 62 Jahren schied der Jubilar beim Münchener Autobauer aus und wurde anschließend in den BMW-Aufsichtsrat berufen. VDA-PräsidentVier Wochen nach Beendigung seiner BMW-Ära starb VDA-Präsident Horst Backsmann. Es war Prof. Werner Breitschwert, Vorstandsvorsitzender von MB, der Schönbeck für die Nachfolge vorschlug. Worin lag das Besondere für Schönbeck, sich nun in der Verbandsarbeit zu engagieren? Schönbeck: „Ich bin ein Machertyp, habe Ja gesagt und wollte mein Wirken ansprechend ausfüllen. Als dann die erste Sitzung der europäischen Verbände in Brüssel stattfand, wurde ich auch zum Präsidenten des Europäischen Automobilherstellerverbandes CLCA gewählt. Auf einmal waren meine Gesprächspartner der Verkehrs-, der Wirtschafts- und der Umweltminister. Und auf gleicher Ebene plötzlich die Kommissare in Brüssel. Und das war plötzlich interessant für mich.“Hans-Erdmann Schönbeck gestaltete zwei Amtsperioden im VDA, bis 1988. Danach war er noch in verschiedenen Gremien als Berater tätig. Die Zeit danach widmete er seiner Familie sowie seinem großen Freundeskreis. Wohnhaft in München-Gräfelfing, hat er nach wie vor eine sehr gute Verbindung zu BMW. Am 9. September 2012 richtet der Hersteller einen besonderen Empfang für ihn aus. Der kluge RatEs folgt ein Rat des Jubilars an die automobile Händlerschaft. „Vergesst trotz aller virtuellen Welten nicht, dass in den Werken Menschen sitzen. Versucht bei aller harter Tagesarbeit und Anstrengung nach Möglichkeit vieles gelassener zu nehmen. Denkt an eure Familien und macht auch daraus schöne Tage. Die Jugend braucht das.“ ■Lesen SIe hier...... über das Leben und Wirken von Hans-Erdmann Schönbeck und warum die Nähe zum Handel so wichtig ist.

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