Keine Beweislastumkehr?

In jüngster Zeit mehren sich die Stimmen, wonach die im neuen Schuldrecht vorgesehene Umkehr der Beweislast nicht für Gebrauchtwagen gelte. Grund hierfür ist die Formulierung des Gesetzestexts. Denn §476 BGB beinhaltet eine Ausnahmeregelung nach der die Beweislast nicht umzukehren sei, wenn die "mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar" sei. Für den AUTOHAUS-Juristen Gernot Haug ein klarer Patzer in der Formulierung des Gesetzestexts. Haug gegenüber AUTOHAUS Online: "Die Formulierung ist höchst interpretationsbedürftig. Wie die Gerichte diesen Passus auslegen werden wird sich erst noch zeigen müssen." Für Haug steht fest, dass die Beweislastumkehr während der ersten 6 Monate nach Gefahrübergang auch für den GW-Handel gelten wird. Haug: "Nur bei sehr alten Fahrzeugen könnte man mit Verweis auf diese Formulierung eine Beweislastumkehr vermeiden." In ähnlicher Weise äußerte sich auch die ehemalige Richterin am Landgericht und jetzige Sprecherin des Bundesministeriums der Justiz Andrea Boehnke auf Nachfrage von AUTOHAUS Online. "Generell läßt sich eine Aufhebung der Beweislastumkehr für den Gebrauchtwagenhandel hieraus nicht ableiten. Jedoch wird die Rechtsprechung erst noch zeigen müssen, in welchen Fällen bzw. Schäden der Ausnahmefall zur Anwendung kommt", so Boehnke. Stellungnahme des ZDK Der Leiter der Rechtsabteilung des ZDK, Ulrich Dilchert, teilte auf Anfrage von AUTOHAUS Online mit, dass der ZDK es zwar begrüßen würde, wenn die Beweislastumkehr ausgeschlossen würde, und auch mit anderen dafür gesorgt habe, dass dieses Thema in die Begründung des Gesetzes aufgenommen wurde. Die EU-Richtlinie habe dem deutschen Gesetzgeber aber keine Chance gelassen, im Gesetz die Beweislastumkehr für gebrauchte Sachen auszuschließen. Dass in der Begründung eine Möglichkeit dafür eröffnet wird, heißt nur, dass die Rechtsprechung so entscheiden kann — aber nicht muss. Dilchert warnt daher dringend davor, sich darauf pauschal zu verlassen. Seiner Meinung nach, liegt es in der Entscheidung eines jeden Unternehmers, sich vor etwaigen Risiken so gut wie möglich zu schützen, zum Beispiel durch Gebrauchtwagen-Garantieversicherungen und/oder Zustandsberichte oder das Risiko einzugehen, diese Frage in einem Rechtsstreit zu klären. Ehe eine Klärung durch den Bundesgerichtshof erreicht werden kann, können Jahre ins Land gehen. German Assistance zum Schreiben des Opel-Händler-Verbandes Zu diesem Thema weist die German Assistance Versicherung AG auf ein Schreiben des Opel-Händler-Verbandes hin, in dem behauptet werde, dass die Umkehr der Beweislast beim Gebrauchtwagenkauf nicht gelte. Begründung: Gebrauchte Fahrzege seien bereits genutzt worden. Dazu sagte Dr. Reinking, Rechtsanwalt in Köln: "Nach der EU-Richtlinie und der Gesetzesnorm des § 476 findet die Beweislastumkehr sowohl bei neu hergestellten als auch bei gebrauchten Sachen Anwendung. Es wäre unzulässig, den Regelfall über die Ausnahmen zu kippen."