Seat Händlerverband: Kleine Wachstumsdelle

Nach jahrelanger Fahrt auf der Überholspur muss Seat derzeit in Deutschland einen Gang zurückschalten. Im zweiten Quartal ging das Neuwagen-Geschäft spürbar zurück. "Wir bewegen uns zwar noch auf einem hohen Niveau. Der Einbruch bei den Auftragseingängen macht uns aber Sorgen", sagte Benno Schulz, Vorsitzender des Seat-Händlerbeirats, Ende Juni in Dresden vor rund 100 Markenkollegen. Einige Kfz-Unternehmer berichteten im Rahmen der Jahreshauptversammlung von Bestellrückgängen von 30 Prozent. Schulz forderte deshalb ein mit dem Importeur abgestimmtes Vorgehen. Kurzsichtigen Zulassungsaktionen erteilte er aber eine Absage. Im ersten Halbjahr 2015 kam Seat auf 48.040 Neuzulassungen (plus 5,3 Prozent) - bei einem Marktanteil von drei Prozent. Entsprechend zufrieden zeigte sich Seat Deutschland-Chef Bernhard Bauer: "Wir schreiben weiterhin eine Wachstumsgeschichte." Die Marke habe nach wie vor Drehmoment. Um dieses hochzuhalten, werde viel in Werbung auf allen Kanälen investiert. "Im Marketing sind wir derzeit präsenter als die Konzernmutter", betonte er. Für die nächsten Monate ruhen die Hoffnungen auf dem Volumenmodell Ibiza, dessen Facelift seit Juli erhältlich ist. 2016 startet das vom Handel sehnlichst erwartete SUV. Dann nimmt der Importeur die Marke von 100.000 Neuzulassungen (93.129 in 2014) ins Visier. Positiv äußerte sich Bauer über die aktuelle CI-Umrüstung im Handel: "Wir eröffnen fast wöchentlich neue Betriebe." Bisher seien 110 Autohäuser entsprechend umgebaut und 44 komplett neu errichtet worden. Schulz sagte mit Blick auf die steigenden Ausgaben in den neuen Handelsplatz: "Wir müssen die Umsatzrendite auf über zwei Prozent stabilisieren, um die Investitionen stemmen zu können." Zugleich gab der Händlersprecher zu bedenken: "Der Kunde kommt nicht wegen der schicken Fassade oder LED-Beleuchtung zu uns, sondern wegen der Produkte und Beratung." In diesem Zusammenhang verwies er auf die komplexen Bonus- und Förderprogramme, die den Autohäusern das Leben schwer machen: "Wir fordern vom Importeur den Abbau von Bürokratie und Standards. Einfache Prozesse sorgen dafür, dass wir uns wieder um die Kunden kümmern können." "Faire Spielregeln" im Internet Dringlichstes Problem bei Seat ist der rabattintensive Internethandel. Schulz forderte "faire Spielregeln" für die gesamte Organisation: "Alle Partner müssen gleich behandelt werden, nicht einige gleicher." Das Verramschen von Fahrzeugen auf Plattformen wie Autohaus24.de oder Meinauto.de schade auch dem Markenimage. Martin Braunheim, Sprecher des Arbeitskreises Sales, sprach von "unverantwortlich hohen Nachlässen", die sich kein Händler ohne fremde Unterstützung leisten könne. "Wir fordern deshalb ein Umdenken und ein Handeln bei Seat Deutschland." Die Seat-Verantwortlichen versicherten, dass die mit 30 Prozent Online-Rabatt angebotenen Fahrzeuge nicht vom Importeur kommen würden. Grundsätzlich sei die Einflussnahme des Herstellers bei Internetvorgaben begrenzt. Bauer: "Wir dürfen nicht den freien Handel in der EU behindern." Er merkte auch an, dass die Internethändler das Geschäft hochprofessionell aufziehen würden. "Wir müssen uns deshalb fragen: Was können wir tun, um in den Suchmaschinen ganz vorne zu stehen?" Der Deutschland-Chef will zeitnah eine Task-Force mit Händlern verschiedener Betriebsgrößen einrichten, um tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Verteuerung im Service Gesprächsbereitschaft signalisierte Seat auch bei anderen Problemen. So beklagten einige Händler den "schlechtesten Modelljahreswechsel" seit langem. Dies gelte vor allem für die Einführung des neuen Ibiza - ohne Förderprogramm und mit umstrittener Erstausstattung. Bauer räumte ein: "Eine Einführung geht sicherlich besser." Weiteren Optimierungsbedarf sehen die Autohäuser bei den langen Lieferzeiten mancher Baureihen, teuren Prospekten und hohen Versandkosten. Im Kundendienst machen den Seat-Betrieben laut Frank Hoppe, Sprecher des AK Aftersales, nicht nur sinkende Auslastungszahlen und Deckungsbeiträge zu schaffen. Es gebe auch eine stetige Verteuerung im Service. Er verwies auf steigende Kosten für Kundenzufriedenheitsstudien, Werkstatttests und Marketing. Kritik übte er auch an der Preisgestaltung bei Ersatzteilen. Immerhin konnte der Händlerbeirat einen "Riesenerfolg" vermelden: So wurde ein Mindeststundenverrechnungssatz von 75 Euro für Karosserie und Mechanik-Arbeiten gegenüber der Volkswagen Autoversicherung AG durchgesetzt.

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