Ausgabe 20/2013: Kreislauf-Training

Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen." Mit diesem Zitat von Benjamin Franklin umschreibt Rainer Ohlenhard, Director Training Shared Services bei Fiat Group Automobiles Germany, das Ziel des Management-Qualifizierungsprogramms Effect: "Es soll eben einen Effekt haben, positive Auswirkungen auf das Business." Die Zielgruppe des vor drei Jahren in Italien gestarteten und bereits 2011 auch in Deutschland angebotenen Programms findet sich in den Autohäusern aller Marken des Fiat-Konzerns: Geschäftsführer, deren Nachfolgegeneration oder Mitarbeiter, denen man ihre Entwicklungsperspektive verdeutlichen möchte.Das Programm hat Ohlenhard zusammen mit Micaela Vacchini, Coordinator Commercial Training beim deutschen Importeur der Fiat-Konzermarken, an die Bedürfnisse des deutschen Marktes angepasst. Es besteht aus vier Modulen, die an jeweils zwei Tagen zwei Themenblöcke behandeln. Dazu kommen zwei eintägige Workshops mit praxisnahen Fallstudien. Über das Jahr verteilt ergibt das zehn Tage Effect-Training."Inhaltlich ist das gesamte Autohaus abgedeckt", sagt Rainer Ohlenhard. "Die Idee war, eine Art Mini-MBA ins Leben zu rufen." So erstrecken sich die Module von der allgemeinen Automobilwirtschaft über das Neuwagen-, Gebrauchtwagenund Servicegeschäft bis hin zu Finanz-, Personal-, Marketing- und Strategiethemen ( s. Grafik nächste Seite). Dozenten sind nicht nur Fiat-Trainer, sondern hauptsächlich Professoren renommierter Hochschulen wie der Technischen Universität München und Unternehmensberater. "Um den Blick von außen hereinzubringen", sagt Micaela Vacchini.80 Teilnehmer in Deutschland14 Effect-Trainings mit insgesamt 270 Teilnehmern organisierte Fiat bislang europaweit, zwei davon mit jeweils rund 40 Teilnehmern in Deutschland. Die drehen sich aber nicht nur um kognitive Inhalte. "Darüber hinaus geht es vor allem ums Netzwerken und um das Markenerlebnis", sagt Rainer Ohlenhard. Dafür stehen auch die Veranstaltungsorte. Nur das erste Modul sowie die Workshops finden in der Frankfurter Fiat-Zentrale statt, die Module zwei bis vier in Italien, einer anderen deutschen Stadt sowie am Nürburgring. "Wir wollen immer ein Addon bieten, einen emotionalen Mehrwert", so Ohlenhard dazu. Auch am Nürburgring: "Alle anderen fahren dort Auto. Wir nicht. Wir wandern die Strecke bei Nacht zu Fuß entlang. 5,4 Kilometer." Da geht es aber nicht nur um gemütliches Spazierengehen, vielmehr zieht Fiat mit diesem Event Parallelen zu Profi-Rennfahrern. "Die müssen im Rennen schnelle Entscheidungen treffen und bereiten sich mit ihrem Rundgang über die Strecke darauf vor", erklärt Ohlenhard. Und gute Vorbereitung wie schnelle Entscheidungen seien ja auch im Autohaus gefragt. Der Besuch des Nürburgrings ist aber noch nicht der Höhepunkt der Effect-Veranstaltung. Denn genau genommen dauert das Training nicht zehn, sondern elf Tage. Um den Autohaus-Mitarbeitern die Fiat-Konzernmarken (noch) stärker näherzubringen, geht es einen weiteren Tag nach Turin. Tagungsort ist dort nicht etwa ein anonymer Hotelkongresssaal, wie es ihn zu tausenden auf der Welt gibt, sondern das Fiat-Hauptquartier. Dort tagen die Effect-Teilnehmer, "wo Sergio Marchionne seinen Sitzungssaal hat. Mit allen Konsequenzen, die es dann gibt. Wir mussten den Raum auch schon wegen kurzfristig anberaumter Meetings des Top-Managements wechseln." Vor allem geht es in Turin aber um das Fiat-Markenerlebnis. "Wir möchten den Teilnehmern die Heimat von Fiat etwas näher bringen", so Vacchini. "Deshalb machen wir auch eine Stadtführung und natürlich eine Werksbesichtigung." Und als Herberge dient ein Hotel im ehemaligen Werk Lingotto, heute ein Kultur- und Messezentrum - die historische Fiat-Teststrecke noch auf dem Dach.Intensiver AustauschDass sich so intensive Kontakte ergeben, versteht sich fast von selbst. "Wir eröffnen den Dialog für ein Netzwerk, das in vielen Fällen weitergeführt wird", sagt Rainer Ohlenhard. Er berichtet von einem offenen Austausch der Beteiligten: "Die Händler kommen ja aus ganz Deutschland und nicht aus unmittelbarer Nachbarschaft, weshalb es keine unmittelbare Konkurrenzsituation zwischen den Teilnehmern gibt." Und Micaela Vacchini ergänzt: "Da haben sich ganz im Gegenteil sogar fachliche Verbindungen ergeben, die extrem gelebt werden." Passend für ein Training, das vor allem auf die strategische Entwicklung der Teilnehmer ausgerichtet ist.Da stört es auch nicht, dass die Teilnehmer bunt gemischt sind. Vom Kleinbetrieb bis zur Niederlassung steht Effect allen Mitarbeitern der Fiat-Handelsorganisation offen. "Das hat sich bewährt", sagt Rainer Ohlenhard. "Denn auf die Ideen der Großen wäre der Kleine manchmal gar nicht gekommen und umgekehrt." Etwa 2.800 Euro plus Übernachtung investieren die Teilnehmer in das Effect-Training. "Das ist verglichen mit anderen Managementseminaren preiswert", sagt Ohlenhard. Gleichzeitig ist ihm bewusst: "Es ist eine Hausnummer, die muss man stemmen. Da muss man schon überzeugt sein, so etwas zu machen."Zufriedene TeilnehmerZwei, die es gemacht haben, sind Michael Bergmann, Leiter der Fiat-Niederlassung Frankfurt am Main, und Jan Sperling, Geschäftsführer des Hamburger Autohauses Sperling und Sohn. Sie waren Teilnehmer eines der ersten beiden deutschen Effect-Trainings, die noch auf 16 Tage angelegt waren. Für beide hat sich die Investition nach eigener Aussage gelohnt. Sperling übernahm während des Trainings gerade das elterliche Autohaus: "Gerade in dieser persönlichen Situation war das Training für mich sehr gut. Und wenn ich in dieser Zeit 1.000 Euro pro Tag für einen Inhouse-Coach ausgegeben hätte, wäre es noch teurer geworden." Und Bergmann sagt: "Effect ist jeden Cent wert."Auch die zeitliche Investition bereuen Bergmann und Sperling nicht. "Ich fand es ok", sagt Michael Bergmann. "Denn das ganze Training ist hochprofessionell, lebendig, interessant." Jan Sperling sagt zwar, dass es durchaus ambitioniert war, alle vier Wochen drei bis vier Tage im Kalender unterzubringen. Aber auch er meint: "Der Zeitaufwand war ok." Dass das Effect-Programm nun auf insgesamt elf Tage gekürzt wurde, käme ihm wohl entgegen: "Man kann das sicher etwas straffen."Besonders positiv empfanden beide den Input von außen. Jan Sperling, Chef von 35 Mitarbeitern, erwähnt einen Vortrag zum Thema Innovationsmanagement, der letztlich in eine Diskussion über die profitable Gestaltung von Reifenwechselaktionen mündete. "Das ist auch etwas, was ich für meinen eigenen Betrieb mitnehmen konnte." Generell herrschte eine sehr offene Atmosphäre, so Sperling. Für ihn ein ganz besonderer Austausch: "Gerade, weil ich zum Zeitpunkt des Trainings den Betrieb komplett von meinem Vater übernommen habe, war es schön, Leute in einer ähnlichen Situation zu treffen." Ähnlich formuliert es Michael Bergmann: "Man sieht: Wo stehe ich selbst und kann auch voneinander lernen." Mit einigen Teilnehmern hält er bis heute Kontakt.Jan Sperling fasst seine Erfahrungen so zusammen: "Es war für mich inhaltlich eine komplett neue Art des Trainings. Und es war eben auch sehr schön, dass man sich mit dieser Gruppe über einen längeren Zeitraum immer wieder zusammengesetzt hat." Sein persönliches Highlight war der Besuch in Turin: "Das war sehr beeindruckend, vor allem auch die Werksführung, die vorher keiner von uns gemacht hat." Michael Bergmann, selbst bereits 15 Jahre in der Fiat-Organisation, sieht die Reise ebenfalls als wichtigen emotionalen Faktor: "Das ist enorm und bindet die Händler an Marke und Organisation." Aber auch beim Besuch der Zentrale spiele das Networking wieder eine Rolle: "Da lernt man Leute kennen, die man sonst nie kennengelernt hätte."Bei Michael Bergmann und Jan Sperling hat das Team um Rainer Ohlenhard sein Ziel, einen praxisnahen Effekt zu erzielen, also auf jeden Fall erreicht. Jetzt starten sie eine neue Runde. Im November beginnt das dritte deutsche Effect-Training. Aber auch die Ehemaligen geraten nicht in Vergessenheit. Zusammen mit Interessenten für das Programm trafen sie sich auf Einladung Fiats im Juni in der Nähe von Aschaffenburg zu einem Management-Symposium, an dem unter anderem der neue Fiat-Deutschland-Chef Éric Laforge teilnahm.Auch Michael Bergmann war unter den Teilnehmern. Mit Blick auf die dortigen Vorträge sagt er: "Das war eine Fortführung des damaligen Trainings." Und: "Das ist natürlich auch Kontaktintensivierung." Jan Sperling dagegen konnte nicht dabei sein. Er hat eines der Trainingsthemen, nämlich die Work-Life-Balance, in die Tat umgesetzt: Sein Sohn feierte am Symposiumstermin zehnten Geburtstag.Kurzfassung1. Das Fiat-Management-Training Effect richtet sich an Geschäftsführer, Nachfolger und Potenzialkandidaten im Autohaus.2. In insgesamt elf Tagen geht es nicht nur um die Vermittlung kognitiver Inhalte, sondern auch um den Ausbau des Netzwerks sowie die Vermittlung des Markenerlebnisses.3. Als Höhepunkt soll den Teilnehmern ein Turin-Besuch die Welt des Fiat-Konzerns näherbringen.

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