Ausgabe 16/2008: Letzte Chance: Erster sein!

Winterreifengeschäft 2008 / Der milde Winter wirkt sich auch in der kommenden Saison noch aus. Frühes Handeln ist gefragt.Letzte Chance: Erster sein!Von Manfred SchlegelDas katastrophale Winterreifengeschäft der letzten Saison war vermutlich nur der Vorbote für das Geschäft in der kommenden Saison. Fakt ist, dass im letzten Winter 17,3 Prozent oder 4,4 Millionen Winterreifen weniger verkauft wurden als im Vorjahr. Nachdem die Industrie immer bereits vor der Saison produziert, lagert ein Großteil dieser 4,4 Millionen Reifen aktuell ein.Riesige LagerbeständeInsgesamt geht der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e. V. (BRV) sogar von Lagerbeständen in Höhe von 7,4 Millionen M+S Reifen aus. "Das wird zu enormem Druck auf das M+S-Geschäft 2008 führen", warnt Peter Hülzer, geschäftsführender Vorsitzender des BRV, und weist darauf hin, dass in Benelux bei den branchenbekannten europäischen Großhändlern zusätzlich noch bis zu etwa 2,5 Millionen Winterreifen lagern dürften, die vornehmlich für den deutschen Markt bestimmt waren. Wenden wir den Blick von den Bestandszahlen zu den Absatzprognosen für die kommende Wintersaison. Hier prognostiziert der BRV zwar eine leichte Erholung des Marktes um 0,5 Millionen zusätzliche Einheiten gegenüber der Wintersaison 2007/2008. Damit liegt das diesjährige Geschäft jedoch immer noch um vier Millionen Reifen hinter dem des Jahres 2006. "Insofern dürfte damit in Summe knapp die Hälfte des von uns prognostizierten Winterreifenabsatzvolumens für das laufende Jahr schon auf Lager liegen", fasst BRV-Chef Hülzer zusammen.Industrie produziert weiterVöllig unbeeindruckt davon und obwohl von vielen Seiten gewarnt, produziert die Industrie indes auf vollen Touren. Damit sind die Weichen für einen hartes Winterreifengeschäft gestellt. Keine Branche weiß es besser als die Autobranche, wie sich ein Überangebot auswirkt: Preisdumping ist die unmittelbare Folge. Sprich die schon von Natur aus kleinen Renditen schmelzen auf ein Nichts zusammen oder werden sogar defizitär.Als notwendige Sofortmaßnahme sind die sonst üblichen Vordispositionen von Winterreifen auf Null zu setzen oder auf ein unumgängliches Minimum zu reduzieren. Dass dies bereits viele beherzigen, zeigt der Umstand, dass nach Informationen des BRV dieses Jahr 50 Prozent weniger Vordispositionen bei der Reifenindustrie eingegangen sind.In der Reifenvermarktung hingegen gibt es in dieser prekären Marktsituation nur eine Chance: Erster zu sein. Das Winterreifengeschäft ist zu sichern, bevor der große Preiskampf beginnt.FrühbucherrabatteNehmen wir uns die Reisebranche zum Vorbild: Prognostiziert sie ein Überangebot, nutzt sie schon lange das Instrument der Frühbucherrabatte. Sie spricht damit Reisende in einer Phase an, in der sie hinsichtlich ihres Reiseziels und -veranstalters noch offen sind – mit Erfolg! Diese Erkenntnisse lassen sich auf das Reifengeschäft übertragen. Wer kennt sie nicht: "Ohne meinen Alltours sage ich nichts" oder "Alles aber günstig" – die Slogans der No. 1 der Branche in Sachen Frühbuchen. Auch für das Reifengeschäft gilt: Die Botschaft muss an die Kunden gelangen – aber wie? Da sind die klassischen Mittel wie Anschreiben und Flyer nur eine Sache. Am besten wirkt nach wie vor jedoch die persönliche Ansprache des Kunden.Für die Frühbucher-Werbung kann natürlich wie bisher ganz normal mit listenähnlichen Preisen für verschiedene Reifen geworben werden. Dass der Kunde hier seinen gesuchten Reifen findet, gleicht aber wohl eher einem Glückstreffer. Findet er ihn nicht, wird er diese Werbung nicht wahrnehmen – sprich: vergeudetes Geld! Besser ist es, plakativ mit Rabatten (Prozent oder Euro) oder mit kostenlosen Zusatzleistungen zu werben (immer: im Wert von XY Euro!) – natürlich immer versehen mit einem Ultimatum, bis wann der Käufer zuschlagen muss.Gelegenheit zur AnspracheDie beste Gelegenheit zur Ansprache bietet nach wie vor die Dialogannahme. Ab sofort ist jeder Kunde zu fragen: "Ich hätte Ihnen heute ein besonderes Angebot in Sachen Winterreifen zu machen – darf ich Ihnen unseren Frühbucher-Rabatt vorstellen?" Dann ist dem Kunden ein Angebot zu machen. Der Service-Profi hält hier bereits Angebote für die gängigsten Größen vor. Auch sind bereits jetzt alle Kunden mit eingelagerten Reifen, bei denen ein Austausch empfehlenswert scheint, anzuschreiben und bald telefonisch nachzufassen. Als weitere Aktion wird die Parkplatz-Invasion vorgeschlagen. Hier finden sich viele Fahrzeuge, und bei jedem können die Reifen in Augenschein genommen werden. Jedem Fahrzeug kann ein spezifiziertes Angebot, zumindest jedoch ein Frühbucher-Flyer, angesteckt werden. Viele Autofahrer, die letztes Jahr nicht auf Winterreifen umgerüstet haben, sind seit über einem Jahr mit denselben Reifen unterwegs. Hier ist davon auszugehen, dass viele Reifen schlicht abgefahren sind. Genau dieses Geschäft gilt es zu erobern.NW-Geschäft nutzenGute Betriebe verkaufen die Winterreifen bereits beim Kauf des Fahrzeugs mit. Dies kann zwar auf den Widerstand stoßen: "Warum jetzt schon für den Winter bezahlen?" Der Widerstand kann leicht genommen werden, indem das Autohaus die Reifen erst mit dem tatsächlichen Anbau berechnet. Hier ist vor allen Dingen die Verkaufsmannschaft zu motivieren. Sie lässt sich einerseits über Provisionen locken, andererseits ist sie davon wohl leicht zu überzeugen, dass die kostenlose Beigabe von Winterreifen für den Betrieb das bessere Geschäft ist, als Rabatte in gleicher Höhe zu verschenken.Marktpotenzial haben die Werkstätten übrigens noch genug. Nur schlappe 30 Prozent des Reifenersatzgeschäfts wickeln Betriebe der Kfz-Branche ab. Mehr als die Hälfte macht nach wie vor der Reifenfachhandel. Ebenfalls zu starken Wettbewerbern haben sich Ketten wie ATU entwickelt. Hier gilt es anzupacken!

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