Ausgabe 17/2013: Mit Herz und Verstand

Seit April ist Eric Laforge neuer Fiat Deutschland Chef. In seinem ersten Interview mit AUTOHAUS erklärt der Franzose, wie er das Händlernetz verändern will und warum er alle Fiat-Händler persönlich kennenlernen möchte.AH: Herr Laforge, Sie haben die anspruchsvolle Aufgabe des Vorstandsvorsitzenden bei Fiat Deutschland von Martin Rada übernommen. Was haben Sie in den ersten hundert Tagen bewegt?E. Laforge: Meine erste Handlung in der neuen Position war die Umstrukturierung von Fiat Deutschland. Wir waren früher nach Marken aufgestellt. Um mehr Effizienz und Synergien zu schaffen, haben wir uns jetzt nach Aufgabengebieten aufgestellt und drei Kompetenzzentren geschaffen: Vertrieb, Marketing und Aftersales. Alle Vertriebsmitarbeiter aller Marken berichten nur noch an einen Vertriebsdirektor, alle Marketingmitarbeiter an einen Marketingdirektor und so weiter. Dabei differenzieren wir aber durchaus unsere Premium- und Volumenmarken. So haben wir im Vertrieb Mitarbeiter, die beim Händler vor Ort nur Fiat betreuen, und andere, die unsere exklusiveren Marken Alfa Romeo, Jeep, Lancia und Abarth betreuen.AH: Sie haben auch die Angebotsgestaltung vereinfacht. Warum?E. Laforge: Unser Angebot war insbesondere bei den Premiummarken zu kompliziert. Daher haben wir bei Alfa Romeo die Ausstattungsauswahl und die Finanzierungsarten begrenzt. Früher konnten Kunden bei der Giulietta zwischen vier verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten wählen, jetzt gibt es nur noch zwei Optionen, bei anderen Modellen sogar nur noch eine. Wir wollten eine klare Preissetzung, die einfach zu erklären ist. So gibt es bei Fiat jetzt nur noch ein Angebot pro Modell: Ein Panda kostet monatlich 89 Euro, ein Cinquecento 99 Euro.AH: Haben Sie schon Kontakt zu den Händlern aufgenommen?E. Laforge: Ja. Das liegt mir auch sehr am Herzen. Ich möchte den Händlern Beständigkeit signalisieren. Denn wenn die Händler nicht sicher sind, ob sie im nächsten Monat die gleiche Unterstützung vom Hersteller bekommen wie im vorherigen, bestellen sie keine neuen Fahrzeuge. Sie müssen quartalsweise sicher planen können. Außerdem möchte ich unsere Händler nach den Sommermonaten zusammen mit ihren neuen Ansprechpartnern, die sie durch die Umstrukturierung bekommen haben, vor Ort besuchen. Einige habe ich bereits anlässlich unserer Fiat 500L Family Convention persönlich kennengelernt.AH: Die Fiat Group ist seit kurzem Hauptsponsor bei Eintracht Frankfurt. Warum haben Sie Alfa Romeo in den Vordergrund gerückt?E. Laforge: Wir beleben die Marke gerade neu. Der Mittelmotor-Sportwagen 4C wird Alfa Romeo im September in neuem Glanz erstrahlen lassen und 2015 kommen viele neue Modelle. Wir wollen ein neues, sportliches Bewusstsein für Alfa Romeo schaffen und unseren Händlern helfen, die Zeit bis zu den neuen Modellen zu überbrücken. Damit zeigt die Fiat Group auch, dass in Alfa Romeo investiert wird - die Marke wird nicht verkauft. Sonst hätten wir nicht in die Zusammenarbeit mit Eintracht Frankfurt investiert.AH: Aber das Problem bei Alfa sind doch fehlende neue Modelle?E. Laforge: Wenn man den Absatz von Alfa Romeo in Deutschland mit Europa vergleicht, verlieren wir in Deutschland mehr Volumen. In Deutschland haben sich offensichtlich einige unserer Händler auf andere Marken fokussiert. Die müssen wir wieder an Bord holen. Unsere Strategie ist es, Alfa Romeo und Jeep bei den Händlern näher zusammenzubringen. Es gibt einige Jeep-Händler, die Alfa Romeo bekommen, und vice versa.AH: Wollen Sie an der Struktur des Händlernetzes etwas ändern?E. Laforge: Bei Fiat suchen wir in Leipzig, Oberhausen, Aschaffenburg, Nürnberg, Regensburg, Böblingen, Esslingen, Paderborn, Freiburg, Waiblingen und Trier nach neuen Händlern, um unsere Präsenz zu verbessern. In diesen Städten haben wir keine gute Netzabdeckung. Bei Jeep müssen wir die Anzahl der Händler erhöhen, denn in den kommenden 18 Monaten wird Jeep sein Volumen verdoppeln. Bei Jeep haben wir momentan etwa 100 Händler, und wir wollen auf 150 wachsen. Bei Lancia werden wir unsere Größenordnung beibehalten. Das Alfa-Romeo-Netz wird in den nächsten Monaten um 15 Stützpunkte verkleinert. Für die wegfallenden Händler werden wir entweder neue Alfa-Händler finden oder Jeep-Händlern anbieten, auch Alfa Romeo zu verkaufen. Es gibt aber auch sehr gute Alfa-Romeo-Händler, die unter Volumenmangel leiden. Wenn Jeep in ihrer Gegend zu haben ist, werden wir ihnen Jeep anbieten.AH: Aber auch bei Fiat ist doch das Hauptproblem, dass es nicht genug attraktive Modelle gibt?E. Laforge: Wir haben eine breite Produktpalette, vom Panda bis zum Freemont. 2012 haben wir mit Panda und 500L gleich zwei ganz neue Modelle eingeführt - das hat es seit 2006 bei Fiat nicht mehr gegeben. Die Bestellungen für den Panda sind heute besser als letztes Jahr, und auch der Freemont läuft gut. Allerdings verkauft sich der Punto nicht mehr so gut wie in der Vergangenheit - dagegen werden wir jetzt aber preislich aggressiv angreifen. Der größte Konkurrent des Punto ist der Reimport, die UPE war in Italien und auf vielen Märkten niedriger als in Deutschland. Die extrem hohen Volumina einzelner Modelle von früher werden aber ganz generell heute nicht mehr erreicht.AH: Wie beurteilen Sie die aktuelle Händler-Rendite?E. Laforge: Letztes Jahr lag die Marge bei 0,7 Prozent. Das ist weniger als früher, aber die besten 25 Prozent unserer Händler verdienen zwischen 3,5 und 4,5 Prozent. Wenn es also manche Händler schaffen, eine solche Marge zu erwirtschaften, könnten es andere auch schaffen. Das erste Halbjahr war für uns alle auf dem deutschen Markt nicht positiv, insbesondere das erste Quartal. Aber die Aufträge von Endkunden sind besser als im letzten Jahr. Es gibt einen positiven Trend, um das erste Quartal zu kompensieren. Aber es wird ein hartes Jahr für alle Hersteller und Händler. Wir stehen einer schwierigen Situation in Europa gegenüber. Viele Analysten erwarten aber, dass der Markt 2014 wieder beginnt, sich zu erholen. Global steht unser Konzern Fiat Chrysler aber gut da. Wir sind in der Lage, in Zukunftsmodelle zu investieren.AH: Sie stecken in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Fiat-Händlerverband über die Offenlegung der Transportkosten. Warum wollen Sie Ihre Kosten nicht offenlegen?E. Laforge: Es stimmt nicht, dass wir die Kosten nicht offengelegt haben. Vielleicht sind die Händler mit der Höhe der Kosten nicht einverstanden, aber das ist eine andere Angelegenheit. Wir haben transparent gehandelt und warten die Gerichtsentscheidung ab. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Erklärungen ausreichen und die echten Kosten reflektieren. Unsere tägliche und gute Zusammenarbeit mit den Händlern wird von der Auseinandersetzung nicht tangiert.AH: Herr Laforge, herzlichen Dank für das Gespräch!

Ausgabe 17/2013: Mit Herz und Verstand

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