Ausgabe 13/2007: Neue Gleise

DB im Autohandel / Die Deutsche Bahn ist in Schweinfurt in den Autohandel eingestiegen. Das Gebäude wurde gepachtet, die Mitarbeiter des Ford-Betriebs wurden übernommen. Wohin geht die Reise?Neue Gleisevon prof. hannes brachatDie DB FuhrparkService pachtete zum 1. Januar 2007 in Schweinfurt das Traditionshaus Ford-Saalmüller. AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach darüber in der DB-Fuhrparkzentrale in Frankfurt mit DB-Geschäftsführer Rolf Lübke und dem Bereichsleiter Gerhard Dech über die Hintergründe der neuen Handelsinitiative. Die DB Rent steuerte beispielsweise zur WM 2006 den kompletten Fuhrpark der Hyundai-Flotte.AH: Die Deutsche Bundesbahn Fuhrpark ist in Schweinfurt ins automobile Handelsgeschäft eingestiegen. Das hat in der Branche Verwunderung ausgelöst. Worin liegen die Überlegungen zu diesem Schritt?R. Lübke: Weil wir als einer der größten Flottenbetreiber auch die Vermarktung unserer Gebrauchtfahrzeuge im Auge haben müssen. Diese allein über unser GW-Center in Frankfurt von unserem Hauptsitz aus zu vermarkten ist nicht darstellbar. Wir haben auch in Berlin ein Gebrauchtwagen-Center eröffnet. Und hinter unserem Konzept Schweinfurt steht die Frage, wie wir besser an den Endkunden herankommen. Es zeigt sich, dass wir in Schweinfurt pro Tag drei Fahrzeuge verkaufen. Das ist eine vorzeigbare Größe, nachdem wir zum 1. Januar 2007 dort begonnen haben. Und auch der Neuwagenverkauf zieht mit. Das braucht noch Zeit. Der Kunde muss letztlich sagen, auch wenn die Bahn bzw. DB Fuhrpark dahintersteckt, das ist unser Autohaus. Das ist unser Ziel.AH: Wie kam es gerade zur Marke Ford?R. Lübke: Wir sind auf verschiedene Automobilhersteller zugegangen und haben unsere Konzeption vorgestellt. Ford war einer der Ersten, die sich das vorstellen konnten, und hat uns dieses Autohaus empfohlen. Wir haben viele Fords im eigenen Fuhrpark. Und so lag die Entscheidung nahe, in Schweinfurt den Start zu geben.AH: Wo nimmt die Bahn das Know-how her, um ein Autohaus zu betreiben? Man stellt sich die Bahn als große deutsche Gebietskörperschaft mit ganz anderen Aufgaben vor – und dann einen Rumpfstandort in Schweinfurt? Wie passt das zusammen?G. Dech: Das Unternehmen Bahn ist einer der größten Fuhrparkbetreiber. Das Know-how in der Bahn ist über Jahre gewachsen. Die Bahn war ja auch früher im Güterkraftverkehr tätig. Dass Schweinfurt ausgewählt wurde, hat mit der örtlichen Lage zu tun, nämlich Fahrzeuge präsentieren zu können. Dafür ist das Autohaus dort hervorragend geeignet. Zum anderen liegt Schweinfurt von den Verkehrsanbindungen her gesehen sehr günstig. Wir können mit Schweinfurt nahezu den gesamten süddeutschen Raum abdecken. Das Know-how liegt ja nicht bei der Bahn als Ganzes, sondern bei der kleinen Gesellschaft, der DB Fuhrpark. Und dort sind nicht 220.000 Mitarbeiter beschäftigt, sondern etwas über 3.000. Expansion?AH: Ist damit zu rechnen, dass weitere Autohäuser folgen werden, wenn ja, auch anderer Marken?R. Lübke: Ja! Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr noch ein weiteres Autohaus folgen. Dann beobachten wir die weitere Entwicklung, um zu sehen, ob wir die Schiene weiter ausbauen werden. AH: Die Deutsche Bahn als Investor im Autohandel impliziert das Vorstellungsbild, dass jetzt ein ganz neuer Wettbewerber im großen Stil in die Szene eingreifen wird.R. Lübke: Das wird nicht der Fall sein. Wir kaufen Autohäuser nicht, sondern wir pachten sie. Und wir wollen auch nicht von jeder Marke ein Autohaus haben, sondern von den Volumenherstellern. Dazu gehört VW, dazu gehören sicher Opel und Fiat.Die DB-Struktur FuhrparkgruppeAH: Könnten Sie bitte etwas zur dahinterstehenden Historie und Dimension sagen. Sie haben in Ihrer Fuhrparkgruppe vier Unternehmensgruppen?R. Lübke: Eigentlich sind die Wurzeln dafür 1993/1994 mit der Bahnreform gelegt worden. Die Bahn hat gesagt, Fuhrpark ist nicht mehr unser Ressort, wir gliedern das aus. Dann wurde eine Ausschreibung gemacht und man hat festgestellt, dass die Komplexität vom Zweirad bis zum speziellen Unimog niemand unter einem Dach abdeckt. Daher hat man sich dafür entschieden, eine separate Gesellschaft außerhalb der DB zu gründen, aber doch in engem Verbund zur Deutschen Bahn. AH: Wie hat sich das seither entwickelt?R. Lübke: 1996 wurde die DB FuhrparkService mit 25 Mitarbeitern und 20.000 Fahrzeugen gegründet. Heute hat die Fuhrparkgruppe über 3.000 Mitarbeiter und 80.000 eigene Fahrzeuge. 2001 kam DB Rent. Man sagte immer, wir sitzen auf einer Insel im Bahnfuhrpark. Besteht überhaupt ein Markt? Wo stehen wir? Können wir am Markt Umsätze generieren? Und wir können Umsätze generieren. DB Rent ist die Firma, die Drittgeschäfte macht. DB Fuhrpark macht die internen. Die BwFuhrparkService betreut vorrangig die Bundeswehr im behördlichen Umfeld. Und die Mobility Solutions in der Schweiz vorrangig die Schweizerische Post, aber auch in Drittgeschäften. AH: Ein Wort zur Bundeswehr. Die Bahn als öffentliches Unternehmen macht für die Bundeswehr inzwischen den gesamten Fuhrpark?R. Lübke: Die Bahn hat zusammen mit der Bundeswehr eine eigene Gesellschaft gegründet. Diese Gesellschaft managt für die Bundeswehr den Fuhrpark. Nicht komplett. Das sind drei Stufen: erstens die handelsüblichen Fahrzeuge, die zweite Stufe sind die teilmilitarisierten Fahrzeuge, also handelsübliche Fahrzeuge mit Sonderzubehör. Dieser haben wir gerade 1.800 schwere Lkws verkauft. Alles Weitere entzieht sich unserer Kenntnis. Das sind rein militärische Fahrzeuge.Eigene Regiewerkstätten passéAH: Sie hatten für Ihre Fuhrparkbetreuung eigene Werkstätten. Wie sieht das heute aus?R. Lübke: Wir hatten 16 eigene Werkstätten. Diese haben 90 Prozent des gesamten Fuhrparks repariert. Sie sind inzwischen aufgelöst, weil wir in Kundennähe sein und mit dem Kfz-Handwerk zusammen gemeinsame Dinge erarbeiten wollen. Heute lassen wir jedes Fahrzeug über den örtlichen Handel ausliefern. Das Motto: Du erhältst heute dein neues Fahrzeug, komme wieder, wenn dem Fahrzeug etwas fehlt. Wir sind zwar Dienstleister für die Bahn. Aber wer erbringt vor Ort die Leistungen? Das Autohaus. Für mich ist das Autohaus der wichtigste Partner im Bereich Flottenmanagement. Wenn das Autohaus vor Ort nicht funktioniert, dann ist die Leistung, die wir als Generalunternehmen anbieten, praktisch nicht zu gebrauchen. Der Preis ist wirklich nicht alles. Daher ist die Verbindung zwischen Händler und uns von grundlegender Bedeutung.GW-BörseAH: Es gibt auch eine Börse, wo Sie Fahrzeuge offerieren. Welchen Inhalt und welchen Zugang hat diese Börse?R. Lübke: Die GW-Börse ist Teil unseres Internetauftritts. Dort können alle Fahrzeuge nachverfolgt werden, und Sie können sehen, wo diese Fahrzeuge stehen, in Schweinfurt, Frankfurt oder Berlin in unserem GW-Center. Unsere Fahrzeuge sind außerdem in den gängigen Börsen eingestellt. Wir bewegen uns da auf dem gleichen Level wie alle anderen seriösen Automobilhändler auch. CarSharingAH: Laufen unter DB Rent die Geschäfte, die man an den Bahnhöfen als CarSharing-Offerten antrifft?R. Lübke: So ist es. DB Rent hat nicht nur die Aufgabe, Mobilitätsdienstleistungen, Fuhrparkmanagement und Fuhrparkleasing zu platzieren, sondern Mobilität anzubieten. Dazu gehören das Fahrrad – Call a bike – und CarSharing. Hier sind wir für die Bahn verlängerte Werkbank. Wir ergänzen die Reisekette als Baustein.AH: Wo stehen wir in Sachen CarSharing in Deutschland? In der Schweiz wird das viel offener angenommen.R. Lübke: Das liegt daran, dass die Schweiz ein Bahnland ist. Die Schweizer wachsen mit der Bahn auf. Wenn man den Anteil der CarSharing-Fahrzeuge nimmt, dann hat die Schweiz nicht viel weniger Fahrzeuge als Deutschland. Das liegt an der Struktur. Die Bahn selbst hat schon 1.800 Fahrzeuge im Einsatz. In der Schweiz sind 1.600 Fahrzeuge unterwegs. In Deutschland gibt es viele CarSharing-Anbieter, in der Schweiz nur einen. Und das ist der Unterschied in der Wahrnehmung. In der Schweiz gibt es die Mobility. In Deutschland gibt es DB Rent wie auch viele kleine CarSharer. Die Bahn hat es erstmals geschafft, die kleinen Anbieter unter einen Hut zu nehmen. Das wird nicht ohne Wirkung bleiben.

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