Corona-Initiativen: Not macht erfinderisch

Egal ob digitale Fahrzeugpräsentation, bezahlte Probefahrt, außergewöhnliche Finanzierungsmodelle oder kreative Hygienemaßnahmen - die Best-Practice-Beispiele zeigen, dass die Corona-Krise nicht zwingend Stillstand bedeutet, sondern auch zu neuen Ideen führt. Heute kaufen, 2021 bezahlen Wenn die Kauflust beim Kunden sinkt, muss der Handel die Gründe hierfür analysieren und Lösungen anbieten. "Wir versuchen immer zu bewerten, wie wir Menschen dazu begeistern können, ein Auto zu kaufen. Wir haben relativ schnell erkannt, dass in Zusammenhang mit Corona die Angst vor großen Investitionen steigt. Diese Angst wollten wir unseren Kunden nehmen. Deshalb war die logische Schlussfolgerung, dass wir Liquidität beim Kunden schonen wollen", so André Quakernack, Geschäftsführer Ford-Store Hagemeier. Wer bei ihm ein Neufahrzeuge kauft, kann die Raten für das komplette Jahr 2020 aussetzen, sofern die Finanzierung über die Ford-Bank erfolgt. Das gemeinsame Projekt wurde innerhalb von drei Tagen mit der Ford-Bank umgesetzt. Eine Krisenzeit hat also auch Vorteile: Sie sorgt dafür, dass sich die Räder in Bezug auf Entscheidungen oft schneller drehen. So haben bereits mehrere Ford-Autohäuser diese Corona-Initiative ergriffen. "Die Aktion kam extrem gut an, vor allem bei privaten Kunden. Wir bekamen durch die Aktion bisher mehr als 500 gute Leads, auch wenn die tatsächliche Kaufquote natürlich deutlich niedriger ist", erzählt Quakernack im Videointerview auf AUTOHAUS next. Die bezahlte Probefahrt Auch beim Autohaus Fischer wurde eine Maßnahme ergriffen, die allerdings schon vor Corona diskutiert wurde. Beim Thema Probefahrten wollte Dirk Fischer, Geschäftsführer Autohaus Fischer in Celle, "die Spreu vom Weizen trennen". Denn bei einer Probefahrt sollte seiner Meinung nach auch ein echtes Kaufinteresse bestehen. Als durch Corona und die Hygienevorschriften der Reinigungsprozess nach einer Probefahrt immer aufwendiger wurde, hat Dirk Fischer beschlossen, für diese einen Preis von 129 Euro anzusetzen. "Nach einem Fahrzeugkauf erhält der Kunde natürlich die Kosten für die Probefahrt zurück", betont Fischer. Aber was sagen seine Kunden dazu? "Wenn wir den Interessenten den Aufbereitungsumfang und den Hintergrund der Kosten erklären, haben diese dafür auch Verständnis und akzeptieren den Betrag", antwortet Fischer im Videointerview. Durch die ehrliche Kommunikation mit dem Kunden können die Verkäufer das Kaufinteresse auch besser einschätzen. Digitale Möglichkeiten nutzen Auch in der Kundenkommunikation hat der Lockdown einiges verändert oder ins Rollen gebracht. Thomas Peckruhn, Inhaber der Autohaus Liebe Gruppe sowie ZDK-Vizepräsident, geht im Händlerinterview unter anderem auf digitale Vertriebsund Kommunikationsmöglichkeiten ein. Er ist überzeugt, dass die Autohäuser, die während des Lockdowns über andere Kanäle versucht haben, den Verkauf aufrechtzuerhalten, gewisse Vorteile haben. "Wir haben in unseren Häusern zum Beispiel eine spezielle Online-Prämie ausgelobt und einen Hol- und Bring-Service für Auslieferungen angeboten." Über den digitalen Verkaufskanal liebedirect24 könne man einiges an Geschäft generieren. Für die Fahrzeugpräsentationen werde beispielsweise der Twinner genutzt, eine "Digitalisierungsbox", die mit 360-Grad-Aufnahmen einen "Digital Twin" erstellt. So könnten Kunden die Fahrzeuge auch von zu Hause aus optimal begutachten, erklärt Peckruhn. Denn die Krise zeige, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung, die es heute schon gebe, auch angewendet werden müssten. Das digitale Autohaus Die Emil Frey AG setzt in Sachen Digitalisierung des Autohauses Maßstäbe und bekam durch Corona noch mal die Bestätigung dafür, dass das Online-Kaufinteresse steigt (mehr dazu erfahren Sie ab Seite 12). Unter emilfrey.de soll der Käufer den kompletten Bestand aller Handelsbetriebe der Emil-Frey-Gruppe nicht nur sehen, sondern auch kaufen können, sprich knapp 14.000 Fahrzeuge. "Wir bieten alle Funktionen eines Handelsbetriebs in digitalisierter Form: von der Auswahl über die Inzahlungnahme, Finanzierung, Vertragsabschluss, Zulassung bis hin zur Auslieferung", so Wolfgang Kopplin, Mitglied der Geschäftsleitung, Emil Frey AG. Dies sei zumindest das Ziel, denn "bei Finanzierung und Inzahlungnahme ist das rechtlich noch nicht vollständig geklärt", so Kopplin. Doch das Online-Autohaus soll schon bald nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz oder Frankreich zu 100 Prozent digital funktionieren. Für jedes Land gibt es allerdings eine zentrale Vertriebsplattform und auch ein zentrales Kundenkontaktcenter, in dem alle Anfragen zusammenlaufen. Die Emil Frey AG teilt also die Software, jedoch nicht die Daten über die Ländergrenzen hinweg. Kreative Hygienemaßnahmen Not macht bekanntlich erfinderisch, wie eine weitere Händlerinitiative zeigt. Denn als zu Beginn der Corona-Krise Desinfektionsmittel knapp wurden, hat man im Autohaus Klaiber kurzerhand eine mobile Toilette zum Händewaschen aufgestellt. "Schließlich ist nicht überall im Autohaus ein Waschbecken mit Anschluss verfügbar. Da war das Damen-Dixi mit Waschbecken, einem Frischwasser- und einem Abwassertank genau die richtige Lösung", erzählt Geschäftsführer Bernd Klaiber im Videointerview auf AUTOHAUS next. "Unten ist eine kleine Fußpumpe, dann haben wir einen Seifenspender und Papierhandtücher bereitgestellt." Jeder Kunde werde so direkt am Eingang zuerst zum Händewaschen geleitet. Die Kunden seien zwar erstaunt, aber die ungewöhnliche Idee komme gut an. "Mit der Aktion haben wir auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Betrieben", ist Bernd Klaiber überzeugt. Und auch in Sachen Spuckschutz war das Autohaus kreativ und stellte diesen aus den Plexiglasscheiben von alten Werkstatttoren selber her. Diese wurden bearbeitet, entsprechend zurechtgesägt, poliert und mit Holzfüßen versehen. "So konnten wir mit einer Investition von unter 100 Euro relativ schnell große Spuckschutz-Aufsteller anfertigen", erklärt der Geschäftsführer. Dieser wird für die Serviceberater, Verkaufsassistenten, Verkäufer und den Teiledienst eingesetzt. Zudem wurde der Wartebereich für die Kunden entzerrt, damit die Abstandsregeln eingehalten werden können. Auch weitere Hygienemaßnahmen wie Einwegmasken für die Mitarbeiter, die Desinfektion der Ersatzwägen oder die Verwendung von Einweg- statt Mehrwegsitzschonern und Abdeckungen sind inzwischen im Autohaus Klaiber Standard. Alle Hygieneregeln wurden klar definiert und den Mitarbeitern schriftlich mitgeteilt. Denn auch in den Pausen und in der Werkstatt gilt es diese zu beachten. Auch die Kunden seien sehr verständnisvoll. "Von 20 Kunden kommt vielleicht einer mal ohne Maske", die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln würden alle eingehalten. Wie der Verkauf im Autohaus Klaiber mit den Hygienemaßnahmen wieder angelaufen ist und welche Einbußen der Betrieb im Verkauf und in der Werkstatt verkraften muss, verrät der Geschäftsführer im ausführlichen Videointerview auf AUTOHAUS next.

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