Volvo Cars Germany: "Repräsentanz" soll bezahlt werden

Volvo Deutschland-Geschäftsführer Thomas Bauch legt im Interview dar, welche Überlegungen es derzeit zum zukünftigen Vertrieb der Marke gibt.AH: Herr Bauch, Volvo liegt per Ende August bei 34.357 Zulassungen in Deutschland und damit einem Plus von 26 Prozent gegenüber Vorjahr. Worauf wird es für 2019 hinauslaufen?T. Bauch: Wir werden das Jahr mit über 50.000 Zulassungen abschließen. Damit bin ich sehr zufrieden - unsere Vertragspartner sicherlich auch. Und das Orderbuch sichert uns schon einen sehr guten Start für 2020. Das wiederholte Wachstum stellt schon eine große Herausforderung dar. Wir müssen schauen, dass die gesamte Organisation damit zurechtkommt.AH: Was erwarten Sie vom neuen S60?T. Bauch: Die Händler haben darauf sehr positiv reagiert. Unsere traditionelle Stärke liegt ja eher im Verkauf von Kombis und SUVs. Die neue Mittelklasse-Limousine kommt aber im Markt gut an und wir gehen davon aus, dass sie die Zielerreichung im Jahr 2020 mit gut zwei Prozent vom Gesamtvolumen unterstützt.Zukünftig alle Motoren elektrifiziertAH: Wie zu hören ist, sollen Mitte nächsten Jahres die letzten Diesel von Volvo vom Band rollen. Wie geht es weiter?T. Bauch: Das ist so nicht richtig. Bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts werden wir weiterhin eine sehr breite Palette von Dieselfahrzeugen anbieten, danach aber mit deutlich abnehmbarer Tendenz. Ein finales Produktionsjahr ist nicht definiert. Ab 2020 werden alle unsere Motoren elektrifiziert sein, um die Abgasvorschriften zu erfüllen. Das sind Mild- oder Plug-in Hybride. Die Vermutung, dass wir schon im kommenden Jahr keine Diesel mehr bauen, geht möglicherweise darauf zurück, dass es die Buchstaben "D" für Diesel und "T" für Benziner in Zukunft nicht mehr geben wird. Auf Grund der Elektrifizierung werden beide mit einem "B" gekennzeichnet. Das "B" steht dabei für Batterie bzw. Bremsenergie-Rückgewinnung.Steuervorteil spricht für Plug-in HybridAH: Die Händler machen sich Sorgen, dass trotz der Plug-in Hybride, die sie ab nächstem Jahr zum gleichen Preis wie den Diesel verkaufen wollen, Flottenkunden das Angebot nicht annehmen, da bei hohen Kilometerleistungen die Spritkosten doch erheblich höher sind.T. Bauch: Die Mild-Hybride sind die Alternative für den Kunden, der weiterhin Diesel fahren will. Was die Plug-in Hybride angeht, muss auch die neueste Steuergesetzgebung berücksichtigt werden: Die Kunden mit hohen Kilometerleistungen sind meistens gewerbliche Kunden, die üblicherweise einen geldwerten Vorteil für ihre Autos bezahlen müssen. Bei einem Plug-in Hybrid haben diese Kunden einen Steuervorteil, weil sie nur 0,5 Prozent des Listenpreises ansetzen müssen. Das ist ein schlagendes Argument.Kein CO2-BonusAH: Wird Volvo auch den Weg von PSA wählen und künftig die Boni bei den Händlern an den CO2-abhängigen Modellmix knüpfen? Wie zu hören ist, gibt es schon in diesem Jahr Bestellprogramme, bei denen die Abnahme von bestimmten Motor- und Ausstattungsvarianten vorgeschrieben ist.T. Bauch: Wir haben nicht vor, die Boni künftig an einen CO2-abhängigen Modellmix zu knüpfen. Bei den derzeit laufenden Bestellprogrammen geht es um die Fahrzeuge, die wir dieses Jahr noch produzieren und die deswegen noch vor dem 31. Dezember zugelassen werden können.Zukunft für HändlerAH: Was tut sich bei Volvo in Sachen Online-Handel und Direktvertrieb?T. Bauch: Wir haben unseren Händlern in Mannheim klar aufgezeigt, wie es weitergeht, und im Wesentlichen drei Feststellungen getroffen: 1. Wir glauben nicht, dass wir unsere Produkte ausschließlich über das Internet verkaufen können ohne eine Präsenzorganisation, wo der Kunde die Marke erleben kann. 2. Wir wollen weder mehr noch weniger dieser Markenwelten in Deutschland haben. 3. Wir wollen diese Markenwelten nicht selbst betreiben, sondern vertrauen auf unsere bewährten Vertragspartner. Wir haben noch keine konkrete, endgültige Lösung, wie wir die Verbindung von Online und Offline im Detail umsetzen. Aber über die Richtung sind wir uns mit unseren Händlern einig.Online und OfflineAH: Bei anderen Marken wird das so gelöst, dass man die Fahrzeuge online bestellen kann, der ausliefernde Händler aber eine Provision bekommt.T. Bauch: Wir haben mit Care by Volvo eine solche Struktur schon aufgebaut. Dort kauft der Kunde online, kann aber offline das Erlebnis mitnehmen. In diesem Fall wird eine abschluss- und eine aktivitätenbasierte Vergütung an die Volvo-Händler gezahlt, die einen Care by Volvo Vertrag abgeschlossen haben. Das sind über 80 Prozent der Vertragspartner. Für das traditionelle Geschäft haben wir aber noch keine Vereinbarung und auch noch keinen Rahmen festgelegt.Vorbild Care by VolvoAH: Laut einer Untersuchung des ZDK wäre eine aktivitätenbasierte Vergütung zu kompliziert in der Praxis.T. Bauch: Das sehe ich anders, weil der Unternehmer im Moment eine Marge bekommt und er mit dieser Marge alle notwendigen Aktivitäten abdeckt, um den Vertrieb mit einem bestimmten Ergebnis abzuschließen. Wenn diese Marge nicht mehr zur Verfügung steht, müssen die notwendigen Aktivitäten benannt, aber auch bezahlt werden. Natürlich ist das komplizierter, aber auch da haben wir mit Care by Volvo schon gute Fortschritte erreicht und genau diese Art der Vergütung schon ziemlich genau gefasst. Eine Weiterentwicklung dieses Systems ist umsetzbar.RepräsentanzvergütungAH: Der ZDK sagt, dass eine Art Pacht nötig wäre, um eine Grundvergütung für die Bereitstellung der Betriebe zu sichern.T. Bauch: Der Begriff "Pacht" gefällt mir nicht. Ich spreche lieber von einer "Repräsentanzvergütung". Wenn wir wollen, dass ein Betrieb vor Ort Volvo Retail Experience (VRE) und Volvo Personal Service (VPS) vorhält, dann muss das bezahlt werden.AH: Mit Care by Volvo sammeln sie schon Erfahrungen in diese Richtung. Wie viele Fahrzeuge wurden bisher über diesen Weg vermarktet?T. Bauch: Wir haben gesagt, dass wir fünf Prozent unseres Geschäftes in diesem Jahr über Care by Volvo machen. Wir werden definitiv darüber liegen. Interessanterweise sind über 90 Prozent der Abonnenten Neukunden. Und: 80 Prozent von denen haben vorher nie ein Volvo Autohaus besucht. Das macht eine Handelsorganisation zugegebenerweise nervös.Steigende Profitabilität im NetzAH: Wie sieht es derzeit mit der Rendite im Händlernetz aus?T. Bauch: Die Profitabilität ist signifikant steigend, nachdem die Gebrauchtwagensituation sich etwas entspannt hat. Darüber hinaus bin ich nicht berechtigt, Ihnen über das Einkommen unserer Händler Auskunft zu geben.AH: Ist das Thema Euro 5 Diesel durch?T. Bauch: Aus Leasingverträgen, über die wir 80 Prozent unseres Umsatzes generieren, kommen solche Modelle nicht mehr zurück. Die Händler sind aber noch mit dem Thema beschäftigt, wenn sie zum Beispiel hochwertige Gebrauchtwagen oder Neuwagen an Kunden verkaufen, die solche Fahrzeuge in Zahlung geben wollen.Keine Unterstützung für NachrüstungAH: Volvo ist eine der Marken, für die Hardware-Nachrüstungssätze zur Verfügung stehen. Andere Marken unterstützen den Einbau, wie verhält sich Volvo?T. Bauch: Wir unterstützen den Einbau nicht. Wir können das System auch nicht uneingeschränkt empfehlen, denn ein von einem Zulieferer entwickeltes Nachrüstsystem ist immer anders als ein werkseitig verbautes. Das System wurde vom Kraftfahrtbundesamt abgenommen und ist insofern auch homologiert und die Betriebe können das einbauen, wenn der Kunde das wünscht. Dafür muss er bezahlen. Die Notwendigkeit für eine Unterstützung durch den Hersteller sehen wir nicht, da wir nicht zu den Marken gehören, die betrogen haben.AH: Vielen Dank für das Gespräch!Interview: Doris PlateKurzfassungWie das traditionelle Geschäft bei Volvo in Zukunft vergütet werden soll, ist noch nicht klar. Die Marke will aber weiterhin auf Handelspartner setzen und auch die Umsetzung der Standards mit einer Repräsentanzvergütung honorieren.

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