RR-Team: Stabile Erträge mit Reifen

AH: Herr Bach, wie entwickelt sich das Winterrädergeschäft? A. Bach: Trotz der rückläufigen Neuzulassungen bis Ende August 2025 und einer insgesamt verhaltenen Stimmung in der Automobilbranche liegen wir bei den Vororder-Bestellungen für Winterkompletträder insgesamt auf Vorjahresniveau. Wir haben uns rechtzeitig gut bevorratet und produziert - der Winter kann kommen! AH: Wie lief der Sommerreifenverkauf im Ersatzgeschäft in diesem Jahr? Die Zulassungen treten auf der Stelle? A. Bach: Der Verkauf von Sommerreifen an Endverbraucher lag in Deutschland bis Ende August bei minus 4,3 Prozent, während der Absatz von Ganzjahresreifen um rund sieben Prozent zulegen konnte. Aus Sicherheitsaspekten ist dies eine bedenkliche Entwicklung, da Ganzjahresreifen insbesondere im Sommer deutlich längere Bremswege aufweisen. Diese wichtige Information ist beim Endverbraucher bislang noch kaum bekannt. AH: Wie hat sich RR Team entwickelt? A. Bach: RR Team verzeichnete in den ersten acht Monaten des Jahres eine positive Entwicklung und liegt spürbar über dem Vorjahresniveau. Im Bereich Komplettrad konnten weitere Fahrzeughersteller als Kunden gewonnen werden. AH: Gibt es neue Kunden aus Asien? A. Bach: Ja, die gewonnenen Neukunden im Komplettrad-bereich kommen überwiegend aus China. Zusammen mit Leapmotor, dem Kooperationspartner von Stellantis, arbeiten wir inzwischen mit sechs neuen Herstellern aus Asien. AH: Welche Trends zeichnen sich bei Rädern und Reifen ab? A. Bach: Nach wie vor geht bei vielen unserer Kunden der Trend zu Alurädern auch im Winter. Die spannende Frage wird sein, wie sich das unter Einbeziehung der CO2-Betrachtung gegebenenfalls verändert. AH: Wie sieht es an der Preisfront aus, die Kunden werden sensibler? A. Bach: Ja eindeutig. Seit einigen Jahren ist ein wachsender Anteil Zweit- und Budget Marken im Bereich der Winterkompletträder zu beobachten, zumindest bei unseren Fahrzeugherstellern, die meistens Fahrzeuge unterhalb des Premium-Preissegmentes verkaufen. AH: Können Budget-Marken aktuell Boden gutmachen? A. Bach: Budgetmarken holen auf - aber Sicherheitsrisiken bleiben. Im Ersatzgeschäft, insbesondere bei älteren Fahrzeugen, gewinnen Budgetmarken zunehmend an Bedeutung. Im Neufahrzeug- und Komplettradsegment dominieren jedoch weiterhin Premium- und Qualitätsreifen. Sorgen bereitet der Trend zu günstigen Ganzjahresreifen aus Fernost: Tests zeigen hier deutliche Defizite bei der Sicherheit - vor allem beim Bremsweg. Fehlen aus 100 km/h bereits sieben Meter oder mehr, bedeutet das eine Aufprallgeschwindigkeit von über 30 km/h - mit potenziell fatalen Folgen. AH: Erobern die Ganzjahresreifen bereits den Markt? Welche Entwicklung ist hier auszumachen? A. Bach: Ja, Ganzjahresreifen gewinnen weiter an Marktanteil. Per Ende August machen sie bereits 33 Prozent des deutschen Reifenmarktes aus, ein Wachstum von 8,5 Prozent in diesem Jahr. Aus Sicherheitssicht ist diese Entwicklung zwar bedenklich, doch die intensive Werbung der Hersteller für die sogenannten "Alleskönner" zeigt weiterhin Wirkung. AH: Welche Rolle spielt das Geschäft über Plattformen? A. Bach: Der Anteil der Reifenverkäufe über B2C-Plattformen lag im Jahr 2011 bei rund sechs Prozent. Damals rechneten Prognosen damit, dass dieser Anteil bis 2020 auf 16 Prozent und bis 2030 auf 30 Prozent steigen würde. Tatsächlich lag der B2C-Anteil im Jahr 2020 lediglich bei acht Prozent. Laut Mitteilung des BRV sank der Marktanteil 2023 auf 6,7 Prozent und 2024 weiter auf 5,5 Prozent. Aus unserer Sicht ist nicht mit einer positiven Entwicklung in diesem Segment zu rechnen. Reifen und insbesondere Kompletträder erfordern Fachwissen, Beratung und eine fachgerechte Montage am Fahrzeug. Wer einmal im Internet die falschen Reifen bestellt und anschließend den Aufwand einer Rückabwicklung erlebt hat, lernt daraus meist dauerhaft. AH: Welche Auswirkungen hat die E-Mobilität auf das Reifengeschäft? A. Bach: Die Auswirkungen der Elektromobilität auf das Reifengeschäft sind derzeit nicht direkt erkennbar. Bei den ersten E-Modellen versuchten die Hersteller noch, dem Trend zu schmaleren Reifen mit großem Durchmesser und reduziertem Rollwiderstand zu folgen. Diese Phase ist inzwischen vorbei. Aufgrund der schweren Batterien und des insgesamt höheren Fahrzeuggewichts benötigen Elektroautos heute Reifen mit besonders hoher Tragfähigkeit. Zudem führt das hohe Drehmoment vieler Modelle voraussichtlich zu einem erhöhten Reifenabrieb. Verlässliche Statistiken dazu liegen mir derzeit jedoch noch nicht vor. AH: Werden Räder- und Reifen als Ertragsbringer im Autohaus zunehmend wichtiger? A. Bach: Definitiv, da klassische Ertragsbringer wie Öl und Verschleißteile, beispielsweise Bremsen, bei E-Fahrzeugen weitgehend wegfallen. Diese Einbußen lassen sich nicht dauerhaft durch höhere Stundensätze kompensieren. Wer vorausschauend handelt, berät seine Kundinnen und Kunden gezielt im Hinblick auf Fahrsicherheit, empfiehlt passende Sommer- und Winterreifen, bietet professionelle Rädereinlagerung an und überprüft regelmäßig Profiltiefe und Beschädigungen. So können rechtzeitig Angebote für neue, fahrzeugspezifisch abgestimmte Reifen unterbreitet werden. Auf diese Weise sichern sich Autohäuser stabile Erträge in diesem Segment. Und angesichts des höheren Reifenverschleißes bei E-Fahrzeugen eröffnet sich hier zusätzliches Umsatzpotenzial. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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