Online-Handel: Wachstumspläne für Autohero

Die AUTO1 Group nimmt den Endkunden stärker ins Visier. Der europaweit tätige Gebrauchtwagen-Großhändler will mit einem dreistelligen Millionen-Betrag seine Online-Plattform "Autohero" voranbringen. "Das Retailgeschäft ist ein logischer und konsequenter Schritt in der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells entlang der Wertschöpfungskette", sagt Robert Lasek, Vice President AUTO1 Group Germany, Managing Director AUTO1.com, im Exklusiv-Gespräch. Die Marke Autohero werde die Marktabdeckung des Unternehmens erweitern. Den Online-Shop für Gebrauchtwagen hatte die AUTO1 Group bereits im Herbst 2017 gestartet. Die Fahrzeuge aus dem eigenen Bestand sind scheckheftgepflegt und TÜV-geprüft. Stand August werden gut 700 Autos gelistet. Zu den Leistungen für Käufer gehören unter anderem Angebote für Finanzierungen und Garantien, die Inzahlungnahme des Altwagens, das 14-tägige Rückgaberecht sowie die bundesweite Lieferung. Der Kaufprozess bei Autohero ist vollständig digitalisiert. "Autohero möchte den Fahrzeugkauf einfach, sicher und bequem machen", so Lasek. Ziel ist ein E-Commerce-Erlebnis, was Privatkunden bereits von anderen Branchen gewohnt sind. Die Fahrzeuge würden zu "attraktiven Festpreisen" angeboten. Zuletzt habe das Unternehmen auch seine Standorte für die Aufbereitung der Fahrzeuge weiter ausgebaut und den Aufbau einer eigenen Lieferflotte in Angriff genommen. Um das Wachstum von Autohero zu beschleunigen, hat sich die AUTO1 Group von Investoren frisches Kapital besorgt. Nach Firmenangaben fließen 255 Millionen Euro in die Expansionspläne. Das Geld stammt aus einer jüngst erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungsrunde über Wandeldarlehen. Daran nahmen bestehende Aktionäre ebenso teil wie die neuen Investoren Farallon Capital Management und Baupost Group. Lasek: "Mit der Finanzierung hat Autohero jetzt eine hohe Priorität in der Unternehmensgruppe." "Der Kuchen ist groß genug" Bislang kaufen die Berliner hauptsächlich Gebrauchtwagen über ihre Plattformen an und vermarkten sie an Händler. Nun treten sie in direkte Konkurrenz zu ihren wichtigsten Kunden. Dass sich das Unternehmen mit dem Eigengeschäft den Unmut der Händler zuziehen könnte, befürchtet Lasek aber nicht. "Das ist freie Marktwirtschaft. Es ist unsere erklärte Strategie, den Endkunden verstärkt anzugehen", bekräftigt er und verweist auf das über 500 Milliarden Euro schwere Gebrauchtwagengeschäft in Europa. "Der Kuchen ist groß genug für viele Player, das spiegelt sich auch in der Fragmentierung dieses Megamarktes wider." Es sei außerdem nicht auszuschließen, die Autohero-Plattform auf lange Sicht für Händler zu öffnen - als "verlängerten digitalen Arm des Automobilhandels". Nachteile für das klassische B2B-Händlergeschäft über die Plattform AUTO1.com erwartet der Geschäftsführer durch den neuen Fokus ebenfalls nicht. Im Gegenteil: "Wir werden die Erfahrungen und Erkenntnisse, die mit Autohero gesammelt werden, natürlich auch für unsere Ankaufssparte nutzen." So könne man beispielsweise darüber mehr Inzahlungnahmen beschaffen, die dann an das Händlernetzwerk weitervermarktet werden. Die Kanäle B2C und B2B würden sich ein Stück weit gegenseitig befruchten. Organisches Wachstum Die AUTO1 Group ist eines der am höchsten bewerteten Start-ups in Europa. Seit der Gründung 2012 hat das Einhorn über seine Plattformen Wirkaufendeinauto.de, AUTO1.com und Autohero mehr als zwei Millionen Gebrauchtwagen gehandelt. Allein im vergangenen Jahr waren es mehr als 610.000 Fahrzeuge. Der Umsatz lag bei rund 3,5 Milliarden Euro - ein Sprung um 21 Prozent im Vergleich zu 2018. "Es gibt nicht viele Unternehmen in dieser Größenordnung und in diesem Segment, die ein solches Wachstum aus eigener Kraft vorweisen können", unterstreicht Lasek. Kräftig zulegen konnte AUTO1.com auch bei der Zahl der angeschlossenen Händler. Mehr als 60.000 B2B-Kunden in über 30 Ländern nutzen AUTO1.com mittlerweile als digitale Zukaufsquelle für Schnelldreher-Ware. Lasek: "Wir verstehen uns seit jeher als Digitalisierungspartner für den Automobilhandel." Gerade in der Corona-Pandemie sei man diesem Anspruch gerecht geworden. "Wir hatten in der Krise 24/7 geöffnet." Lasek berichtet, dass die Händler-Aktivität seit den ersten Lockerungsmaßnahmen wieder sehr deutlich zugenommen habe. Entsprechend habe man die Umschlagsgeschwindigkeit "um ein Vielfaches" erhöht. "Vor allem die kleinen, freien Händler machen derzeit enorm gutes Geschäft", sagt er. Haupttreiber für die zuletzt starke GW-Nachfrage ist aus seiner Sicht die schwierige wirtschaftliche Situation zahlreicher Autokäufer. Interessenten, die ursprünglich mit einem Neuwagen geliebäugelt hätten, würden sich nun für einen günstigen Gebrauchten entscheiden. Zudem habe das Thema Individualmobilität durch Corona weiter an Bedeutung gewonnen. Investitionen in Logistik und IT Damit das Geschäft weiter brummt, erweitert AUTO1.com sein Dienstleistungsportfolio kontinuierlich auf neue Marktteilnehmer. Laut Lasek wurde 2019 das Netzwerk an Remarketing-Partnern ausgebaut. Dazu zählen Autohändler ebenso wie Autovermieter und Leasinggesellschaften, die ihre Flotten halbjährlich oder jährlich aussteuern. Parallel dazu investierte das Unternehmen in den Bereich Transport/Logistik. Inzwischen arbeite man europaweit mit 200 Fahrzeuglogistikern zusammen, heißt es. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die IT. Mitte August wurde die App AUTO1 EVA zur Fahrzeugaufnahme und Vermarktung gelauncht. "Darüber werden unsere Partner das eigene Geschäft deutlich effizienter gestalten können", verspricht Lasek.

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