Anwendungsbeispiele für zukünftige Kernprozesse: Zeit sparen mit Prozessautomatisierung

Der Automobilhandel hat im Bereich Digitalisierung schon viel auf den Weg gebracht. Mit dem anstehenden Agentursystem bei vielen Marken werden sich digitale Kaufstrecken und On-/Offline-Touchpoints in Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel schnell an Vorreiter wie Tesla anpassen.Die Vorteile durch eine Prozessautomatisierung sind aber auch eigenständig in Kernprozessen im Autohaus umsetzbar. Automatisierungen, die Zeit sparen, Kundenzufriedenheit erhöhen und Umsatzpotenziale heben, werden zu zentralen Wettbewerbsfaktoren in einer Automobilwelt im Wandel.Vor diesem Hintergrund geben wir in diesem Artikel einige Anwendungsbeispiele aus der Praxis - gerne zur eigenen Verwendung oder als Ideengeber. Prozessautomatisierung ist für jede Betriebsgröße möglich, denn die Werkzeuge und Anbieter zur Unterstützung sind in vielfältiger Form vorhanden und auch mit kleinen Budgets zu realisieren.Telefonischer KundenkontaktDie meisten Kunden melden sich trotz digitaler Alternativen telefonisch im Autohaus. Durch die Verknüpfung von Kundendatenbanken, Terminplaner, Lead Management System und der Telefonanlage lassen sich durch eine geschickte Verknüpfung bis zu fünf Minuten pro Telefonat einsparen.Die eingehende Rufnummer wird gegen die Kundendatenbank aufgelöst und der Vorgang auf Basis von Wahrscheinlichkeitsregeln an den passenden Mitarbeiter weitergeleitet.- Fallbeispiel 1: Die Telefonnummer ist verknüpft mit einem Kunden mit einer fälligen HU im nächsten Monat und einem HU-Anschreiben innerhalb der letzten sieben Tage. Das Telefonat wird an das Aftersales Call Center mit Zugriff auf den Terminplaner weitergeleitet. In der sich öffnenden Telefonmaske sieht der Agent alle relevanten Informationen und bucht rasch die nächsten freien Termine.- Fallbeispiel 2: Die Telefonnummer ist unbekannt und besitzt eine Vorwahl außerhalb des Marktbearbeitungsgebietes. Der Anruf wird an die Verkaufsassistenz weitergeleitet, das Lead Management System öffnet sich und übernimmt die Telefonnummer bereits in den Arbeitsspeicher. Mit dem Anruf prüft der Mitarbeiter im ersten Schritt, ob eine bestehende Verkaufschance vorliegt, indem der Name direkt in den bestehenden Leads gesucht wird. In 57 Prozent der Fälle hat der Anrufer im Vorfeld eine E-Mail-Anfrage für ein Fahrzeug gestellt. In allen anderen Fällen legt der Mitarbeiter einen vollständigen Lead für den Verkauf an oder leitet bei Serviceangelegenheiten weiter.Diese zwei Fallbeispiele zeigen exemplarisch auf, wie kostbare Mitarbeiterzeit und eine hohe Kundenzufriedenheit durch die intelligente Verknüpfung der Telefonanlage mit automatisierten Prozessen erreicht werden.Räder- und ReifenvermarktungIn den meisten Autohäusern steht bereits der Geschäftsbereich Räder & Reifen - mit bis zu 15 Prozent am Aftersales-Umsatz und Stärkung der Kundenloyalität durch regelmäßige Kundenkontakte - im Fokus. Es hat sich eine Vielzahl an Prozessen und Systemlösungen entwickelt, mittels derer Marketing, Service und Teilevertrieb die verschiedenen Prozessschritte wie Kundenansprache, Angebotserstellung, Terminplanung und Reifenlogistik managen. Häufig fehlt allerdings die Einbindung der Systeme in durchgängige und automatisierte Prozesse. In vielen Fällen liegen Potenzialdaten, wie der Reifenzustand, nur bei eingelagerten Radsätzen vor. Diese machen allerdings häufig nur 20 Prozent des gesamten Kundenstamms aus.In Zukunft werden Scanner-Technologien im Autohaus oder Bildverarbeitung auf dem Handy des Kunden die Verfügbarkeit dieser Potenzialdaten erhöhen. Das Autohaus informiert den Kunden, dass die Räderwechselzeit ansteht, und bietet auf einer personalisierten Landingpage die Möglichkeit, ein Bild der Reifen hochzuladen und auf ihren Zustand zu prüfen. Neben den durch das Autohaus erhobenen Potenzialdaten entsteht so für den Teilevertrieb eine Vor-Order-Bedarfsliste. Nachdem die Angebotspreise feststehen, erfolgt über einen Daten-Algorithmus die Erstellung eines individuellen Angebots mit drei passenden Rädern bzw. Komplettradsätzen. Der Kunde gibt dann mit einem Anruf Wunsch-Räder und -Termin durch, da das Angebot in der Kundenakte für den Mitarbeiter im Autohaus sichtbar ist. Alternativ schließt der Kunde seine Order direkt online ab.Dieses Vorgehen führte bei verschiedenen Autohausgruppen bereits zu signifikanten Umsatzsteigerungen und reduzierte aufwändige Prozesse in Marketing und Teilevertrieb.Leads aus Connected CarsPremiumanbieter verfügen schon seit über zehn Jahren über Daten zu Servicebedarfen aus Fahrzeugen. Der häufigste Anwendungsfall im Autohaus ist dann ein eingehender Lead im Terminplaner, der durch den Service bearbeitet werden muss. Dabei erfolgt häufig auf Herstellervorgabe die Kontaktaufnahme via Telefon und führt im besten Fall zu einem Servicetermin.Per Prozessautomatisierung lässt sich dieser Anwendungsfall inzwischen deutlich effizienter lösen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Anzahl Leads durch die stärkere Durchdringung mit Connected Fahrzeugen kontinuierlich steigt.Die Daten aus dem Fahrzeug zum aktuellen Servicebedarf werden mit den Daten aus dem Autohaus automatisiert abgeglichen. Handelt es sich um keinen relevanten Kunden - zum Beispiel außerhalb des Servicemarktgebiets -, werden die Tickets dem Hersteller automatisch als "geschlossen" gemeldet.Handelt es sich um ein Servicepotenzial, wird automatisiert geprüft, ob beispielsweise ein Wartungsvertrag vorliegt. In diesem Fall wird der Kunde per E-Mail auf die fällige Wartung hingewiesen mit der zusätzlichen Information, dass diese im bestehenden Vertrag enthalten ist. Ein Link zur Online-Terminvereinbarung ist beigefügt.Handelt es sich um ein Fahrzeug ohne Wartungsvertrag, wird der Lead an einen Mitarbeiter geroutet, der auf die Vermarktung von Serviceverträgen geschult ist. Der Kunde macht im ersten Schritt einen Termin für den fälligen Wartungsumfang aus und erhält im Anschluss den Hinweis, dass er sich bis zum vereinbarten Termin noch für einen Wartungsvertrag entscheiden kann. Die Take-Rate in diesem Szenario ist signifikant höher.Daten-Infrastruktur im FokusProzessautomatisierungen werden die Kernprozesse im Autohaus profitabler machen - dazu müssen Datenqualität, Dateninfrastruktur und die Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen gefördert werden.Alle aufgezeigten Anwendungsfälle basieren auf im Autohaus vorhandenen Daten. Automatisierte Pflege und Bereitstellung der Daten sind für die Prozessautomatisierung somit Grundvoraussetzung. Am Markt entwickeln sich dafür Anbieter wie zum Beispiel das auf Datennutzung spezialisierte Unternehmen VEACT, das einen sogenannten Data Hub als zentrale Datendrehscheibe für das Autohaus bereitstellt. Der Data Hub vernetzt den Datenfluss zwischen Autohaussystemen (z. B. DMS) und reichert Daten an, die in den bestehenden Systemen nicht erfasst werden, wie etwa Prognosen zur Fahrleistung, Kundenverhalten, etc. Der große Vorteil des Standardsystems ist die Möglichkeit, eine Vielzahl innovativer Applikationen - beispielsweise "Anyline" aus dem genannten Beispiel zur Analyse von Reifenpotenzial auf Basis hochgeladener Bilder - bereits über einen einfachen und sicheren Datenzugriff einzubinden. Alternativ lassen sich mit Angeboten wie Microsoft PowerBI eigene Lösungen maßschneidern.Nach Schaffung dieser Grundvoraussetzungen werden anschließend fachbereichsübergreifend Potenziale für Prozessautomatisierungen in bestehenden Prozessen oder für neue Anwendungsfälle identifiziert. Ein designiertes Projektteam arbeitet sodann Daten und Automatisierungen aus, die schließlich durch die eigene IT-Abteilung oder externe Berater umgesetzt werden.Die Automatisierungs-Hürden im Autohaus werden aufgrund des unaufhaltsamen Siegeszuges der Digitalisierung weiter sinken. Daher ist es jetzt an den Autohäusern, möglichst rasch mit ersten Zeit und Geld sparenden Quick-Win-Projekten die richtigen Weichen zu stellen.

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