Ausgabe 06/2012: Mister VW Bank, chapeau!

Mister VW Bank, chapeau!Rainer Blank E Nach fast zwei Jahrzehnten an der Spitze der VW Bank verabschiedet sich der Sprecher der Geschäftsführung in den Ruhestand. von Wolf r. usslerRespekt und Anerkennung sind bisweilen mehr als nur ethische Werte. Ihre Bedeutung gewinnt mit der Höhe des Blickes über das Frankfurter Häusermeer schon mal eine zusätzliche Dimension. Als vor wenigen Wochen die Premiumhändler des Volkswagen Konzerns Rainer Blank im 56. Stock des Maintowers in den bevorstehenden Ruhestand verabschiedeten, war dies für ihn eine Ehrung der besonderen Art. „Eine echte Wertschätzung für einen Banker“, resümiert der scheidende Chef der VW Bank über die luftige Einladung in 187 Metern Höhe. In seiner zurückliegenden Karriere hätte er es bisher nur bis in die 46. Etage geschafft – zu einem Termin im Vorstandsbüro der Deutschen Bank.Mister VW BankWer meint, in diesen Worten eine überhebliche Attitüde zu hören, kennt Rainer Blank schlecht. Er sagt dies mit der ihm eigenen Bescheidenheit. Selbstgefälliges Geschwätz und eitle Selbstbespiegelung sind dem bodenständigen Niedersachsen fremd. Was gäbe es auch für einen Grund, sein Selbstwertgefühl aus ein paar Höhenmetern zu ziehen? Nein, Blank hat alles erreicht, sicher mehr, als der Sohn schlesischer Flüchtlinge sich als kleiner Junge erträumt hat.Allein 18 Jahre leitete er die Geschicke der VW Bank in Braunschweig. Aus einem eher betulichen Appendix des Konzerns formte er in knapp zwei Dekaden einen international agierenden, universellen Finanzdienstleister. Heute gilt die VW Bank als größte Autobank Deutschlands. Etwa 650 Mitarbeiter sorgen in derzeit elf Ländern für Umsatz und Kunden. Die Bilanzsumme beläuft sich auf knapp 38 Milliarden Euro. Rund 50 Prozent der verkauften Autos des Konzerns rollen mit Kredit- und Leasingverträgen des Braunschweiger Finanzunternehmens auf deutschen Straßen. Blank verkörperte in all den zurückliegenden Jahren die VW Bank. Er machte sie zur Marke und wurde selber zur Marke. Mr. VW Bank – dieser gern gebrauchte Titel ist eine Hommage an seine Leistung.Fokus auf das MenschlicheVom Geschäftsführer der VW Bank mit sieben Ressortzuständigkeiten avancierte er im Laufe der Jahre zum Sprecher der Geschäftsführung. Gleichzeitig ist er Generalbevollmächtigter der Volkswagen Financial Services AG, sitzt dem Vorstand der Volkswagen Reinsurance vor und, und, und. Doch am Ende dieser langen Dienstfahrt steht nun der Abschied – von Macht, Ämtern und Titeln. Und Blank hat einen endgültigen Schlussstrich gezogen. Ansinnen, das eine oder andere Unternehmensmandat weiterhin auszuüben, hat er abgelehnt. Er verzichtet auch auf das beinahe schon obligatorische Ritual vieler Ex-Manager, sich als Berater anzudienen.Blank muss sich nichts mehr beweisen. Er lässt einfach los. Vielleicht auch, weil er klare Ziele für sein neues Leben definiert hat. Der 64 Jahre alte Fast-Privatier möchte nun der menschlichen Komponente im Leben stärkeres Gewicht verleihen. Da ist seine jahrelang zu kurz gekommene Rolle als Ehemann, Vater und Großvater. Und er wird sich um seelisch Kranke kümmern. Für diese Aufgabe schöpft er aus dem großen Erfahrungsschatz seines jahrelangen Umgangs mit Menschen. Für ihn bedeutet das, Erworbenes, sprich Sozialkompetenz, zu pflegen und zu bewahren. Eine Haltung, die dem Wahlspruch „Parta tueri“ („Das Erworbene zu wahren wissen“) von Herzog August Wilhelm entspricht, einst Herrscher auch über Blanks Heimatstadt Wolfenbüttel. Mit Blank zu plaudern, heißt mit einem Menschen zu sprechen, der in sich ruht, der am Leben gereift ist und der, wie er sagt, Demut und das Unabänderliche im Leben zu akzeptieren gelernt hat. Arbeiten, sagt er, und das klingt heute schon fast anachronistisch, sei nie eine Last, sondern ein Geschenk für ihn gewesen, und fügt völlig unpathetisch hinzu, dass er alles noch einmal so machen würde in seinem Leben – auch die Fehler. Denn diese seien Schlüssel für Lernprozesse gewesen. Als Kind wollte er Tankwart werdenAlles so noch einmal zu machen, hieße auch beim ersten kindlichen Berufswunsch anzufangen. Tankwart wollte der 1948 geborene Blank werden. Dies schien ihm in der damals entbehrungsreichen Zeit verlockend. An der Zapfsäule winkte das eine oder andere gute Trinkgeld und er wollte „Geld inne Täsch“. Das Leben der Familie war bescheiden. Der Vater verstarb wenige Monate nach seiner Geburt. Um seine Erziehung kümmerte sich vorwiegend die Großmutter, die mit ihrer Witwenpension die sechsköpfige Schar weitestgehend ernährte. Irgendwann schickte ihn die Großmutter los, um ihren monatlichen Scheck bei der NordLB einzulösen. Das machte der Junge so gewissenhaft, dass sie ihm diese Aufgabe fortan übertrug. Und die alte Dame prophezeite, er werde irgendwann einmal Bankdirektor werden.Das harte Brot der LehrjahreDie Großmutter hatte die Gaben des damals Vierzehnjährigen gut erkannt. Mit den Zeugnissen der Volks- und Staatlichen Handelsschule in der Tasche begann er dann später bei der Deutschen Bank in Hannover eine Lehre. „Das war meine Welt“, sagt Blank mit einem Augenleuchten, als hätte er erst vor wenigen Minuten seinen Lehrvertrag unterschrieben. Der Eintritt in die Welt des großen Geldes war hart. Zwei Wochen schuftete er in einem Getränkegroßhandel, um sich standesgemäß einzukleiden: Hemd, Schlips, Schuhe und dunkelblauer Anzug. 1968 schloss er seine Ausbildung mit der Kaufmannsgehilfenprüfung ab. Für die damalige Zeit ein Fundament, um im Bankgeschäft nach oben zu kommen. Doch heute? Blank weiß, dass in einer Zeit, in der weitestgehend akademische Titel und Eitelkeiten die Hierarchiegefüge bestimmen, einer wie er zu einer aussterbenden Spezies gehört. Denn so wenig wie es heute noch richtige Tankwarte gibt, so gering ist auch die Chance, als Handelsschüler die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch bei einer Bank, geschweige denn dort einen Ausbildungsplatz zu bekommen.Verantwortung schulternBlank muss das alles nicht mehr interessieren. Er hat gezeigt, dass jemand auch ohne ein Harvard-, Yale- oder Fontainebleau-Zeugnis in der dünnen Luft der oberen Etagen reüssieren kann. Er wollte immer Verantwortung. Und die übernahm Blank schon im ersten Lehrjahr, indem er auch schon mal Kleinkreditberatungen machte. Doch so richtig zeigen, was in ihm steckt, das konnte Blank bei der NT Nordwestdeutsche Treuhand GmbH in Hannover. Als 24-jähriger Spund verhandelte er mit gestandenen Vorständen von Banken und institutionellen Anlegern über Millionenbeträge für die Finanzierung öffentlicher Wohnungsbauprojekte. „Das hat mich geformt“, sagt er rückblickend.Strategisch denken, überzeugen, Entscheidungen treffen – diese Fähigkeiten konnte er schließlich bei der VW Bank einsetzen und ausleben. Insbesondere bei seiner zentralen Aufgabe, das Privatkundengeschäft des Hauses auszubauen. Erfahrungen hatte er zuvor bei der Allgemeine Privatkundenbank AG gesammelt. Ein dickes Einlagenpolster sollte die VW Bank unabhängiger vom Kapitalmarkt machen. Als er hier 1994 seinen Job antrat, belief sich das Einlagevolumen auf damals umgerechnet knapp 490 Millionen Euro – heute sind es mehr als 21 Milliarden Euro und mehr als eine Million Kunden.Als Schlüssel für den Erfolg nennt Blank neben seiner beruflichen Neugier und Arbeitsfreude vor allem die menschliche Komponente. Er sei als Halbwaise in einer Frauenwelt groß geworden, die vermutlich mehr Sensibilität vermittle als eine Männerwelt. Aus vielen zurückliegenden Kreditgesprächen mit Händlern, gerade auch in prekären Situationen, weiß Blank, dass eine angstfreie Atmosphäre wichtig ist. Und immer gehe es darum, stets nur Zumutbares zu verlangen sowie dem Gegenüber Respekt und Anerkennung zu zollen. zLesen Sie hier...... wie Rainer Blank aus einem Konzern-Ableger die größte Autobank Deutschlands formte und sich dabei gleichwohl seine niedersächsisch-bescheidene Bodenständigkeit bewahrt hat.Rainer BlankRainer Blank, 64, war 18 Jahre lang der Macher der VW Bank. 1948 kam er in Wolfenbüttel zur Welt, machte eine Lehre bei der Deutschen Bank in Hannover, wurde stellvertretender Leiter einer Stadtfiliale. Über verantwortliche Positionen bei der NT Nordwestdeutsche Treuhand sowie bei der Allgemeine Privatkundenbank kam er 1984 zur VW Bank, deren Geschicke und rasante Entwicklung er in den letzten 18 Jahren leitete. Die VW Bank beschäftigt heute rund 650 Mitarbeiter, die Bilanzsumme beläuft sich auf knapp 38 Milliarden Euro. Am 31. März geht Rainer Blank in den Ruhestand.

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