Eine Anklage gegen Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wird vier Jahre nach der Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW immer wahrscheinlicher. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wolle Wiedeking wegen Marktmanipulation anklagen, berichtete der "Spiegel". Die Ermittler hätten den Verteidigern mitgeteilt, dass sie ihnen die letzten Akten zustellen wollen. Wiedekings Anwälte von der Kanzlei Feigen/Graf ließen am Samstag auf Anfrage in Stuttgart lediglich mitteilen, dass sie die Vorwürfe "entschieden" zurückweisen.
Am Montag bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, dass die polizeilichen Ermittlungen nun abgeschlossen seien. Wiedekings Anwälte hätten bis Ende Oktober Zeit, Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen. Demnach sollen der frühere Chef des Sportwagenbauers und der ehemalige Porsche-Finanzchef Holger Härter den Finanzmarkt über die Porsche-Pläne während der Übernahmeschlacht mit Volkswagen getäuscht haben.
Ob Anklage erhoben oder das Verfahren eingestellt wird, entscheidet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft, nachdem die Stellungnahmen geprüft wurden. Der Porsche-Dachkonzern (PSE) wollte sich nicht zu dem Verfahren äußern. Ein Sprecher betonte, dass die Holding selbst "nicht verfahrensbeteiligt" sei.
Wiedeking und Härter hatten Porsche im Sommer 2009 verlassen müssen. Um ihre damalige Arbeit drehen sich inzwischen auch zahlreiche nationale und internationale Investorenklagen. Anleger fühlen sich rückblickend fehlinformiert und betrogen. Sie hatten auf sinkende Kurse der VW-Stammaktie gewettet – tatsächlich schoss der Wert der Papiere in die Höhe.
Übernahme beendet
VW hatte damals den Spieß umgedreht und die Übernahmeschlacht gewonnen. Seit Mittwoch gehört die Stuttgarter Sportwagenschmiede vollständig zu Europas größtem Autokonzern (wir berichteten). Die Wolfsburger übernahmen für rund 4,5 Milliarden Euro die restlichen 50,1 Prozent der Anteile an der Porsche AG von der Dachgesellschaft Porsche SE (PSE).
Bereits Ende Juni war bekanntgeworden, dass Härter infolge des spektakulär gescheiterten Übernahmeangriffs auf Volkswagen wegen Kreditbetruges vor Gericht muss. Härter und zwei seiner Spitzenkräfte aus der Finanzabteilung der Porsche-Holding sollen während des Übernahmekampfs mit VW bei Verhandlungen für Kreditgeschäfte eine Bank falsch informiert haben. Härter hatte die Anschuldigungen als haltlos bezeichnet.
Bis dato liefen gegen Härter und Wiedeking Prüfungen, die sich neben dem Vorwurf der Marktmanipulation auch auf möglicher Untreue bezogen. Die Anklage gegen Härter war nur ein erster Zwischenstand. Nach früheren Angaben der Stuttgarter Staatsanwaltschaft dauert es noch, bis alle Ergebnisse feststehen. (dpa)
Michael Martin
Michael Kühn
egon sunsamu
Gernot Schurr
Michael Kühn