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EuGH-Urteil: Richter stoppen deutsche Pkw-Maut

18.06.2019 09:27 Uhr
Pkw Maut Deutschland Autobahn Schilder
Das oberste EU-Gericht hat die deutsche Pkw-Maut gestoppt.
© Foto: Trueffelpix / fotolia.com

Im Gesetz steht die Pkw-Maut längst, kassiert wurde sie bisher aber nicht - und das bleibt auch so. Die obersten europäischen Richter machen das CSU-Vorhaben einer "Infrastrukturabgabe" zunichte.

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Die geplante Einführung der Pkw-Maut in Deutschland ist nach jahrelangem Streit geplatzt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte das Prestigeprojekt der CSU in der großen Koalition am Dienstag für rechtswidrig, weil es Autofahrer aus dem Ausland benachteilige. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und die SPD machten klar, dass das beschlossene Modell damit vom Tisch ist.

Der Bund muss nun auch offene Finanzfragen lösen, da schon vor dem Urteil Maut-Vorbereitungen angelaufen sind. Die Opposition begrüßte das Aus für den eigentlich im Herbst 2020 geplanten Start der Gebühr.

Die obersten EU-Richter gaben einer Klage Österreichs statt. Die Ausgestaltung der Maut sei diskriminierend, da ihre wirtschaftliche Last praktisch allein auf Haltern und Fahrern von Autos liegen würde, die in anderen EU-Staaten zugelassen sind. Damit kippte der EuGH den umstrittenen Mechanismus für einen Ausgleich für Inländer - nur sie sollten für Mautzahlungen voll über eine geringere Kfz-Steuer entlastet werden. Dies sollte die Bedingung im Koalitionsvertrag von 2013 umsetzen, dass kein Inländer zusätzlich belastet werden darf.

Finanzielle und organisatorische Folgen sind zu klären  

Scheuer sagte in München, mit dem überraschenden Urteil sei die Pkw-Maut "in dieser Form leider vom Tisch". Eine Arbeitsgruppe des Ministeriums solle nun finanzielle und organisatorische Folgen klären. Hintergrund sind unter anderem vorgesehene Stellen beim Kraftfahrt-Bundesamt. Zudem sind schon Zuschläge für die privaten Betreiber erteilt worden, die sich um Erhebung und Kontrolle kümmern sollten - daraus dürften dem Bund Entschädigungsansprüche drohen. Die Maut-Gesetze sind seit 2015 in Kraft, wurden aber nicht angewandt. 

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ mögliche Konsequenzen vorerst offen. Das Urteil sei zu akzeptieren und zur Kenntnis zu nehmen. Scheuer werde die Situation analysieren. "Und dann werden wir sagen, wie wir weiter vorgehen." Bundesinnenminister Horst Seehofer, der sich als damaliger CSU-Chef maßgeblich für die Maut eingesetzt hatte, sagte: "Man muss Gerichtsurteile akzeptieren, aber man muss sie nicht verstehen." Nach seiner Einschätzung werde die Entscheidung die Zustimmung gegenüber europäischen Institutionen nicht erhöhen. Der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel sprach von einer «Schlappe» für die CSU. In dieser Form werde es keine Maut geben. 

Das Bundesverkehrsministerium hatte aus der "Infrastrukturabgabe" nach Abzug der Systemkosten einen Ertrag von jährlich 500 Millionen Euro in Aussicht gestellt - zweckgebunden für Straßen-Investitionen. Daran gab es aber bis zuletzt Zweifel. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte: "Diese CSU-Maut hätte Ausländer diskriminiert und wäre nebenbei noch ein fettes Minusgeschäft." Der Autofahrerclub ADAC forderte einen völligen Verzicht auf eine Pkw-Maut. Die Koalition habe eine Mehrbelastung heimischer Autofahrer ausgeschlossen. Dieses Versprechen müsse nun auch eingehalten werden. 

Geplant war, dass alle inländischen Autobesitzer für Autobahnen und Bundesstraßen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird und sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors richtet. Im Schnitt sollte sie 67 Euro kosten, maximal 130 Euro. Autofahrer aus dem Ausland sollten zum Schutz der Wirtschaft in den Grenzregionen nur für Autobahnen zahlen. Sie sollten neben der Jahresmaut auch zwei Kurzzeittarife für zehn Tage oder zwei Monate buchen können.

Maut verstoße gegen Grundsätze des EU-Binnenmarktes 

Die Luxemburger Richter führten weiter an, die Maut verstoße auch gegen die Grundsätze des ungehinderten Zugangs zum EU-Binnenmarkt. Sie könne den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr aus anderen EU-Staaten etwa dadurch behindern, da sich Transportkosten für Lieferanten und damit Preise von Produkten erhöhten. Der EuGH monierte zudem, dass es für Inländer keine Möglichkeit geben sollte, eine Kurzzeitmaut zu wählen, die der tatsächlichen Nutzung der Straßen besser entspräche. 

Österreichs Verkehrsminister Andreas Reichhardt begrüßte das Urteil. Die Richter hätten zum Glück Klarheit geschaffen. Die Regierung in Wien war bei der Klage von den Niederlanden unterstützt worden. Es war einer der seltenen Fälle, in dem ein EU-Staat gegen einen anderen ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht eingeleitet hat. Die EU-Kommission hatte Bedenken gegen die deutschen Maut-Pläne fallengelassen, nachdem Berlin einige Änderungen am Modell zugesagt hatte. (dpa)

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KOMMENTARE


Dagobert Neugebauer

18.06.2019 - 11:44 Uhr

Tu Felix Austria - mit Beharren haben sich unsere Nachbarn gewehrt. Und siehe da: Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs im EU-Binnenmarkt sind höher zu bewerten als phantasieloses Abkassieren!


D Damrich

18.06.2019 - 14:38 Uhr

welch ein Fest - mein Hoffen hatte Erfolg!Nun ist der Weg frei, ggf. eine Autobahnmaut mit "Pickerl", unabhängig von der KFZ-Steuer, für die Nutzer der Autobahnen ein zuführen (egal, ob mit oder ohne der einmaligen Senkung des deutschen Kfz-Steuer-Satzes)


MWF

18.06.2019 - 17:45 Uhr

Die Kosten für diese "Stammtischidee" müssten Seehofer, Dobrind und Scheuer vom privaten Konto abgezogen werden. Der "bayrische Sturschädel" kostet Millionen SteuerzahlerInnen viel Geld. Aber das Urteil wird trotzdem nicht in die Köpfe der Drei gehen. Sie haben den/die WählernInnen und Rezo einfach nicht verstanden.


Rudi S.

18.06.2019 - 18:22 Uhr

Das nächste Projekt der Herren Seehofer, Dobrindt und Scheuer, das zu Lasten des Geldbeutels der Steuerzahler (gottseidank) in die Hosen geht. Wann begreift eigentlich dieser Politgreis und seine beiden arroganten Anhängsel, dass ihre Zeit gelaufen ist? Lange können wir uns solche exklusiven Eskapaden nicht mehr leisten.


Meierhofer

18.06.2019 - 19:18 Uhr

Am besten auch alle Sozialleistungen in Deutschland sofort ersatzlos streichen.


Dieter Olk, Bitburg

18.06.2019 - 20:32 Uhr

Was für eine Schande. Da quält sich der liebe H. Dobrindt um mehr Steuereinnahmen (sorry: Mauteinnahmen) zu kassieren und die EU kassiert das Bemühen. Die Entscheidung insgesamt ist ein kleiner Witz; ein Land müsste doch selbst über Steuer- und Abgabenänderungen entscheiden können; nun denn ... die EU funktioniert halt so. Im Ergebnis ist es schön zu sehen, dass unsere gewählten (wer wählt die eigentlich noch?) Volksvertreter auch mal deutlich einen auf die Mütze bekommen.


Thomas Schmidt

19.06.2019 - 07:11 Uhr

Gott sei Dank ist dieser CSU-Bierzelt-Quatsch vom Tisch....und hoffentlich bleibt er es auch. Ich habe die Befürchtung, dass man sich was Neues überlegt und dann geht das ganze Drama von vorne los.


U. Kersten

19.06.2019 - 10:00 Uhr

!!!!!!!!!! Sorry Leute. Das die Maut wegen der beteiligten Dummschwätzer nicht gut ausgearbeitet war ist ja unbestritten. ABER zahlt ihr denn gern für unsere Autobahnen die vom Rest der EU dann kostenfrei genutzt werden???? zahlt aber in fast jedem anderen EU Land Maut für Waren oder im Urlaub???? Sorry ich verstehe die Reaktionen nicht.


Frank Fehling

19.06.2019 - 11:00 Uhr

Der Steuerzahler muss wieder bluten. Die BAG hat für die PKW Maut schon Personal eingestellt um Sie durch spezielle Schulungen fit zu machen. Wieder zig Millionen in den Sand gesetzt. In der freien Wirtschaft hätte man dafür seinen Hut nehmen müssen.


Josef Schwab

19.06.2019 - 11:37 Uhr

Es ist gut, dass diese Maut vom Tisch ist. Sie war von Haus aus schlecht durchdacht und hätte durch teuere Verwaltungskosten schon fast den gesamten Ertrag aufgebraucht.Sie war lediglich eine Wahlkampfwerbung von Herrn Seehofer und Herrn Dobrindt für den Landtagswahlkampf. Man sollte aber als Politiker schon etwas weiter denken.Minister Scheuer hat voreilig schon Verträge geschlossen. So wird die Maut auch noch zum teuren Desaster für die Bundeskasse.Solche Fehler passieren hoffentlich der jetzigen Regierung in Bayern nicht mehr.


Gue

19.06.2019 - 13:07 Uhr

Richtig so, eine Maut nur für Ausländer ist ein kompletter Schwachsinn eines Rentners, ausgeführt von einem, seinem Herrchen treu ergebenen, Mitarbeiters.Problematisch wird jetzt nur werden, dass Hr. Scheuer plötzlich seine sinnlos ausgegebenen Millionen ja nicht Hr. Dobrindt oder Hr. Seehofer verrechnen kann (Echt super - Aufträge zu Unterschreiben obwohl die juristische Lage nicht mal fix ist! kurz gesagt eine bodenlose Frechheit!).Angie Merkel ist auch nicht mehr lange und somit ist nun der Weg frei für eine Maut, die alle Bezahlen werden "dürfen". Und nach dem Willen der Grünen wird's vermutlich eine KM abhängige Maut werden - na Mahlzeit - da freuen wir uns schon auf die Kosten - wird sicher sehr "Günstig" werden.


Adolf

19.06.2019 - 14:24 Uhr

ich wäre sogar bereit auch eine Autobahngebühr zu zahlen, haupsächlich die Ausländer müssen dann auch zahlen Han letztes mahl gezählt in der Sprinterklasse über 90 % ausländer die kostenlos unsere Straßen benutzen, sauerei


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