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Ministerium: Stickoxid-Werte bleiben in fast 70 Städten zu hoch

23.08.2017 13:30 Uhr
Barbara Hendricks
Barbara Hendricks (SPD) hat die deutsche Autoindustrie abermals zu weitergehenden Nachrüstungen von Dieselautos aufgefordert.
© Foto: BMUB/Harald Franzen

Software-Updates für eine bessere Abgasreinigung und Umtauschprämien für ältere Diesel senken nach Berechnungen des UBA die Belastung mit gesundheitsschädlichem NOx um bis zu sechs Prozent.

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Die Beschlüsse des Dieselgipfels reichen amtlichen Berechnungen zufolge nicht aus, um Fahrverbote in Städten auszuschließen. Die Luft in fast 70 deutschen Städten bleibt demnach trotz Software-Updates für neuere Diesel und Umtauschprämien für ältere Modelle schmutziger als erlaubt. Wie das Bundesumweltamt (UBA) ausgerechnet hat, dürften sie die Belastung der Stadtluft mit gesundheitsschädlichem Stickoxid um bis zu sechs Prozent senken. Das reicht in vielen Orten nicht, um den EU-Grenzwert einzuhalten.

"Es gibt einen Effekt, aber es reicht eben noch nicht aus", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch in Berlin. Daher müsse es in den nächsten Monaten darum gehen, die Diesel technisch noch weiter zu verbessern. "Also nicht nur die Software, sondern auch die Hardware", mahnte sie. Solche Nachrüstungen am Motor selbst lehnt die Autobranche bisher ab.

Die Umtauschprämien für altere Diesel seien nur hilfreich, wenn Besitzer älterer Diesel sich sparsame Benziner, Elektroautos oder Gasfahrzeuge ausgetauscht würden, sagte Hendricks. Wer einen Diesel fahren und das Risiko von Fahrverboten umgehen wolle, müsse zur ganz neuen Abgasstufe Euro 6d greifen, die im Herbst in den Handel komme. "Nur solche Fahrzeuge haben langfristig eine sichere Perspektive in allen Städten."

Beim Dieselgipfel Anfang August hatte die Autobranche für Millionen Dieselautos Updates der Motorsoftware angekündigt, um die Abgasreinigung zu verbessern. Zugleich hatte die Branche den von Umweltschützern geforderten, als wirksamer geltenden Nachbesserungen an Motorbauteilen selbst eine Absage erteilt. Weitere Vorhaben, etwa «Masterpläne» für einen modernen Verkehr in betroffenen Kommunen, flossen in die UBA-Berechnungen nicht ein.

Bei seinen Berechnungen ging das UBA laut Mitteilung davon aus, dass zwischen 3,5 und 5 Millionen Besitzer neuerer Diesel der Abgasnormen Euro 5 und 6 das freiwillige Update an der Motorsoftware vornehmen lassen. Die Experten rechneten mit einer Minderung des Stickoxid-Ausstoßes zwischen 15 und 25 Prozent durch die Updates. Zudem nahmen sie an, dass ein Viertel der Besitzer älterer Diesel sich wegen der Umtauschprämien ein neues Auto zulegt. Die Wirkung dieses Umtauschs schätzt das UBA auf null bis zwei Prozent.

"Keinerlei Anlass für Nachjustierungen"

Das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium warnte davor, einzelne Maßnahmen herauszugreifen, da auf dem Dieselgipfel ein Gesamtpaket beschlossen worden sei. Die Lage sei in den Städten ganz unterschiedlich, die "Materpläne", die den Verkehrs flüssiger machen sollten, hätten ein großes Potenzial.

Die Autobauer selbst lehnten weitere Schritte am Mittwoch ab: Es bestehe derzeit "keinerlei Anlass für Nachjustierungen", teilte der Branchenverband VDA mit. "Wenn jetzt bereits weitere Forderungen erhoben werden, scheint das eher dem laufenden Wahlkampf als Sachgründen geschuldet zu sein."

Opposition und Umweltschützer sahen sich in ihrer Kritik bestätigt. "Das Umweltbundesamt hat den Diesel-Gipfel als das entlarvt, was er war: ein Schmierentheater, bei dem die Bundesregierung die Kulissen für die Auto-Lobby geschoben hat", sagte Linke-Chef Bernd Riexinger. Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer forderte, die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass die Autobauer acht Millionen Diesel auf eigene Kosten der Autoindustrie technisch umrüsteten. Auch die Verkehrsclubs ADAC und VCD forderten verbindliche Nachrüstungen.

Die Forderung nach einer Blauen Plakette für schadstoffarme Autos griff der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, wieder auf. "Wir brauchen als Städte die Blaue Plakette für schadstoffarme Autos, um im Falle eines Falles auf Fahrverbote vorbereitet zu sein", sagte er dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland". Hendricks wies ebenfalls darauf hin, dass im Falle von Fahrverboten eine neue Kennzeichnung nötig sei - wie die heiße, sei ihr egal. (dpa)

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KOMMENTARE


Dr. Rauch

23.08.2017 - 10:03 Uhr

Die Forderungen hätte sie beim Dieselgipfel gern anbringen und durchsetzen können. Nachverhandelt wird nicht. Punkt.


wallibelli

23.08.2017 - 11:52 Uhr

Das muss man der Fr. Hendricks mal rechtgeben. Ohne SCR-mit ausreichend AdBluewird's nicht sauber. Die Nachrüstung ist technisch machbar, wenn sie in großen Stückzahlen erfolgt senkt das die Kosten auf deutlich unter 1000 Euro inkl. Einbau.


THK

23.08.2017 - 12:35 Uhr

Es ist aber schon bekannt , das die Sickstoffbelastungsgrenze in Büros den der PKWs um ca das 20-fache übertrifft, oder ?


Aschmu

23.08.2017 - 17:53 Uhr

da nur 5% allen Feinstaubs vom Diesel kommt , sind die Ursachen in den Hausfeuerungsanlagen, im Schienen- Binnen - und Flugverkehr zu suchen. Irgendwann wird auch der dümmste hier im Lande das verstehen. Solange lacht das Ausland über uns dumme Deutsche.


Jürgen K

23.08.2017 - 18:08 Uhr

Ich lese gerade einen erschreckenden Artikel: http://www.berliner-zeitung.de/gewitter-erzeugen-jaehrlich-bis-zu-20-millionen-tonnen-umweltschaedlicher-stickoxide-blitze-machen-den-regen-sauer-16520402 Hoffentlich verbietet die Politik nicht irgendwann ein Gewitter über deutsche Städte. Ich warte als Steuerzahler immer noch auf Fachleute, die sich zu diesem Thema bemühen.


UH

24.08.2017 - 12:32 Uhr

Liebe Frau Hendricks, bevor Sie hauptsächlich immer auf die deutschen Autoherstellern losgehen, sollten Sie sich doch mal die aktuellen Zahlen im ADAC Eco Test anschauen. Leider ist es aber so, dass die Dieselfahrzeuge einen einprozentigen Anteil am Feinstaub haben, deshalb sollte die Politik mal bei der restlichen Verursachern von Feinstaub nachfragen.


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