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Forderung von Kommunen: Maut für alle und überall

14.08.2019 09:09 Uhr
Forderung von Kommunen: Maut für alle und überall
Der ADAC ist gegen eine umfassende Maut für alle Autofahrer.
© Foto: Coloures-Pic/stock.adobe.com

Die Maut ist tot, lang lebe die Maut? Der Staat hat Millionen mit dem gescheiterten Verkehrsprojekt der CSU versenkt. Nun fordern Gemeinden in Süddeutschland eine noch umfassendere Abgabe.

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Nach dem Aus für die Pkw-Maut fordern Kommunen im Süden Deutschlands ein viel umfassenderes Maut-Modell - und zwar für alle Autofahrer und alle Straßen. "Wir brauchen eine Maut für alle», sagte Roger Kehle, Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags der Deutschen Presse-Agentur. Auch sein bayerischer Amtskollege Uwe Brandl (CSU) verlangt ein einheitliches Modell für alle Straßen.

Brandl ist gleichzeitig der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Kehle einer seiner Stellvertreter im Bundesverband. Beide würden aber nur für ihren jeweiligen Gemeindetag sprechen, sagte eine DStGB-Sprecherin. Aber auch der kommunale Spitzenverband im Bund zeigte sich offen für eine Diskussion über eine neue Maut. "Eine intelligente Maut wäre ein wertvoller Beitrag zu mehr Klimaschutz, zur Entzerrung der Verkehrsströme gerade in den Ballungsräumen und zu einem Umsteuern in der Verkehrspolitik", betonte DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.

Kehle regt konkret eine kilometerbezogene Maut für In- und Ausländer an, die Vielfahrer stärker belasten würde - und zwar für Bundes- und Landesstraßen sowie für kommunale Straßen. So könne verhindert werden, dass die Kommunen durch den Ausweichverkehr der Autobahnen belastet würden. Kehle sagte, der Landesvorstand des Südwest-Verbands habe bereits einen entsprechenden Beschluss gefasst. Die Maut-Mittel müssten dann auch an Kommunen fließen. Das Straßennetz in Deutschland betrage 920.000 Kilometer, der kommunale Anteil daran liege bei rund 600.000 Kilometern. Entsprechend der Verkehrswege müssten die Mittel nach Kehles Idee aufgeteilt werden.

In Bayern gibt es noch keinen Präsidiumsbeschluss des Gemeindetags. Brandl setzt auf eine unkomplizierte Lösung: "Wir brauchen weder ein Bürokratie-Monster noch Hochtechnologie-Schnick-Schnack." Die Einnahmen aus der Maut will er direkt wieder in den Erhalt der Straßen investieren.

"Intelligente Maut kann Teil der Lösung sein"

Nach Angaben des Deutschen Städte- und Gemeindebunds haben die Kommunen mit rund 83 Prozent den größten Anteil am bundesdeutschen Straßennetz - und leiden unter einem Investitionsrückstand. "Eine intelligente Maut auch für Pkw kann ein Teil der Lösung sein", sagte Hauptgeschäftsführer Landsberg. Die Diskussion müsse geführt werden, da bereits erhebliche Summen in die Einführung der Pkw-Maut investiert wurden und dem Bund Schadensersatzforderungen drohen. "Wir versuchen nun für dieses gesamtstaatliche Problem die Lösung zu finden, zu der Bund und Länder in den vergangenen Jahren nicht in der Lage waren."

Die Maut war zunächst ein Prestigeprojekt der bayerischen CSU, das sie gegen Widerstand der SPD und Bedenken in der CDU durchgesetzt hatte. Die sogenannte "Infrastrukturabgabe" war im Juni vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestoppt worden - unter anderem, weil sie Autobesitzer aus dem Ausland benachteilige. Sie sah vor, dass alle inländischen Autobesitzer eine Jahresmaut zahlen, die sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors richtet - egal, wie oft man wirklich fährt. Für Autobesitzer aus dem Ausland sollte es auch kurze pauschale Tarife für zehn Tage und zwei Monate geben. Geplant war, Inländer gleichzeitig bei der Kfz-Steuer zu entlasten, so dass sie insgesamt nicht hätten draufzahlen müssen.

Mehr fahren, mehr zahlen

Die Höhe der Maut müsse abhängig sein vom Schadstoffausstoß, vom Verkehrsaufkommen sowie Zeit und Ort der Pkw-Nutzung, sagte Landsberg. "Wer beispielsweise zur Rush-Hour über den Kölner Ring fährt, wird mehr bezahlen müssen als jemand, der die Strecke nachts zurücklegt." Pendler müssten entlastet werden von den höheren Mautgebühren. Das fordert auch Kehle. Die Maut müsse eine kluge Steuerungswirkung entfalten. "Der, der mehr fährt, muss mehr zahlen." Umzusetzen wäre eine solche Strecken-Maut mit elektronischen Systemen. Kehle hält eine neue Maut für zwingend nötig, um die Verkehrswende zu finanzieren und einen Verkehrsinfarkt zu verhindern.

Nach dem Aus der Maut-Pläne waren bereits Rufe nach Alternativ-Modellen laut geworden. Umweltschützer und Teile der Grünen machten sich für eine stärker ökologisch orientierte Gebühr nach zurückgelegter Strecke stark. Ob eine Maut schon in den Klimaschutzberatungen der Koalition im Herbst eine Rolle spielt, muss sich erst zeigen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gibt sich seit dem Maut-Aus im Juni zurückhaltend zum weiteren Vorgehen.

ADAC gegen Maut für alle Autofahrer

Der ADAC lehnt eine umfassende Maut für alle Autofahrer ab. "Man sollte jetzt nicht mit anderen Maut-Modellen neue Ungerechtigkeiten schaffen", sagte ein Sprecher des Automobilclubs. Autofahrer in Deutschland seien schon jetzt jedes Jahr mit rund 53 Milliarden Euro aus Steuern und Abgaben im Verkehrsbereich belastet. Auch der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt zeigte sich skeptisch. "In Ostdeutschland gibt es ja eine ganz andere Situation als in Baden-Württemberg", sagte Landesgeschäftsführer Jürgen Leindecker. (dpa)

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KOMMENTARE


M. Tillmann

15.08.2019 - 08:57 Uhr

Es wäre ja schon etwas, wenn das Geld, dass dem Autofahrer jedes Jahr über diverse Steuern und Abgaben aus der Tasche gezogen wird, für den Straßenbau und natürlich auch den Klimaschutz (z.B. durch Steigerung der Attraktivität und Verfügbarkeit des ÖNV in ländlichen Gegenden und den "Speckgürteln") eingesetzt würde.Leider werden diese Gelder benötigt, um andere Löcher zu stopfen, die unsere Politiker durch ähnlich ambitionierte Nullnummern in die Staatskasse gerissen haben.Aber der deutsche Michel (und vor allem der böse Autofahrer) ist des Staatsmannes liebste Melkkuh. Mich würde ein Szenario reizen, in dem ALLE eine Woche auf´s Auto verzichten und versuchen, Arbeit und Leben zu bestreiten.Ich bin überzeugt, dass das einen völligen Infarkt der Wirtschaft, der übrigbleibenden Verkehrsmöglichkeiten und vermutlich der Gesellschaft zur Folge hätte.P.S. Wir würden gerne den ÖNV nutzen. Dann könnten wir uns zumindest eines von drei Fahrzeugen (evtl. sogar zwei) sparen. - Ist uns durch die völlig unzureichenden Verbindungen in unserer Region aber leider nicht möglich. Daher zahlen wir grob geschätzt 600-1000 Euro monatlich nur für unsere Mobilität.(Versicherungen, Steuern, Reparaturen, Verschleiß, etc. -und die Neuanschaffung / Finanzierung von Fahrzeugen ist hier noch nicht eingerechnet!!! - dann kämen min. noch mal 300-600 Euro hinzu.) Dafür könnte ich viele ÖNV-Tickets kaufen....In diesem Sinne - lieber Herren Kehle, Brandl, Landsberg und wer immer sich noch mit dem Thema beschäftigt. - Bevor Sie - die Sie mit staats- oder firmenfinanzierten Fahrzeugen - evtl. sogar noch mit Fahrern durch die Gegend bugsiert werden. - evtl. nicht mal mehr wissen, wie man einen Tankrüssel ins Auto hält - geschweige denn, was das kostet - irgendwelche halbgaren Ideen von sich geben, machen Sie erstmal Ihre Hausaufgaben und erarbeiten Sie geeignete Region- und Gesellschaftsprofile, die eine Basis für Ihr Vorhaben darstellen könnten. Wir sprechen uns dann in 10 Jahren wieder.


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