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Allianz Kraftfahrtschaden: Konsequente Neuausrichtung

29.01.2020 01:37 Uhr
Allianz Kraftfahrtschaden: Konsequente Neuausrichtung
Will Kfz-Schäden schneller besichtigen und abwickeln und regionale Großschadenereignisse durch bundesweit zuständige Spartenleiter gesteuert wissen: Allianz-Schadenvorstand Jochen Haug.
© Foto: Allianz

Allianz-Schadenvorstand Jochen Haug hat sein komplettes Ressort neu aufgestellt und gibt ein klares Credo vor: Regionale Großschadenereignisse sollen durch bundesweiten Zugriff ihre Schrecken verlieren.

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Was sich in der Art der Schadenbesichtigung und der Zusammenarbeit mit K&L Werkstätten verändert hat, erläutert Jochen Haug als oberster Wächter über sämtliche Schäden der Allianz Versicherungs-AG im nachfolgenden Interview mit AUTOHAUS-Schadensmanager. Konkret sagt er dabei auch, was ihn zu den fundamentalen Veränderungen in seinem eigenen Vorstandsbereich bewogen hat.

"Schäden schnell in die richtigen Bahnen lenken"

AH: Herr Haug, lassen Sie uns heute über Ihre im Juli 2019 in Kraft getretene Organisationsstruktur sprechen, die Sie geschaffen haben. Wichtige Teilbereiche daraus wie beispielsweise die Live-Stream-Kalkulation hatte uns vor kurzem ja bereits Ihr Schadenchef, Herr Hackhausen, ausführlich erläutert. Mit all diesen Komponenten, gebündelt in einem ganzheitlichen "funktionalen Modell", wie Sie es nennen, wollen Sie eine verbesserte Kundenorientierung, ein hohes Maß an Digitalisierung und damit schnellere Regulierungsprozesse bewerkstelligen. Was waren Ihre entscheidenden Ausgangsparameter für diese Neuaufstellung?

J. Haug: Ein wesentlicher Beweggrund in unserer Schadenorganisation war und ist die zeitliche Komponente. Wie Sie wissen, ist es nicht nur wichtig, die Schäden schnell gemeldet zu bekommen, sondern diese auch unmittelbar in die richtigen Bahnen lenken zu können. Das bedingt, dem Geschädigten ein vollumfängliches Schadenmanagement zur Verfügung zu stellen. Dieser Gedanke hat uns maßgeblich geleitet.

Kundennähe auf allen Kanälen

AH: Schadenmanagement ist inzwischen ja ein eher allumfassendes Schlagwort in der Versicherungswelt. Was bedeutet es konkret für Sie?

J. Haug: Nun, Schadenmanagement beginnt bei uns bereits beim Abschluss eines Vertrages. Wir wollen unserem Kunden einen auf ihn und seine persönliche Situation optimal angepassten Schutz bieten. Preissensible Kunden wünschen sich eine Reparatur ihrer Schäden über unsere Vertragspartner. Kunden, die auf das Fahrzeug angewiesen sind, legen Wert auf den Ersatzwagen auch bei einem selbstverschuldeten Unfall – schlicht, um mobil bleiben zu können. Kommt es tatsächlich zum Schaden, wollen wir unseren Kunden verschiedene Möglichkeiten der Meldung bieten: Über das Internet, über die App, über unsere Vertreter oder telefonisch. Bei allem, was sich dann an die Meldung anschließt, werden wir von dem Gedanken geleitet, den Kunden in kürzester Zeit wieder mobil sein zu lassen und den Schaden schnell, geräuschlos und mit wenig Aufwand für ihn selbst zu erledigen.

AH: Und warum mussten Sie sich dazu neu organisieren?

J. Haug: Gerade beim Zusammenspiel zwischen einzelnen Bereichen hatten wir zugegebenermaßen noch Optimierungsbedarf. Dazu muss man wissen, dass in der Allianz Deutschland AG mehr als 3.000 Menschen im Bereich der Schadenbearbeitung tätig sind, davon allein in Kraftfahrtschaden über 1.500 Mitarbeiter. Noch zum Jahreswechsel 2018/2019 waren wir hier sehr regional mit vier Bereichen – Nord-Ost/Nord-West/Süd-Ost und Südwest – aufgestellt und entsprechend auch über alle Sparten regional organisiert bzw. geführt.

Bei Bedarf greift die "Deutschland-Taskforce"

AH: Gab es 2019 denn ein konkretes "Schlüsselereignis", das Sie zur Strukturveränderung mit veranlasst hat?

J. Haug: Ja, durchaus. Große regionale Schadenfälle konnten in der Vergangenheit zu kapazitativen Herausforderungen führen, die zuweilen auch unsere Kunden spürten. Parallel ereignen sich aber auch "normale", tagesübliche Schadensfälle, die ebenfalls abgearbeitet werden müssen. Deshalb haben wir kritisch hinterfragt, ob es nicht eine bessere Lösung gibt – und sind zu der funktionalen Aufstellung gekommen. Die bisherigen vier Leitungsbereichsleiter sind nun in neuer Struktur bundesweit für bestimmte Sparten verantwortlich. Im vergangenen Jahr gab es dann auch den schweren Pfingstmontagshagel vom 10. Juni, über den Sie ja umfassend berichtet hatten. Dieses Ereignis hat uns die Bestätigung der geplanten und dann umgesetzten Aufstellung geliefert.

Kumulereignis: "Normalschaden" bleibt nicht auf der Strecke

AH: Sollte sich im Frühjahr 2020 neuerlich ein solcher Hagelschlag ereignen, wie würden Sie denn darauf jetzt reagieren können?

J. Haug: Schon seit Juli 2019 können wir eingehende Neuschäden über alle Mitarbeiter aus Kraftfahrtschaden in Deutschland gleichmäßig verteilen. Damit sind wir in der Lage, unseren Kunden deutlich schneller Besichtigungstermine anzubieten und auch zu entscheiden, ob wir einen Hagelstützpunkt oder mehrere benötigen. Und vor allem können auch die Kunden, die einen "normalen" Schaden haben, weiter zuverlässig bedient werden. Um aber zu dieser Zielstruktur zu gelangen, mussten wir uns im Vorfeld detailliert anschauen, wo wir unsere internen und externen Schnittstellen optimieren können. Dies haben wir in aller Gründlichkeit getan. Von daher sind wir uns sicher, durch eine einheitliche Steuerung der Schäden effektiver und schneller in unserer Bearbeitung zu werden. Bestimmte Bereiche sind gebündelt und unter eine Leitung gestellt: Bisher unterschieden wir grundsätzlich zwischen einfacheren und komplexeren Schäden, nun sind wir teilweise granularer bzw. mit einem neuen Aufgabenzuschnitt unterwegs, aber eben unter teilweise neuen und wenigen Abteilungsleitungen.

AH: Heißt weniger Abteilungen auch weniger Beschäftigte?

J. Haug: Natürlich sehen wir Skaleneffekte durch eine einheitliche Steuerung, aber auch die Möglichkeit der einheitlichen Schadenbearbeitung. Zudem nehmen unsere Digitalisierungsprojekte – wie die Live-Stream-Kalkulation in Echtzeit, zu der Sie sich ja bereits mit Herrn Hackhausen unterhalten hatten – Einfluss auf die Art der Aufgaben, die unsere Mitarbeiter im Schaden-Innen- und -Außendienst künftig zu erledigen haben. Das heißt aber nicht, dass dadurch automatisch mit weniger Personen geplant wird. Seit Juli 2019 haben wir in Kraftfahrtschaden genauso viele Mitarbeiter für unsere Kunden im Einsatz wie zuvor. Wo wir welche Effekte erreichen, wird genau analysiert. Aus den Ergebnissen werden wir danach unseren konkreten Handlungsbedarf ableiten, zumal wir bereits jetzt mit unserem guten Neugeschäft auch gegenläufige, sprich sehr positive Effekte sehen.

Digitalisierung und Personenschäden

AH: Herr Haug, Sie erwähnten eben die Digitalisierungsprojekte. Welche Rolle spielen diese bei der neuen Aufstellung?

J. Haug: Nun, dieses Thema ist für uns von verschiedenen Seiten her wichtig. Zum einen wollen wir im Schadenbereich unseren Kunden die schnelle und unkomplizierte Schadenmeldung online ermöglichen. Andererseits geht es uns um einen unkomplizierten Datenaustausch mit Kunden, Partnern und mit Dritten. Außerdem spielt das Thema Datenanalyse für uns eine große Rolle. So sollen unsere Datenanalysten bestmöglich unsere Kundenbetreuer, also die Schadenbearbeiter, unterstützen. Nach meiner festen Überzeugung werden wir dadurch in absehbarer Zeit deutlich schneller anhand von Fotos erkennen, wie hoch bei bestimmten Beschädigungen an den Kraftfahrzeugen die Wahrscheinlichkeit von Personenschäden und deren Schwere ist. Das wird uns bei der aktiven Bearbeitung helfen und durch schnellere Reaktion sowie zielgerichtete Hilfsmaßnahmen auch einen positiven Einfluss auf die Rekonvaleszenz verletzter Personen haben. Aus den positiven Zusatznutzen wie z.B. der Wiedereingliederung in das berufliche und soziale Umfeld sinkt in der Regel auch der Schadenaufwand insgesamt, was in letzter Konsequenz sogar erfreuliche Auswirklungen auf die Prämien hat, die wir unseren Kunden anbieten können.

"Wenn nötig, justieren wir nach"

AH: Ihre neue Allianz Schadenstruktur ist jetzt seit gut einem halben Jahr wirksam. Sehen Sie bereits erste Ergebnisse, die Ihnen zeigen, dass die Umstrukturierung richtig war, zumal Sie vermutlich von Ihren Mitarbeitern in der Umstellungsphase nicht nur "Jubelgesänge" gehört haben?

J. Haug: Ihre Einschätzung kann ich vom Grundsatz her zunächst teilen, ja. Wir wussten aber, dass es bei einer solchen Veränderung wichtig ist, die Mitarbeiter vorab zu informieren und ihnen Raum für ihre Fragen zu geben. Von daher erfolgte schon in der Projektphase in Abstimmung mit unserem Betriebsrat eine offene Kommunikation darüber, was wir machen werden. Seit erfolgter Umstellung wird der Dialog mit den Mitarbeitern weiterhin intensiv geführt, denn sie sind ein entscheidender Teil der gesamten Schadenbearbeitung. Lassen Sie mich abschließend noch auf Ihre Frage nach ersten Ergebnissen eingehen: Ja, wir sehen erste, sehr positive Ergebnisse, aber es in der Tat noch zu früh, um zu sagen, dass jetzt alles final erledigt ist und wir nicht gegebenenfalls nochmals leicht nachjustieren werden, um auch wirklich all unsere Ziele zu erreichen. Ich denke aber, dass wir eine organisatorische Aufstellung gefunden haben, die uns den Weg in eine digitale und hoch kundenorientierte Welt ermöglicht.

AH: Vielen Dank, Herr Haug, für dieses informative Gespräch.   (wkp)

Der Pfingstmontagshagel vom 10. Juni 2019 bescherte der Allianz punktuell gut 20.000 Kfz-Schäden in der Monopolregion München. Spontan zogen daraufhin Frank Warzecha (r.), Leiter des bundesweiten Kraft-Schadenaußendienstes (SAD), sein für Bayern zuständiger Kollege Robert Übler (l.) und Chef-SV Günther Moosmüller (3.v.l.) zahlreiche Gutachter aus anderen Allianz-Regionen Deutschlands zur Unterstützung in den unterschiedlichen Hagelstationen in Südbayern zusammen.
© Foto: Walter K. Pfauntsch
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