Wer sich frühzeitig auf aktuelle Branchenveränderungen einstellt und mutig neue Geschäftsfelder besetzt, ist der Konkurrenz einen Schritt voraus. Diese Zeit kann genutzt werden, um wichtige Erfahrung zu sammeln und sich Alleinstellungsmerkmale in Service und Dienstleistung zu sichern, während die Marktbegleiter noch damit beschäftigt sind, ihr konventionelles Geschäft zu betreiben. Auf Start-ups und Zukunftstrends zu setzen, ist dabei nicht ohne Risiko: Entscheidend ist, die richtige Balance zwischen Werkstattaufträgen und freien Reparatur- oder Servicekapazitäten zu halten. Schon mehrfach den "richtigen Riecher" hatte in den letzten Jahren der Teilegrossist Coparts mit seiner Servicegesellschaft G.A.S.
Die Folge war der sukzessive Aufbau eines qualifizierten und zertifizierten Werkstattnetzes und dessen Auslastung durch zukunftsträchtige Kooperationen wie mit DHL/Streetscooter. Neben dem traditionellen Fokus auf das Flotten- und Fuhrparkgeschäft nahm man mit dem zusätzlichen Geschäftsfeld Reifen sowie der Nachrüstoffensive von Euro 5 auf Euro 6 zusammen mit Bosal zuletzt auch immer wieder den Privatkunden ins sprichwörtliche Visier – stets mit dem gemeinsamen Ziel, Teile der Copart-Gesellschafter aus dem freien Markt zu verkaufen.
Ferndiagnose statt Ölfilterwechsel
Entsprechend selbstbewusst präsentierte sich das Triumvirat aus Coparts-Geschäftsührer Ulrich Wohlgemuth sowie den beiden G.A.S.-Chefs Andreas Brodhage und Thomas Ramdohr im Rahmen der 12. Profi Service Tage in Frankfurt am Main. Der Rahmen hätte nicht besser gewählt sein können: Auf 180 Ständen präsentierte der Freie Markt in der Messehalle 3 seine Kompetenz in Sachen Fahrerassistenzsysteme, Elektromobilität, Telematik und intelligenter Werkstatt-EDV: "Durch das zunehmende Fahrzeugalter von mehr als neun Jahren wird der Kampf um den Ölfilterwechsel bei Golf III und IV künftig noch härter werden. Statt uns in diesem Segment auf einen Preiskampf einzulassen, kommuniziert die aktuelle Version von Coparts online direkt mit dem Kundenfahrzeug und erfährt auf Basis von Telematikdaten in einer Vorabdiagnose welche Arbeiten und Ersatzteile notwendig sind. Hier liegt die Zukunft", betonte Ulrich Wohlgemuth.
E-Mobilität und Carsharing vereint
Das nächste heiße Eisen in Sachen Werkstattauslastung hat man dabei in Essen und Dorsten schon im Feuer: Durch eine exklusive Kooperation mit dem Aachener Start-up UZE Mobilty steht eine Flotte von 500 Streetscootern in den Startlöchern. An dieser hängt jedoch eine deutlich größere Chance als nur Wartungs- und Servicegeschäft, wie G.A.S.-Geschäftsführer Andreas Brodhage zusammen mit den UZE-CEOs Sebastian Thelen und Dr. Dr.-Ing. Alexander Jablovski präsentierte.
Durch eine intelligente Mischung aus E-Transportern, die in Ballungsräumen die letzte Meile der Logistik übernehmen und zielgerichteter, straßengenauer Werbung auf patentierten Displays am Fahrzeug hat UZE einen neuen High Tech-Ansatz im Sharingmakt gefunden – zunächst für Deutschland, in einem weiteren Schritt soll europaweit ausgerollt werden. Für Coparts und G.A.S. ergeben sich daraus gleich mehrere Möglichkeiten: "Wir sind aktuell gemeinsam dabei, die Anforderungen für den Einbau der Werbedisplays in ein Schulungskonzept umzusetzen, um unser Werkstattnetz entsprechend zu qualifizieren. Jeder Coparts-Gesellschafter erhält zudem ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, dass bei der Belieferung der Betriebe mit Ersatzteilen für zielgruppenspezifische Werbung genutzt werden kann und zwar dort, wo unsere Kunden sind: Auf der Straße", so Brodhage. Jede Flotte sei interessiert daran, ihre Logistikkosten zu senken und UZE Mobility habe ein innovatives Konzept vorgelegt.
Global Automotive Repair kommt in Fahrt
"Andere machen in Plattformen, wir machen in Kunden", fasste Andreas Brodhage die G.A.S.-Philosophie treffend zusammen. Dass diese Strategie aber auch Grenzen hat, wurde im Rahmen der Vorstellung des neuen G.A.R.-Geschäftsbereichsleiters Benjamin Moore sehr deutlich. Offen räumte Brodhage ein, dass der bereits Ende 2018 angekündigte Einstieg in die Schadensteuerung bisher keinen Mehrumsatz generiert habe: "Stand heute haben wir 0 Unfallschäden repariert. Bevor wir Kunden für den Bereich Karosserie & Lack akquirieren, muss erst ein qualifiziertes, flächendeckendes Werkstattnetz stehen."
Hier sei man gemeinsam mit dem Partner Akzo Nobel auf einem guten Weg. Im Gegenzug zur Erweiterung der eigenen Kompetenzen um die Unfallreparatur bietet man den Acoat Selected Partnern die bewährten Schulungen in Sachen Hochvolt und Elektromobiltät an. Auch die Teilestrategie steht bereits fest: "Wichtig ist, dass wir jedes Fahrzeug reparieren können. Da die freien Lieferanten im Bereich Karosserie keine Investitionen tätigen werden, ehe das Thema Designschutz und Reparaturklausel endgültig geklärt ist, setzen wir beim Blech auf Originalersatzteile. In anderen Warengruppen wie Scheinwerfer, Kondensator- und Klimatechnik oder Achsteilen werden wir baugleiche Komponenten aus dem freien Markt einsetzen. Die großen Kunden wie Versicherungen und Flotten sind nicht länger bereit, Preise von 30 oder 40 Prozent über UVP zu bezahlen und den Einsatz von Originalmarkenersatzteilen über kurz oder lang durchsetzen", war Brodhage überzeugt.
Die wichtigsten Informationen und Bilder von der 12. Auflage der Coparts-Messe, den Profi Service Tagen in Frankfurt am Main, finden Sie in der kommenden Ausgabe von Schadenbusiness, die am 20. Dezember gemeinsam mit AUTOHAUS 23/24 erscheinen wird. (kt/wkp)