"Ersatzteile wie Scheinwerfer, Windschutzscheiben und Kotflügel sind in den letzten zwölf Monaten erneut deutlich teurer geworden", hält der Gesamtverband der deutschen Versicherer (GDV) fest. Wie aus einer aktuellen Auswertung des Verbandes hervorgeht, haben die Automobilhersteller zwischen August 2019 und August 2020 die Preise im Schnitt um fast fünf Prozent erhöht. Einige Ersatzteile seien sogar noch teurer geworden. Für den Endkunden werde der volle Preisanstieg erst nach dem Ende der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung deutlich – noch dämpfe die geringere Mehrwertsteuer die Teuerung der Ersatzteile auf 2,3 Prozent.
Mit dem neuerlichen Preisanstieg setze sich eine Entwicklung fort, die der GDV seit 2013 beobachtet: Die Kosten für Pkw-Ersatzteile "steigen rasant und deutlich schneller als die Inflationsrate": Während der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 um 8,8 Prozent nach oben ging, erhöhten die Autohersteller laut GDV ihre Ersatzteilpreise durchschnittlich um über 35 Prozent. Kofferraumklappen gingen im Preis seit 2013 fast 50 Prozent, Rückleuchten sogar um 56 Prozent nach oben.
Die Crux mit den sichtbaren Ersatzteilen
Möglich werde der seit Jahren hohe Preisanstieg durch ein Quasi-Monopol der Hersteller. Der sogenannte Designschutz schütze aktuell nicht nur das Design eines Autos, sondern auch das aller sichtbaren Karosserie-Ersatzteile wie Kotflügel, Motorhauben oder Türen. Die Folge sei, dass Autofahrer und Werkstätten viele Ersatzteile nur vom Hersteller des Autos kaufen könnten. Eine unlängst beschlossene Gesetzesänderung sieht zwar eine Änderung vor, schreibt die bestehenden Rechte aber für die nächsten 25 Jahre fest. "Die neuen Regeln zum Designschutz werden wegen der langen Übergangsfristen keinen sofortigen Effekt auf die Preise haben. Einen wirklich freien und fairen Wettbewerb bei sichtbaren Ersatzteilen wird es erst im Jahr 2045 geben", sagt GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen.
Bei den Versicherern führen die höheren Ersatzteilpreise zu steigenden Reparaturkosten nach Unfällen, wird weiter beklagt. Im vergangenen Jahr kostete ein Pkw-Sachschaden die Kfz-Haftpflichtversicherer im Durchschnitt erstmals mehr als 3.000 Euro, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 2013 hatte dieser Wert noch bei 2.400 Euro gelegen.
Für ihre Untersuchung recherchieren Ingenieure und Statistiker des GDV in der Schadenkalkulations-Datenbank von Audatex jährlich die Ersatzteilpreise für verschiedene Fahrzeugtypen. Die Auswahl der Fahrzeuge umfasst aktuell 34 Fabrikate mehrerer Hersteller und Kleinwagen ebenso wie Oberklasse-Modelle. Für jedes Fahrzeug wurden die Preise von bis zu zwanzig – im zeitlichen Verlauf vergleichbaren – Ersatzteilen erhoben, die nach Unfällen häufig ausgetauscht werden müssen. (bs)