Es muss deutlich erkennbar sein, dass der andere wirklich abbiegt. Ansonsten haftet man bei einem Unfall ganz überwiegend. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Februar 2020 (AZ: 4 U 1354/19).
Im gegenständlichen Fall fuhr die Klägerin mit ihrem Motorrad und musste an einem Stoppschild halten. Sie wollte danach links in die Vorfahrtstraße einbiegen. Als sie sah, dass ein Fahrzeug von rechts den Blinker gesetzt hatte, fuhr sie in die Kreuzung ein. Der Autofahrer bog dann allerdings nicht ab und es kam zum Unfall. Die Bikerin wurde verletzt und hielt dem Autofahrer vor, den Unfall verursacht zu haben. Sie verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld.
"Keine ausreichende Vertrauensgrundlage"
Tatsächlich bekam sie Schadensersatz nur zu einem Drittel zugesprochen, rund 5.000 Euro Schmerzensgeld. Für das Gericht hatte sie den Unfall überwiegend verursacht. Denn auf ein Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten dürfe man sich nur dann verlassen, "wenn über ein bloßes Betätigen des Blinkers hinaus in Würdigung der Gesamtumstände eine zusätzliche Vertrauensgrundlage geschaffen worden ist". Dazu gehöre, dass das Fahrzeug langsamer wird oder beginnt abzubiegen. Dass das Auto 40 km/h gefahren ist, obwohl 70 km/h erlaubt waren, reichte dem Gericht nicht aus. Es ging davon aus, dass es sich hier um ein versehentliches Blinken gehandelt habe. Der Autofahrer konnte nachvollziehbar darlegen, dass er nach Hause fuhr, dafür hätte er gerade ausfahren müssen.
Der Autofahrer haftet zu einem Drittel, weil er irreführend geblinkt hat. Man darf sich also auf ein (versehentliches) Blinken alleine nicht verlassen, sonst haftet man bei einem Unfall, warnen die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. (wkp)