Drängeln, Hupen, Schneiden oder sonstige handfeste Auseinandersetzunge: Zwei von drei Bundesbürger sind der Ansicht, dass das Aggressionslevel im Straßenverkehr in den vergangenen fünf Jahren gestiegen ist. Fast ein Drittel (31 Prozent) aller Befragten hat einen starken Anstieg beobachtet, 36 Prozent einen leichten Zuwachs. Nur jeder Fünfte (20 Prozent) gibt an, dass er keine Veränderung beobachtet habe und drei Prozent der Befragten empfanden sogar einen Rückgang. Das hat eine repräsentative Umfrage der Ipsos GmbH im Auftrag des TÜV-Verbands (VdTÜV) unter 1.000 Personen zwischen 16 und 75 Jahren ergeben.
Selbst junge Fahrer fühlen sich bedrängt
"Viele Verkehrsteilnehmer machen ihrem Ärger lautstark Luft. Das kennt wohl jeder", sagt Marc-Philipp Waschke, Verkehrssicherheitsexperte beim TÜV-Verband (VdTÜV). Das eigentliche Problem ist laut Waschke ein relativ kleiner Personenkreis, der sich und andere immer wieder massiv gefährdet. "Diese Personen neigen zu riskanten Überholmanövern, schneiden andere, fahren viel zu dicht auf oder deutlich zu schnell. Dieses Fahrverhalten ist lebensgefährlich." Laut Umfrage gibt es Unterschiede zwischen den Altersgruppen: 78 Prozent der über Sechzigjährigen beobachten einen Anstieg des Aggressionslevels; aber selbst bei den 16- bis 29-Jährigen ist der ermittelte Wert von 54 Prozent noch bemerkenswert hoch.
Empfehlungen des VdTÜV
Aus Sicht des TÜV-Verbands sollte stärker gegen aggressives Verhalten im Straßenverkehr vorgegangen werden. Eine wichtige Maßnahme in diesem Zusammenhang sei die Einführung von verpflichtenden Fahreignungsseminaren für Auto- und Motorradfahrer, die wegen Verkehrsverstößen bereits sechs oder sieben Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg gesammelt haben. Laut Kraftfahrt-Bundesamt belief sich dieser Kreis 2019 auf rund 40.000 Personen. Aktuell ist der Besuch der Seminare noch freiwillig. "Härtere Strafen allein bringen wenig. Fahreignungsseminare ermöglichen Verkehrsgefährdern, ihr Verhalten zu reflektieren und zeigen Wege auf, wie sie ihr Fahrverhalten langfristig ändern können", empfiehlt Waschke alternativ. Auch Anreize für eine frühere Teilnahme seien sinnvoll: Bis zum Punktestand von fünf sollten den erfolgreichen Teilnehmern zwei statt wie bisher nur ein Punkt von ihrem Konto abgezogen werden. Bei sechs oder sieben Punkten im Verkehrsregister könnte eine Reduzierung um einen Punkt erfolgen. Ab einer Anzahl von acht Punkten im Register wird Autofahrern die Fahrerlaubnis entzogen.
Auch Goslarer VGT hat Problem im Fokus
Der diesjährige Deutsche Verkehrsgerichtstag hat zur Reduzierung von Aggressivität im Straßenverkehr weitere Maßnahmen empfohlen. Bereits im Rahmen der schulischen Verkehrserziehung erlernen Schüler ein respektvolles Verkehrsverhalten. Diese sollte daher ausgebaut und weiterentwickelt werden. Kraftfahrer sollten außerdem verstärkt an Programmen wie z. B. Anti-Aggressions-Trainings teilnehmen, wenn sie durch bedrohliche Verhaltensweisen auffallen. Alle aktuellen Forderungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit aus Sicht des TÜV-Verbandes sind im aktuellen Positionspapier "Forderungen an ein Verkehrssicherheitsprogramm für das neue Jahrzehnt" zusammengefasst. (wkp)