Ausgabe 09/2011: Die verändernde Tat

Die verändernde TatService-management 2011 E Das Servicegeschäft brummt. Dennoch sind Weichenstellungen notwendig: Elektroautos, Mitarbeiterqualifikation, Digitalisierung in der Serviceannahme, Reifengeschäft und vieles mehr.Von prof. hannes brachatExakt 42.301.563 Millionen Pkw fahren derzeit auf Deutschlands Straßen. Selbst bei den zusätzlich rund 4 Millionen stillgelegten Fahrzeugen sind Servicearbeiten durchzuführen. Service-Gesamtpotenzial: 46 Millionen Pkw! Dahinter stehen laut DAT-Report 2011 sage und schreibe p. a. 80,1 Millionen Wartungs- und Reparaturaufträge. Der Wartungsaufwand pro Fahrzeug lag 2010 bei 230 Euro und für Verschleißreparaturen bei 201 Euro. Die „Kundenwertanalyse“ (Abb. 1) zeigt das Chancenpotenzial pro Kunde auf. Für Stamm- wie für Neukunden! 2011 werden die markengebundenen Betriebe weiter von den Auswirkungen der Umweltprämie 2009 profitieren. Die neue E-HerausforderungDennoch – der Servicekuchen wird nicht größer. Die neuen Fahrzeugmodelle sind einerseits komplexer, andererseits gerade während der Garantielaufzeit mit weniger Serviceaufwand verbunden. Die anstehenden alternativen Antriebsformen, die zunehmende Elektronikausstattung der Fahrzeuge, sprich die wachsende technische Komplexität spricht als Zukunftschance für das markengebundene Autohaus. Das Elektrofahrzeug wird reinrassig oder in Hybridform auf den Markt kommen, und zwar in „gehbaren Schritten“. Gerade das Elektrofahrzeug bringt im Service spezifische Auswirkungen mit sich. Es braucht kein Mineralöl, hat keinen Auspufftopf, keine Lichtmaschine, keine Wasserpumpe, kein Schaltgetriebe, keine Kolben, keine Ventile, keinen Anlasser, die Differenziale fallen weg und der Tag wird kommen, an dem elektrisch gebremst wird. Werkstattauslastung!Auch wenn diverse strategische Optionen für den Service der Zukunft denkbar sind, im Zentrum der Herausforderungen für den einzelnen Betrieb steht das Thema Werkstattauslastung! Eine Werbung von pit.stop auf dem Titel der BILD Zeitung (Abb. 2) zeigt aktuelle Wettbewerbssprache. Die Inspektion für 59 Euro. Oder es sei die pit.stop-Offerte für einen Komplettölwechsel inklusive Filter, Mehrwertsteuer und bis zu 5 Liter Castrol-Premiumöl für 20 Euro (!) aufgerufen. Und der Gewinn im After Sales ist – laut IfA, Prof. Dr. Willi Diez – zu 50 Prozent abhängig vom Ölgeschäft. Die Tatsache, dass zwei Drittel des Gesamtgewinns im Autohaus 2010 abermals über den Service eingefahren wurden, ist für die Zukunft nicht selbstredend garantiert. Der Wettbewerb kommt massiv und verstärkt sichtbar über die freien Werkstattketten sowie über die Überbesetzung bei verschiedenen (Volumen-)Marken zustande. Die „freien Ketten“ setzen ihren Wirkungsfokus auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und powern das mit der Wirkung des Discounters. Gezieltes Preisimage!Kundenzufriedenheit? Ja, aber ...Alle Welt bohrt und bohrt auf dem dicken Brett der Kundenzufriedenheit. Fakt ist: es herrscht Stillstand! Es helfen auch alle Werkstatttests nicht mehr. Wenn TÜV, Dekra u. a. pro Jahr 50.000 Werkstatttests bei Markenbetrieben durchführen, so muss deren Wirkung hinterfragt werden. Wann werden endlich die zehn häufigsten Fehler im Service dingfest gemacht, die 80 Prozent der Kundenzufriedenheit bewirken? Und nur daran wird gearbeitet. Der Kunde möchte freundlich und kompetent beraten werden, verlässliche Termine und diese möglichst ohne Wartezeit erleben, die per Diagnose festgestellten Mängel – und nur diese – beseitigt sehen, für diese vorab einen verbindlichen Preis wissen, den er dann in der Rechnung wiederfindet. Und damit stehen 90 Prozent Kundenzufriedenheit. Es geht also um die Verhaltensveränderung der handelnden Personen im Service. Das ist eine Frage der (Werkstatt-)Führung und der Mitarbeiterqualifizierung, die es durch gezieltes Coaching beispielsweise in der Kundenannahme oder in der Werkstatt selbst zu verändern gilt. Getestet haben wir genug! Die verändernde Tat ist gefordert. Auch die überzogene Telefonitis nach dem Service, wie z. B. bei Mercedes-Benz nach jedem Servicebesuch vorgegeben ist, ist einzustellen. Telefonitis nervt die Kunden und bewirkt das Gegenteil! Die zentrale Botschaft muss heißen: Mach es gleich richtig, wenn der Kunde kommt! Das ist die Stunde der Wahrheit. Und nicht hinterher nachfragen, ob das Kind in den Brunnen gefallen ist. Man stecke dieses verplemperte Telefonbefragungsgeld besser in wirkungsvolleres Service-Marketing und überlege, was man im Service für bestimmte Autofahrergruppen weglassen kann, um eine Instandhaltung – gerade für ältere Fahrzeuge – zum niedrigeren Preis zu ermöglichen. Bei einem durchschnittlichen Stundenverrechnungssatz von 75 Euro (ohne MwSt.) für mechanische Arbeiten sind weitere Preiserhöhungsspielräume sehr eng dimensioniert. Servicemarketing Jedem ist bekannt, dass Internet heute eine attraktive Informations- und Akquisitionsplattform darstellt. Wie die GW-Börsen inzwischen funktionierende Handelsplätze darstellen, ist der markengebundene Fachbetrieb gehalten, im Internet nicht nur reine Werkstattübersichten abzubilden, sondern vom Werkstatttermin über Auftragsausschreibung bis hin zu Preisangaben bzw. Angebotsangaben aufzulegen. Elektronische Werkstattauktionen stehen künftig in Reichweite. Es ist die Preislandschaft im Service, die die markengebundenen Fachbetriebe abhält, sich im Service-Börsengeschäft zu engagieren. Derweil muss man sich da gegenüber den freien Wettbewerbern nicht verstecken, sondern über attraktive Serviceangebote den Kunden für eine sau-bere Diagnose erst einmal auf den Hof holen.Reifenmanagement Die markengebundenen Betriebe haben im Reifengeschäft Fortschritte gemacht, bleiben aber offensichtlich bei 30 Prozent Marktanteil im Reifenersatzgeschäft stehen. Die strategische Forderung: Wie können weitere Reifenpotenziale gehoben werden? Der Gesamtmarkt an Ersatzreifen liegt pro Jahr bei 24,4 Millionen Pkw-Sommerreifen und 27,4 Millionen Pkw-Winterreifen. Im Kompletträderverkauf und in der Reifenaufbewahrung wird das Geld verdient. Die Schwäche liegt in den viel zu langen Ablaufzeiten. Von der telefonischen Terminannahme bis zur kompletten Räderaufbewahrung liegt die Zeit bei 61 Minuten. So positiv die zweimalige Kundenkontaktmöglichkeit pro Jahr über die Reifenaufbewahrung gegeben ist, so muss dringlichst an den Ablaufprozessen gearbeitet werden. Procontour schafft mit der elektronischen Reifenprofilkontrolle (Abb. 3) ein wirkungsvolles Kompetenzinstrumentarium, um die Reifenumsätze konsequent auszubauen (www.procontour.com). Wer künftig jedem, nochmals: jedem Kunden egal aus welchem Besuchsgrund bei der Ankunft „sein wahres (Reifen-)Profil“ zeigen kann, leistet nicht nur professionellen Service, sondern schafft über echte Profilwerte beim Kunden Vertrauen. Und das über Kompetenz. Ein anderes, elegantes Kundenbindungsmittel wird im Hause Dello mit dem Nachfüllservice geschaffen (Abb. 4). Wer im Rahmen seiner Jahresinspektion weitere 12,90 Euro liegen lässt, erhält für ein Jahr kostenlosen Nachfüllservice. Andere Autohäuser verbinden den Nachfüllservice mit 1 Liter Nachfüllöl im Rahmen einer Inspektion. UnfallmanagementDie Brücke vom Fahrzeugverkauf zum Service ist noch deutlicher über den aktiven Verkauf von Kfz-Versicherungen zu schlagen. Weshalb? Die Zahl der jährlich 4 Millionen Unfälle wird sich rückläufig gestalten. Es geht um die Zukunft im Schadenmanagement. An wen wendet sich der Kunde, wenn sein Fahrzeug stehen bleibt? An wen, wenn er einen Unfall hat? Einige Kfz-Innungen stellen ihren Betrieben dazu hilfreiche Werbematerialien zur Verfügung, damit ein Kunde weiß, an wen er sich im Fall der Fälle zu wenden hat (Abb. 5).Reparatur- und ZubehörfinanzierungErwachet! Wer bei den Bosch-Servicestationen im Netz nachschaut, stellt fest, dass dort Reparaturen über 250 Euro finanziert werden können. ATU gibt hier keine Grenze vor. Und wie sieht das in der markengebundenen Werkstätte aus? Die Mercedes-Benz Bank oder Skoda macht es möglich! Zur dringlichen Nachahmung empfohlen (Abb. 6 und 7). WaschmarktKomisch, die aufbereiteten Gebrauchtwagen im Markenhandel sehen aus wie neu. Die Branche ist aber nicht in der Lage – oder hat es (noch) nicht nötig –, sich aktiv um den Pflegemarkt zu kümmern. Das erinnert an die verpennten Glasreparaturen. CarGlass bietet jetzt den mobilen Glasreparaturservice und kommt zum jeweiligen Kunden in dessen Garage! Man muss in einem Berliner Hotel absteigen, um Pflegeofferten für sein Fahrzeug vom freien Markt wahrzunehmen (Abb. 8).ServiceverkäuferWir alle sprechen vom Neuwagenverkäufer, vom GW-Verkäufer, vom Teile- und Zubehörverkäufer, aber immer noch vom Serviceberater. Er hat sich aber bei gegebener Service-Volumenbegrenzung zum Serviceverkäufer zu wandeln. Branchenexperte Erwin Wagner zeigt auf (Abb. 9), in welchen Bereichen der Direktannahme im Durchschnitt gearbeitet wird, was aber umgekehrt aktives Verkaufen aus- und möglich macht. Der Service lebt in Zukunft vom nachhaltigen Verkaufen! Das ist nicht eine Frage des Balbierens, sondern des genauen Hinschauens und Diagnostizierens. zDAT-Report 2011: In AUTOHAUS 8 lag der aktuelle DAT-Report 2011 bei. Sie können ihn auch kostenlos als Download herunterladen unter: www.autohaus.de/dat-reportLesen SIe hier...... wo man jetzt angreifen sollte, damit das derzeit gut laufende Servicegeschäft auch morgen noch zuverlässig brummt.

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