Ausgabe 10/2008: Geheimwaffe mit Profil

Reifenvermarktung / Das Reifengeschäft kann eine Perle im Autohaus-Serviceportfolio sein. Wenn es professionell betrieben wird. Geheimwaffe mit ProfilVon Andrea MittermeierDas Reifengeschäft sollte jedem After-Sales-Leiter am Herzen liegen. Die Rädereinlagerung fördert den gesamten Teile- und Zubehör-Verkauf, denn ein Kunde, der seine Reifen im Autohaus lagert, kommt mindestens zweimal pro Jahr vorbei. Insgesamt hat der Markenhandel in Sachen Reifengeschäft große Fortschritte gemacht – im Vergleich auch zum Reifenfachhandel. Und der Trend wird sich fortsetzen, da heute alle führenden Automobilhersteller dem Endkunden sämtliche Dienstleistungen aus einer Hand anbieten wollen. Mit Hilfe der Herstellerunterstützung bezüglich Servicemarketing gelingt inzwischen auch der werbliche Auftritt in den Autohäusern immer besser. Zeigen, was man hatZuallererst muss der Kunde deutlich wahrnehmen, dass überhaupt ein aktives und attraktives Reifengeschäft stattfindet, um ihn in der Folge dafür zu gewinnen. Das Zauberwort heißt also Außenwerbung – potenzielle Kunden müssen mit Zeitungsanzeigen, Mailings, Sonderangeboten, Umrüsttagen etc. angesprochen werden. Eine große Rolle spielt hier das Internet, denn auch auf der eigenen Website lässt sich das Reifengeschäft präsentieren. Kurzum: Ein gutes Marketing ist das A und O, und das bedeutet, dass ein Großteil des Erfolgs von der Intensität der Marketing- und Schulungsbemühungen abhängt. Diese Notwendigkeit hat man beispielsweise bei Ford erkannt und bietet dort neben der regulären Verkaufsschulung auch besondere Ausbildungsschwerpunkte in der Vermarktung von Reifen an. Die Adam Opel GmbH beschäftigt sich seit 1991 intensiv mit dem Reifengeschäft. Da der konkurrierende Fachhandel auch Dienstleistungen für Schalldämpferreparaturen, Bremsbeläge oder Stoßdämpfer anbietet, trainiert Opel seine Vertragshändler hinsichtlich des Reifengeschäftes, damit das "Core Business" auch im Händlerbetrieb bleibt. So bietet die Opel-Trainingsakademie spezielle Reifenlehrgänge an, die unter anderem Technik- und Vermarktungs-Know-how beinhalten. Diese Lehrgänge werden mit Unterstützung der Reifenhersteller entweder in den eigenen Trainings-Centern oder bei Bedarf auch direkt in großen Händlerbetrieben durchgeführt. Die Volkswagen- und Audi-Vertriebszentren sind bereits sehr früh, im Jahr 1976, ins Reifen- und Komplettradgeschäft eingestiegen. Seit 1982 werden sie dabei zentral von der Volkswagen AG unterstützt. Die Verzahnung von Erstausrüstung und Ersatzgeschäft ist überaus eng – mit Continental, Goodyear, Michelin, Dunlop, Pirelli und Bridgestone/Firestone stellen die Anbieter der Erstausrüstung auch in den VW- und Audi-Autohäusern die wichtigsten Umsatzträger dar.Gemeinsam stärkerVolkswagen setzt seit einigen Jahren erfolgreich auf eine Wertschöpfungspartnerschaft mit Continental. Wie der Name schon sagt, setzt diese Verbindung an möglichst vielen Punkten der Wertschöpfungskette an – von Forschung und Entwicklung bis zum Aftersales-Geschäft. Durch die Partnerschaft stieg der Absatz von Continental-Reifen über den Volkswagen- und Audi-Absatzkanal prozentual zweistellig. "Im selben Zeitraum konnte Volkswagen den Gesamtreifenabsatz auf über drei Millionen Stück steigern", sagt Peter Albrecht, Leiter Produktmanagement Reifen bei Volkswagen Accessories/Votex.Die bei Volkswagen vorhandenen Außendienstressourcen erlaubten keine Intensivierung der Reifenvermarktung. Im Rahmen der Partnerschaft stellte Continental zusätzliche so genannte "Service-Coaches" zur Verfügung. Diese besuchen regelmäßig die Händler des Volkswagen-Konzerns, um sie in der Vermarktung von Reifen zu unterstützen – von der Kundenansprache über die Preisgestaltung bis hin zur Erfolgskontrolle der eingeleiteten Maßnahmen. In Autohäusern mit ausreichend großem Potenzial wurden außerdem auf Reifen spezialisierte Mitarbeiter ausgebildet. Diese Reifenexperten kümmern sich um die Vermarktung, sorgen für die Auswahl eines geeigneten Sortiments und organisieren saisonale Reifen-Aktionstage für Autohauskunden. Dabei kann Volkswagen auf bereits vorhandene Schulungsprogramme von Continental zugreifen und so das Know-how seines Partners nutzen.Volkswagen und Continental nutzten außerdem von Anfang an gemeinsame Kommunikationsmaßnahmen: Zum einen wollten sie dafür sorgen, dass der Endkunde die Volkswagen-Autohäuser stärker als kompetente Verkaufsstellen für Reifen wahrnimmt, und zum anderen sollten die Händler bei verkaufsfördernden Maßnahmen unterstützt werden. Um sicherzustellen, dass die Reifen in den Autohäusern ansprechend präsentiert werden, entwickelten die beiden Unternehmen ein modulares Reifenpräsentationssystem. Denn auch bei Werbemaßnahmen für das saisonale Reifengeschäft kommt der Gestaltung der Autohäuser als Point of Sale natürlich eine besondere Bedeutung zu. Zur Wintersaison beispielsweise sollte der Zubehör-Shop passend dekoriert sein, um den Kunden auf die Möglichkeit und Notwendigkeit zur Umrüstung aufmerksam zu machen. Auch bei der klassischen Werbung setzen die beiden Partnerunternehmen auf Synergien: So lässt Continental beispielsweise zu Promotion-Zwecken Volkswagen Touaregs kreuz und quer durch Deutschland fahren. Und auch der Internetauftritt des Reifenherstellers zeigt Volkswagenmodelle wie den Beatle und den Golf.Durch die Wertschöpfungspartnerschaft sicherte sich Continental den wichtigen Autohausabsatzkanal der Volkswagen AG, während diese wiederum die Vermarktung von Reifen in ihren Partner-Häusern optimieren konnte. Beide Unternehmen steigerten ihre Absatzzahlen, nutzten Synergieeffekte sowie zusätzliche Ressourcen und Know-how.Reifengeschäft im Autohaus: ein ÜberblickSowohl beim Fahrzeughersteller als auch beim Händler vor Ort wird heute überwiegend ein aktives Reifengeschäft betrieben. Die Chancen, ein erfolgreiches Reifengeschäft als Kurbel für die Werkstatt und vor allem als Kundenbindungsinstrument für das Autohaus einzusetzen, sind erkannt. Nach Ansicht von Audi ist Reifenkauf Vertrauenssache, da Qualität und Zustand der Reifen sicherheitsrelevant sind und damit besonders bedeutend. In diesem Markt liegt der Anteil der Audi Partner am Audi Marktvolumen bei zirka 35 Prozent. Die Service Partner bieten Reifen von Continental, Dunlop, Pirelli, Michelin, Goodyear und Bridgestone an – die gleichen wie im Neufahrzeuggeschäft. Sie sind auf die Fahrzeuge abgestimmt und getestet. Aus dieser Übereinstimmung leiten sich gemeinsame Vermarktungsaktionen ab. Audi bietet weder Billigmarken noch runderneuerte Reifen an. Ähnlich wie im Zubehörbereich sind die Mitarbeiter aus dem Bereich Service und Teile im Autohaus zum Thema Reifen geschult und informiert. Ein Mitarbeiter im Teiledienst ist in der Regel der Reifenspezialist, oder der Zubehörverkaufskoordinator übernimmt diese Funktion ebenfalls. Die Präsentation der Ware erfolgt bevorzugt in der Direktannahme oder als Komplettrad im Showroom. Bei der Vermarktung setzt Audi auf persönliche Beratung, seitens des Herstellers erfolgt keine Vermarktung über Internet. Auch BMW arbeitet mit den Reifenherstellern intensiv zusammen – bis hin zur Vermarktung. Von den Partnern werden alle Marken mit Werksfreigabe angeboten. Runderneuerte Reifen werden grundsätzlich nicht vertrieben. Auf Reifen spezialisierte Verkäufer gibt es vor Ort nicht. In den Autohäusern besonders präsentiert werden Reifen mit Runflat-Technologien. Eine spezielle Internetplattform für den Reifenverkauf gibt es nicht. Ford bietet seinen Partnern im Handel eine Internet-Bestellplattform, den eMarktplatz, über die das Geschäft mit allen namhaften Reifenlieferanten abgewickelt werden kann. Darüber hinaus hat der Hersteller in seinen Händlerbetrieben über 700 so genannte "Ford Reifen Manager" (FRM) etabliert, die kompetente Ansprechpartner für das Geschäft mit Reifen sind. Sie werden von Ford mit allen relevanten Informationen rund um das Geschäft mit Reifen versorgt. Im Endkundenbereich gibt es keine spezielle Internetplattform oder Präsentation auf der Webseite, es gibt jedoch Kommunikation zum Thema Reifen, etwa über die Reifenbroschüre. Auch Mazda arbeitet seit Jahren mit namhaften Reifenherstellern, wie Continental, Dunlop, Pirelli, Michelin, Goodyear und Bridgestone/Firestone, zusammen. Runderneuerte Reifen kann man bei den Mazda-Händlern nicht kaufen. Das Reifengeschäft ist eines der Kernthemen bei den von Mazda gemeinsam mit der Reifenindustrie angebotenen Zubehörschulungen, die vom Service-Personal des Autohauses besucht werden. Zur Präsentation von Rädern und Reifen bei Mazda gehört, dass Kompletträder sowohl am Fahrzeug als auch in den Zubehör-Shops gezeigt werden. Die Händler können über das Mazda-eigene Reifen-Online-Portal Reifen und Räder bestellen, Verfügbarkeiten abfragen und Preisvergleiche vornehmen. Außerdem können sie sich hier über Sonderangebote und Spezialaktionen informieren. Bei Nissan wird das Reifengeschäft besonders gefördert: durch internetbasierte Bestellsysteme, starke Kommunikation oder spezielle Schulungen der Serviceberater beziehungsweise Reifenverkäufer bei den Nissan-Partnern. Der Hersteller arbeitet in Deutschland mit 13 Reifenpartnern zusammen, nämlich Goodyear, Dunlop, Fulda und Pneumant, Michelin, Kleber und BF Goodrich, Continental, Uniroyal, Semperit, Barum Bridgestone und Firestone. Runderneuerte Reifen gibt es auch hier nicht. Die Vertragshändler von Peugeot verkaufen dieselben Markenreifenfabrikate und ebenfalls keine runderneuerten Reifen. Spezielle Verkäufer für Reifen gibt es auch hier nicht. Es gibt einen Außendienst, der für das Teile- und Zubehörgeschäft allgemein verantwortlich ist. Auf der Internetseite von Peugeot können sich Kunden unter dem Punkt Original-Zubehör auch über das Reifenangebot für die jeweiligen Fahrzeugtypen informieren. Eine spezielle Plattform gibt es nicht. Renault hat mit rund 40 ausgewählten Partnern ein Projekt 2003 gestartet. Bei diesem Projekt wird ein Reifenverantwortlicher im Autohaus benannt, mit dem in Folge mehrere Bausteine durchgearbeitet werden, wie zum Beispiel Reifenwechselwochen, POS-Gestaltung, Preispositionierung, Kommunikation und Absprache mit dem Neuwagenverkauf.Neue Wege gehenDie Internet-Präsentation des Bereichs Teile und Zubehör im Allgemeinen und von Reifen im Speziellen ist markenübergreifend bei den meisten Autohäusern ausbaufähig. Einige bieten auf ihrer Webseite gar keinen Link zum Zubehör-Angebot. Und die, die es tun, vermarkten dort, neben vielen anderen Produkten, eben auch die Reifen mit. Da aber unter anderem die Online-Reifenhändler eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz darstellen, sollten Autohäuser bezüglich ihrer Vermarktung vermehrt in diese Richtung denken. Online-Händler bieten sowohl Billig- als auch Markenreifen an. Der Kunde bestellt im Internet und die Reifen werden dann direkt zu einem örtlichen Reifenhändler geschickt, der die Montage relativ günstig vornimmt. Auch wenn dieser Weg keine gleichwertige Alternative zum Gang ins Autohaus darstellt – der Kunde scheitert oftmals bei den Angaben zur Reifenart und Reifengröße –, geht der Trend nun einmal hin zur Abwicklung über das Internet. Händler tun also gut daran, ihre Serviceseite im Internet um den Reifenauftritt zu erweitern und diesen auch gleich mit Anmeldeterminen zu kombinieren.

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