Interview TÜV Rheinland: "Wir können viel mehr als HU "

AH: Herr Prof. Brauckmann, Herr Weissenborn, welche Ziele haben Sie sich für 2015 gesetzt? J. Brauckmann: Als TÜV Rheinland Mobilität sind wir im wahrsten Sinne des Wortes zweigleisig aufgestellt - auf der einen Seite im Bereich Automobil, Autoservices und Engineering und auf der anderen Seite im Bereich Bahntechnik und Intelligent Transport Systems. Gerade Verkehrs-Telematik und -Lenkung sind Zukunftsthemen, autonomes oder teilautomatisiertes Fahren wird in den künftigen Fahrzeugentwicklungen einen großen Bereich einnehmen. Mit unserem Technologiezentrum für Verkehrssicherheit übernehmen wir schon heute Entwicklungsbegleitung und Typprüfung - hier wollen wir das Engagement dieses Jahr weiter ausweiten und uns profilieren. AH: Und aus Vertriebssicht? Welche Pläne hat der neue Vertriebsleiter? M. Weissenborn: Wir werden uns in Zukunft noch stärker an den Bedürfnissen des Kunden orientieren. Gerade die Entwicklung von neuen Dienstleistungen und Lösungen soll in enger Abstimmung mit unseren großen und wichtigen Kunden passieren. Was ich gerade beobachte, ist, dass wir anfangen, Key-Account-Kunden über alle unsere Geschäftsbereiche hinaus zu betreuen. AH: Eine breitere Dienstleistungspalette bedeutet für Ihre Kunden konkret? M. Weissenborn: Wir werden mit unseren Kunden in einen engeren Dialog treten und fragen: Was braucht ihr? Und nicht sagen: Wir haben da etwas für euch. Sollte der Kunde dann eine Lösung benötigen, die wir noch nicht im Angebot haben, werden wir schauen, wo wir diese herbekommen können. Nur so sind wir in der Lage, ganzheitliche Lösungen anzubieten. Gerade mittelständische Autohaus-Unternehmer brauchen viel mehr Services. Man denke nur an Prüfpflichten für Werkzeuge oder an Gebrauchtwagenmanagement. Die Hauptuntersuchung (HU) ist dann nur eine von vielen Dienstleistungen. Der vertriebliche Erfolg darf und kann nicht nur auf der HU beruhen. Denn wir können viel mehr! AH: Bitte erläutern Sie dennoch Ihre Pläne bei der Fahrzeuguntersuchung. J. Brauckmann: Da die wesentliche Musik bei uns ja im Bereich Fahrzeuguntersuchungen, Schaden- und Wertgutachten und Führerscheinwesen spielt, wollen wir hier im Jahr 2015 in unserer bundesweiten Marktpräsenz noch stärker werden. Wie Sie ja wissen, haben wir mit unserer Tochtergesellschaft FSP die bundesweite Marktabdeckung geschafft. Aber es gibt noch ein paar weiße Flecken auf der Landkarte, weshalb wir hierfür noch Partner suchen - sprich Sachverständigen- und Prüfingenieurbüros -, die gerne im Angestelltenverhältnis oder in der FSP-Franchiseorganisation tätig sein wollen. M. Weissenborn: Einzigartig in Deutschland ist, dass wir Partnern diese zwei Systeme anbieten können. Man kann als Prüfingenieur unter das Konzerndach schlüpfen - oder eben nicht. Diese Möglichkeit gibt es bei anderen Überwachungsorganisationen eigentlich nicht. AH: Wo befinden sich die weißen Flecken? J. Brauckmann: Einerseits naturgemäß in Niedersachsen, andererseits im südlichen Bayern und im südlichen Baden-Württemberg. In diesen Regionen wollen wir auf jeden Fall noch stärker werden. M. Weissenborn: Gerade der Süden ist unser wichtigstes Expansionsgebiet. Wir haben hier wichtige strategische Kunden - und die wollen wir ganzheitlich bedienen. AH: Sie haben in den vergangenen Wochen Ihren Vertrieb neu aufgestellt und sich personell verstärkt. Welche Strategie steckt dahinter? J. Brauckmann: Als Erste im gesamten Wettbewerbsumfeld haben wir eine Vertriebsorganisation mit regionalen Vertriebsmanagern gewählt - in Gebieten, wo wir bereits eine große Stammkundschaft haben. Denn die bestehende Kundschaft ist für uns eine ganz wesentliche. Darauf aufgesattelt existiert eine Key-Account-Manager-Struktur, die die überregionalen Großkunden bundesweit betreut. Zum Beispiel den Bereich Fast-Fitter oder große OEM-Niederlassungen. In den Aufgabenbereich von Mirko Weissenborn als neuem Vertriebsleiter fallen einerseits die Abschlüsse von großen Verträgen oder Rahmenverträgen, andererseits der entsprechende Marktauftritt bei Veranstaltungen. Mein Ziel ist schon seit langem: TÜV Rheinland muss als Marke deutlich zu erkennen sein. AH: Bei dieser Markenführung hilft Ihnen auch der TÜV Rheinland Award, oder? J. Brauckmann: Ja, dieser Award hilft uns hier sehr stark. Darüber hinaus veranstalten wir seit Jahren zusammen mit dem ADAC Mittelrhein ein Truck-Symposium auf dem Nürburgring. Eine in Deutschland führende Fachkonferenz. Außerdem veranstaltet unsere Tochtergesellschaft FSP stets ihren Sachverständigentag anlässlich der AMI und AMITEC. AH: Herr Weissenborn, was hat Sie in den ersten Monaten beim TÜV Rheinland am meisten überrascht? M. Weissenborn: In erster Linie hat mich die kollegiale Hilfe und Unterstützung überrascht - und zwar geschäftsfeldübergreifend. Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Zudem haben wir beim TÜV Rheinland, trotz der Konzernstruktur, sehr viele Freiheiten und viele gute wie hochmotivierte Mitarbeiter. AH: Wann werden wir die von Ihnen, Herr Prof. Brauckmann, eingangs angesprochenen autonomen Mobilitätskonzepte Ihrer Meinung nach im Straßenverkehr sehen? J. Brauckmann: Teilautomatisiertes Fahren, sprich Fahrassistenzsysteme wie Abstandskontrolle und Notbremssysteme bei Lkw, ist ja bereits käuflich erhältlich und wird sich meiner Meinung nach in den nächsten fünf bis acht Jahren durchsetzen. Das richtige autonome Fahren, also das Auto, das mit der Umwelt und somit mit Kreuzungen und Straßenbegrenzungen kommuniziert, wird noch mindestens zehn Jahre brauchen. Wichtig in Deutschland und Europa ist natürlich vorher noch, die gesetzgeberischen Themen zu bewältigen und Fragen zu beantworten. Etwa: Für was ist der Fahrer überhaupt verantwortlich? AH: Herr Prof. Brauckmann, Herr Weissenborn, vielen Dank für das Gespräch. Interview: Patrick Neumann Prof. Jürgen Brauckmann Seit dem Jahr 2000 zeichnet Prof. Dr.-Ing. Jürgen Brauckmann als Vorsitzender der Geschäftsführung der TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH und als Unternehmensbereichsleiter Mobilität verantwortlich. Außerdem wurde Prof. Brauckmann im Jahr 2002 zum Mitglied des Vorstands TÜV Rheinland Berlin Brandenburg Pfalz e.V. berufen. Mirko Weissenborn Bevor Mirko Weissenborn vor wenigen Monaten als neuer Vertriebsleiter zum TÜV Rheinland wechselte, war er seit 2010 Leiter Marketing und Vertrieb bei der Fahrzeug- Sicherheitsprüfung (FSP), einem Partnerunternehmen von TÜV Rheinland. Davor arbeitete der Vertriebsprofi bei Crossgate in Starnberg. Dort verantwortete er als Direktor das OEM-Business.

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