Verkehrsgerichtstag: Kay Nehm fordert Infrastruktur-Behörde

05.02.2016 17:13 Uhr
Kay Nehm
Machte in Goslar kein Hehl daraus, dass er bei der Verkehrspolitik andere Prioritäten in puncto Sicherheit sieht als das "wunderliche Wiederaufleben von 295 regionalen Kennzeichenkürzeln" oder auch die Maut für Ausländer: Kay Nehm, Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages.
© Foto: Walter K. Pfauntsch

Marode Straßen, defekte Brücken, Ewig-Baustellen und immer längere Staus: Abhilfe könnte eine neue zentrale Behörde für Infrastruktur schaffen, meinte Verkehrsgerichtstags-Präsident und Generalbundesanwalt a.D., Kay Nehm, vergangene Woche in der Kaiserpfalz bei der Eröffnung der 54. Auflage des Experten-Treffs in Goslar.

Die Verkehrswege in Deutschland sind nach Einschätzung des Präsidenten des Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, in einem schlechten Zustand. Neubau und Sanierung hinkten weit hinter dem Bedarf her, sagte er am Donnerstag bei der offiziellen Eröffnung des 54. Deutschen Verkehrsgerichtstages (VGT) in Goslar. Deutschland sollte eine zentrale Behörde bekommen, um das marode Straßensystem zu sanieren, forderte er. „Wir müssen ernsthaft über eine Infrastruktur-Behörde für den Bau und den Betrieb von Fernstraßen nachdenken.“

"Österreich bietet gutes Beispiel für Deutschland"

Angesichts "maroder Straßen und Brücken, kilometerlanger Baustellen mit Ewigkeits-Charakter und stetig wachsender Staus" müssten "Mittel und Kräfte" konzentriert werden, sagte Nehm. Eine Infrastruktur-Behörde müsste deshalb auch bundesweit zuständig sein und agieren.

"Deutschlands Straßen sind nicht in dem Zustand, in dem sie sein müssten", sagte der frühere Generalbundesanwalt der Deutschen Presseagentur (dpa) am Rande des Kongresses. Die Bundesrepublik könne sich ein Vorbild an Österreich nehmen. "Die dortige Infrastruktur-Gesellschaft ASFINAG, die auch die Maut erhebt, ist ein gutes Beispiel", so der VGT-Präsident. "Da hat sich gezeigt, dass eine Behörde den Überblick hat und schlagkräftig ist." Das deutsche Modell, die sogenannte Auftragsverwaltung, bei der die Länder im Auftrag des Bundes agieren, sei dagegen viel zu schwerfällig, um das marodes Verkehrssystem instand zu halten und zu modernisieren.

Ziel müsste es sein, eine schlagkräftige Behörde ins Leben zu rufen, die für die Verkehrswege in ganz Deutschland zuständig ist, sagte Nehm. Diese Behörde müsse nicht nur für den Bau, die Planung und die Unterhaltung der Straßen zuständig sein. "Sie müsste auch sicherstellen, dass die Straßen nicht – wie heute – einem übermäßigen Verschleiß unterliegen." Derzeit gebe es keine effektiven Maßnahmen, um die für die Straßen besonders schädlichen überladenen Lastwagen aus dem Verkehr zu ziehen und die Verantwortlichen zu bestrafen.

"Es gibt Wichtigeres als die Maut und 295 Regional-Kennzeichen"

Es gelte jedenfalls "den Blick der Verkehrspolitik auf Wichtigeres zu lenken, als die Maut für Ausländer und das wunderliche Wiederaufleben von 295 regionalen Kennzeichenkürzeln", sagte Nehm in seiner Eröffnungsansprache weiter.

Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar befassten sich rund 2.000 Experten mit aktuellen Verkehrsthemen (siehe auch weitere Meldungen von heute). Im Mittelpunkt standen unter anderem der Einsatz von Minikameras, sogenannter Dashcams, als Beweismittel nach Verkehrsdelikten, eine mögliche Abschaffung der Blutprobe für Alkoholsünder im Straßenverkehr und neue Grenzwerte für die auch als "Idiotentest" bezeichnete Medizinisch-Psychologische Untersuchung, kurz MPU. (dpa)
(gast/wkp)

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