HB ohne Filter vom 11. Dezember 2009
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Heute zu den Themen: VW-Weltreich, Ökodiktatur, GVO – Liste der Grausamkeiten, Männer-Rabatte und Wettbewerber Bahn
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7. Dezember – Montag
VW-Weltreich. Als VW-Chef Martin Winterkorn am 8. Oktober 2009 in Nürtingen gefragt wurde, bis wann mit der Übernahme von Suzuki durch Volkswagen zu rechnen sei, wimmelte er ab: Kein Kommentar! Es sollte also doch wie vermutet kommen. Der Verbund wird Realität. Ferdinand Piëch, VW-Aufsichtsratsvorsitzender, hat ein Ziel, mit "seinem" Konzern weltweit größter Automobilhersteller zu werden. Noch schwimmen Toyota und GM mit jeweils neun Millionen Fahrzeugen pro Jahr gegenüber Volkswagen (6,3 Millionen) voraus. Mit der 19,9-Prozent-Beteiligung an Suzuki ist der erste Schritt getan, eines Tages die 2,3 Millionen Fahrzeuge des japanischen Herstellers hinzuzählen zu können. Es mag strategisch Sinn machen, dass über die hohe Präsenz von Suzuki (Maruti-Beteiligung) in Indien und in Südostasien Volkswagen mehr Expansionserfolge erreichen kann. Wer aber an all die aktuellen Baustellen im Volkswagen-Konzern denkt, fragt sich, wer diese Herkulesaufgaben bewältigen kann?
Die aktuellen Verträge zwischen Porsche und Volkswagen haben einen Umfang von über 1.200 Seiten. Wer will diese denn lesen, geschweige kann inhaltlich verstehen, was hier Stäbe von Juristen- und Steuerexperten zusammengenagelt haben? Die Integration von Porsche ist alles andere als abgeschlossen. Die kulturellen Unterschiede sind so gigantisch, dass hier ein Zusammenwachsen nur per Order möglich sein wird. Kann das gelingen? Wie sieht die Zukunft des neuen Panamera aus, wie die des neuen Cayenne, der 2010 kommen wird? Die Lkw-Welt mit MAN ist ein Kapitel für sich. Seat und diverse Luxusmarken schreiben rote Zahlen. Mit dem neuen Porsche-VW-Verbund kommt PIA, "Porsche Inter Auto" in Salzburg, Europas größtes automobiles Handelshaus mit 23 verschiedenen Marken in den Konzern. Die Familien Porsche-Piëch haben allein dafür rund 3,6 Milliarden Euro kassiert. Wird man das Markensammelsurium beibehalten? Von Markenexklusivität und Bonus dafür wird man bei Volkswagen künftig nicht mehr reden können. Eine klare Strategie für die PIA-Integration ist bislang nicht zu erkennen. Letztlich ist auch zu hinterfragen, wie das alles zu finanzieren ist? Macht und Größe sind kein Maßstab. Die Beispiele GM und Schrempps Welt-AG leben zu deutlich in einem und zeigen, wie nahe ein Scheitern im Bereich des Möglichen liegt.
8. Dezember – Dienstag
Ökodiktatur? Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen beraten derzeit 190 Länder, wie sich die Erderwärmung in diesem Jahrhundert spürbar reduzieren lässt. Tatsache ist, dass die Welt über das Wissen verfügt, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Es muss sich aber zwangsläufig die Lebensweise verändern. Zügig! Mobilität gilt als wichtiger Verursacher der Klimaproblematik. Das Auto rückt also wieder in den Vordergrund für ein schlechtes Umweltgewissen.
Der Klimaschutz ist eine globale Aufgabe, die nur durch gemeinsame Verpflichtungen erfüllt werden kann. China hat beispielsweise über seine Ökodiktatur die weltweit wirksamste Maßnahme zum Klimaschutz durchgesetzt, nämlich ihre Ein-Kind-Politik. Jetzt wäre in einem nächsten Schritt wünschenswert, dort die Megastädte gleich von Anfang an für die richtige Infrastruktur öko-fit zu machen. Der Staat hat für Europa aus gutem Grunde verbindliche CO2-Ziele vorgegeben, weil Freiwilligkeit ihre Grenzen hat. Das führte bei uns sichtbar zu kleineren Autos und kleineren Motoren.
Unsere Aufgabe ist es, grundsätzlich am sauberen, sparsamem und sicherem Autofahren mit zu wirken. Wir sollten in unserer Branche den Autofahrern viel deutlicher sagen, was der gefahrene Kilometer in Sachen Treibstoff wirklich kostet. Das Wohlstandsmodell der hochentwickelten Staaten wird anders keinen Bestand haben. Die negativen Folgen jeder Technik kann man eben nicht allein mit einer neuen Technik reparieren. Und das wird auf Dauer Auswirkung auf die Automobilität haben müssen. Förderung der Mobilität mit weniger Automobilität? Heute sind weltweit eine Milliarde Fahrzeuge unterwegs. 2030 werden es zwei Milliarden sein. Da muss sich Grundsätzliches verändern!
9. Dezember – Mittwoch
GVO – Liste der Grausamkeiten. Da spricht diese Woche ein Anwalt von einer "GVO-Liste der Grausamkeiten" und schon hat er eine Schlagzeile geschaffen, ohne in Wahrheit inhaltlich etwas Neues zu sagen. Aber bitte! So wird es zumindest gelesen. Die bisherigen Schutzbestimmungen der GVO 2002 sollen fallen. Natürlich fragt man sich, warum? Wer drängt hier auf eine Änderung, die überhaupt nicht notwendig ist? Wir haben doch Rechtsvorgaben, damit der Stärkere, der Mächtigere nicht in allen Dingen durchsetzt, was er will. Und ein Wesenskern der GVO ist u.a. die Stärkung des Schwächeren. Ob Kunde oder Händler!
Wie auch immer, es wird unter verengenden Kündigungszeiten künftig kein normaldenkender Händler mehr bauen ohne einen Individualvertrag. Schon gar nicht, wenn Markenexklusivität gefordert wird. Und wie sehen die wirkungsvollen Forderungen in einem Margensystem für Markenexklusivität aus? Es wäre wünschenswert, der ZDK & Co. würde sich mit Lösungsklauseln hervortun. Es sind gleichermaßen Vertragsregelungen für die Insolvenz eines Herstellers notwendig. Wie haben diese Vereinbarungen auszusehen? Nicht Jammern, Lösungen zimmern!
10. Dezember – Donnerstag
Männer-Rabatte. Ausnahmsweise nicht Rabattpapst Ferdinand Dudenhöffer, sondern ein anderes Institut, das Bekanntheit in der Öffentlichkeit sucht, hat festgestellt, dass beim Neuwagenkauf Männer deutlich höhere Rabatte herausschlagen als Frauen. Männer kriegen im Durchschnitt 13,7 Prozent, Frauen "nur" 11,3 Prozent. In absoluten Zahlen liegen die Unterschiede bis zu 1.000 Euro. Mal sehen, bis wann Dudenhöffer hier seine neuesten Überlegungen zur Frauenrabattdiskriminierung vorlegen wird. Der dritte Advent wird in ihm dazu bestimmt ein Lichtlein anzünden.
11. Dezember – Freitag
Wettbewerber Bahn. Die Deutsche Bahn ist das letzte große deutsche Staatsunternehmen. 1994 wurden die entscheidenden Weichen für einen globalen Mobilitäts- und Logistikkonzern gestellt. 2008 erwirtschaftete die Bahn einen Gesamtumsatz von 33,5 Milliarden Euro – und 2,5 Milliarden Euro Gewinn. Im ersten Halbjahr 2009 kam ein massiver Einsturz. Dennoch befördert die Bahn nach wie vor pro Tag 7,4 Millionen Kunden. Als Verkehrsträger ist die Bahn nicht nur durch die Klimadebatte im Aufwind.
Seit Mai 2009 ist der ehemalige Strategievorstand von Mercedes-Benz, Rüdiger Grube, als Nachfolger von Hartmut Mehdorn im Amt. Bei Dasa diente Grube Mehdorn als Büroleiter. Und der Kanzlerin gefiel der smarte Typ Grube, als er 2007 die Neuordnung von Europas größtem Luftfahrtkonzern EADS mit den Franzosen verhandelte. Automobilistisch trat er zu seiner Daimler-Zeit ins Rampenlicht, als er mit zu den Architekten und Umsetzern der Welt AG gehörte. Erst arrangierte er die "Ehe im Himmel" mit Chrysler, dann die Beteiligungen bei Mitsubishi und Hyundai. Diese Achse verschlang – so Insider – 100 Milliarden Euro. Zum Schluss löste er Ende 2007 die Ehe mit Chrysler wieder auf. Auch das kostete 3,8 Milliarden Euro, kam aber immerhin noch rechtzeitig vor der Finanzkrise. Dieter Zetsche übernahm ihn nach der Schrempp-Ära in seinem Stab und der smarte Grube bewies abermals seine Wendigkeit. Als er dann zur Bahn wechselte, wurde seine Stelle im Mercedes-Vorstand nicht neu besetzt.
Jetzt steht er bei der Bahn an erster Stelle. Er drängte aufgrund einer unliebsamen Datengeschichte gleich vier Vorstände zum Rücktritt. Es tauchten gleich kaputte ICE-Achsen auf und in Berlin liefen im Sommer drei von vier S-Bahnen nicht. Worauf man immer noch wartet, ist, mit welcher Strategie Rüdiger Grube die Bahn in die Zukunft führen will? Das wäre für die Branche von besonderem Interesse zu wissen, wie er hier das Auto, dort die Gleise sieht? Selbiges gilt im Wettbewerb zum Flugzeug. Mal sehen, was das Rail-Team bis 2020 zustande bringt? Wenn dann 2010 die ersten Tarifverhandlungen anstehen, darf man gespannt sein, wie konziliant und gewinnbringend Grube die Sicht der Bahn-Anteilseigner zu vertreten weiß. Das alles mit Blick auf den Börsengang ab 2013. Da ist allerdings noch sehr viel Vertrauen aufzubauen – das der Kunden wie das der eigenen Mitarbeiter.
Spruch der Woche:
"Die CO2-Bilanz des Drei-Liter-Autos mit Verbrennungsmotor ist besser als die eines Elektrofahrzeugs." (Franz Fehrenbach, CEO bei Bosch, weltgrößer Kfz-Zulieferer, schwäbische Firma)
Mit meinen besten Adventsgrüßen
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Thorsten Podlech