HB ohne Filter vom 13. Februar 2009
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13.02.2009Heute mit den Themen: Verschrottungsprämie, BMW-Zukunftsbeschwörungen, Porsche und Diesel, Smart und Kleinwagenmodelle sowie Einer von uns – Bundeswirtschaftsminister Mich(ae)l Glos
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9. Februar – Montag
Verschrottungsprämie. Diese Woche wird eine Forsa-Umfrage hochgehalten, nach der rund eine Million Käufer die 2.500-Euro-Umweltprämie nutzen wollen. Das forciert die "Windhundwinde". Tatsache aber ist, dass bis zum 6. Februar beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr in Eschborn 17.500 Anträge gestellt sind. Soviel zur Realität. Bis zu 600.000 möglichen Fahrzeugen ist da noch viel Platz. Nachdem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos aus dem Amt schied, ist mit Herrn von Guttenberg dann bei Bedarf möglicherweise eine erweiterte Regelung zu treffen, zumal diese VW-Konzernchef Martin Winterkorn diese Woche eingefordert hat.
Untragbar ist allerdings das Faktum, dass der Fahrzeugbrief nach der Abmeldung bei der Zulassungsbehörde im Besitz des letzten Eigentümers bleibt und nicht ungültig gemacht wird. Der Kfz-Brief wird also nicht entwertet, die Verschrottung nicht kontrolliert. Damit kann sich der Besitzer ein Exportkennzeichen holen und sein "Schrottfahrzeug" exportieren. Es muss ja nicht alles "schwarz" nach Polen fließen. Afrika oder Asien ist gleichermaßen möglich. Das Wirtschaftsministerium spricht von möglichen Einzelfällen. Nein, das muss abgestellt werden! Schon spricht man vom Konjunkturprogramm für Kriminelle. Und das kann es nicht sein.
Erstaunlich ist die Stimmungsmache, die ATU diese Woche streut: Die Abwrackprämie mache sich im Reparaturgeschäft negativ bemerkbar. Das Teilegeschäft sei allein im Januar um ein Fünftel zurückgegangen. Erstens war der Januar aufgrund niedriger Temperaturen ein relativ guter Werkstattmonat, auch unter Winterreifen-Aspekten. Zweitens ist die Mentalität, dass viele Autofahrer einen Werkstattbesuch so lange wie möglich hinauszögern, schon längere Zeit ein grundsätzliches Phänomen. Tatsache ist, dass ATU 2008 bereits 950 Arbeitsplätze freisetzen musste und jetzt weitere 640 Stellenstreichungen ankündigt. Umgekehrt will ATU 2009 weitere 20 Stationen in Deutschland eröffnen. So schlecht kann die Lage also nicht sein. Was man eben als Begründung für seine ausländischen Finanzinverstoren KKR und Doughty Hanson als Rechtfertigung so alles braucht. ATU täte besser daran, eine Nachrüstprämie für Autogasfahrzeuge einzufordern und die Partikelfilternachrüstung zu forcieren!
10. Februar – Dienstag
BMW mit Zukunftsbeschwörungen. Die mittelfristige Absatzplanung im Hause BMW gibt für 2012 sage und schreibe 1,8 Millionen Autos aus. Das wären 350.000 Einheiten mehr als heute. BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson ist guter Dinge, dass im US-Markt bereits im zweiten Halbjahr die Pferde wieder saufen. Jeder vierte BMW wird schließlich auf dem US-Markt abgesetzt. Das erste Quartal 2009 weist zumindest andere Realitäten aus. Ein Teil der BMW-Belegschaft arbeitet bis April kurz. Es wird also die Produktion weiter zurückgefahren.
Die Branche wird außerdem mit großen Augen auf die nicht gedeckten Restwerte von Leasingrückläufer schauen, die für zahlreiche BMW-Händler 2009 zum Nicht-mehr-Sein oder zum Sein mit Herstellerunterstützung werden wird. Das Jahr 2009 wird auch deutlich machen, mit wem BMW sich strategisch verbünden wird. Alfa und Mini? Einen Leitsatz von Robertson mögen sich 2009 nicht nur die BMW-Händler zu Herzen nehmen: "Profitabilität geht vor Absatz!" Hoffentlich auch im Umgang mit unsinnigen Rabattschlachten!
11. Februar – Mittwoch
Porsche und Diesel. Ein schwerer Tag für Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der Porsche-Koloss Cayenne gibt es jetzt trotz jahrelangem Wiedeking-Spott für 56.000 Euro mit Dieselaggregat. Der neue Antrieb kommt aus dem Hause VW und wird bereits bei den Konzernschwestern Audi Q7 und VW Touareg eingesetzt und fährt nur 214 km/h schnell. Immerhin verkaufte Porsche 2008 noch 45.000 Exemplare des Cayenne. Die Wahrheit vom Cayenne-GW-Markt wird gerne vornehm zurückgehalten. Immerhin hilft Porsche seinen Händlern inzwischen mit einer Kreditlinie über die Runden, nachdem jeder gebrauchte Cayenne mit einem Wertverlust von mindestens 15.000 bis 20.000 Euro verbunden ist. Bei manchen Modellmustern ist es noch mehr. Kredit ja, aber aktive Beteiligung am Verlust lehnt Porsche immer noch ab. Unglaublich!
So wirkt sich also nun über die gemeinsame Dieselmotornutzung der Porsche-Einstieg bei Volkswagen sichtbar aus. Was dazu wohl ein echtes Porsche-Fahrerherz sagen wird? Aber bitte, wer erinnert sich nicht an die wunderbaren Porsche-Traktoren? 25 PS stark! Klar, ein Diesel! 1963 eingestellt. So kehrt vieles im Leben oft wieder.
Wer diese Woche die Großplakatflächen der VW-Werbung mit der Aufschrift "Wir bedanken uns für 60 Jahre Vertrauen" wahrnimmt, sollte nicht nur im VW-Museum in der Autostadt zu Wolfsburg die VW-Jahre 1938 bis 1948 etwas gründlicher und offener aufbereiten. Auch in Sachen Bildmaterial. VW ist immerhin jetzt 71 Jahre alt! Da gab es ja mal einen spezifischen Auftrag, den "Adolf Nazi" an das Haus Porsche erteilte. Man blendet also im öffentlichen Vertrauensaufruf die Jahre 1938 bis 1948 einfach aus. Blendwerk! Von Marketingstrategen und Markenpolierern gemacht.
12. Februar – Donnerstag
Smart und Kleinwagenmodelle. Wer die gegenwärtige Marktentwicklung betrachtet stellt einen klaren Trend zum Kleinwagen fest. 2008 feierte Smart sein zehnjähriges Jubiläum. Hat er bis dorthin rund acht Milliarden Euro verschlungen, so werden heute mit dem Smart immerhin schwarze Zahlen geschrieben. Wie lange möchte aber Daimler noch mit einem Smart-Modell Zukunft gestalten? Einen Viersitzer und einen zweisitzigen Sportwagen hat man wegen Erfolglosigkeit aus dem Programm gestrichen. Eigentlich war die Hayeck- und Helmut Werner-Idee ursächlich ein Stadtauto. Die Idee ist heute mehr als je zutreffend. Jetzt müsste man insgesamt die Kleinwagenwelle, das Stadtauto politisch ausrufen und vorgeben, und zwar mit diversen Vorteilen. Dazu gehört, dass immer zwei Kleinwagen auf einem Parkplatz stehen können. Jetzt gilt es den Fuß dafür in die Türe zu stellen! Stadtautos nach vorne!
Auch wenn "Alt-Vorstand" Wolfgang Bernhard, wie diese Woche angekündigt, als verlorener Sohn zurück in den Daimler-Konzern kommt –sein neues Aufgabenfeld muss nicht bei der Transportersparte stehen bleiben. Zunächst fällt auf, dass bis auf Herrn Cordes sämtliche Vorstände aus der Schrempp-Ära im Amt sind. Was soll sich da schon am Sternenglanz unter diesen Umständen verändern? Möglicherweise bringt nun Wolfgang Bernhard – wie bei VW – mehr "Sternvision" ein. Auch bei Smart. Vergleichbar, wie er es mit dem Scirocco bei VW getan hat. Wäre Bernhard bei VW geblieben, wäre der Scirocco in seiner Machart viel mutiger, futuristischer ausgefallen.
Bernhard ist außerdem erfahrener Sanierer. Möglicherweise wird er den Herstellereinstieg bei diversen Zulieferern managen müssen. Den Kauf von Conti! Es sei daran erinnert, dass sich 1.000 Führungskräfte in Wolfsburg per Unterschrift für das Verbleiben von Wolfgang Bernhard im VW-Konzern eingesetzt haben. Automogul Piëch hat dieses Ansinnen per linkem Handstreich in den Papierkorb verschoben. Bei Daimler lief das damals anders: Bernhard musste 2004 seinen Platz bei Mercedes räumen, nachdem er dem omnipotenten Konzernchef und Geldvernichter Jürgen Schrempp klaren Wein eingeschenkt hatte. Nicht nur in Sachen Mitsubishi. Er möge alten Schrempp-Muff aufräumen und endlich abschütteln!
13. Februar – Freitag
Einer von uns – Bundeswirtschaftsminister Mich(ae)l Glos. Es sei vorausgeschickt, dass ich privat im Wahlkreis von Michael Glos lebe (Schweinfurt/Kitzingen). Deshalb konnte ich ihn immer wieder bei einem Freund im Zehnthof zu Nordheim hautnah erleben. Seit 1976 sitzt Glos im Bundestag. Er war damals jüngster CSU-Abgeordneter. Wenn ein Abgeordneter nach dreißig Jahren aktiver Tätigkeit bei der letzten Delegiertenversammlung für die erneute Bundestagskandidatur am 27. September 2009 über 90 Prozent Zustimmung erhält, dann hat er über all die Jahre seine Aufgabe im Wahlkreis hervorragend gemacht. Stelle ich mir die feingekleideten, akademisch hochgestylten Spitzenbeamten im Bundeswirtschaftsministerium vor und setze da den praktischen Verstand sowie die Bodenständigkeit von Michael Glos dagegen, so können die mit einer fränkischen Kraftnatur im Preußenzentrum zu Berlin schon mental wenig anfangen.
Ja, Michael Glos musste dank Edmund Stoiber, der sich über ein Superministerium in Berlin zum Ludwig Erhard der Neuzeit stilisieren lassen wollte und dessen Fluchtreaktionen ihn dann via München trieben, die Nachfolge antreten. Mit der Übernahme des Wirtschaftsministeriums am 22. November 2005 begann leider der Abstieg für Michael Glos. Ministerpräsident Horst Seehofer, der vergangene Woche aus nicht nachvollziehbaren Gründen den Neujahrsempfang des Bayerischen Kfz-Gewerbes absagte, hat nun eine gehörige Glos-Lektion erfahren. Auch die Kanzlerin. Dem Außenstehenden zeigt die Art und Weise, dass es innerhalb des (christlichen) Parteilebens weder menschlich, noch demokratisch zugeht.
Auch die Kanzlerin zeigt sich immer mehr als Einzelkämpferin mit wenig Teamgeist. Immerhin hat sie den von Seehofer hinterrücks inszenierten Wunschkandidat, Unternehmer Thomas Bauer aus Schrobenhausen abgelehnt. Auf den "Frankenblitz" Karl-Theodor von und zu Guttenberg dürfen wir uns freuen. Viele kennen noch seinen Großvater, der unter Kanzler Kiesinger als Staatssekretär fungierte. Auch sein Vater, Stardirigent Enoch zu Guttenberg hat sich mehr als einmal öffentlich im Klartext zu politischen Themen geäußert. Auch zum Steinewerfer Joschka Fischer. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Wir werden am neuen Multitalent viel Freude haben! Elite-Adel! Wer Michael Glos persönlich antreffen möchte, der findet ihn im fränkischen Traumstädtchen Prichsenstadt. Dort in seiner Stammgaststätte "Storchen" kehrt er am liebsten ein. Ein Besuch lohnt sich. Für die Schwaben: Hausschoppenpreis 2,40 Euro! S'Viertele! Saugute Küche!
Spruch der Woche:
"Ein sündhaft teures Auto ist nichts anderes als das Gegenstück zum Pfauenschwanz. Mit der farbenprächtigen Federschleppe signalisiert der Hahn, dass er gesund ist und über vorzügliches Erbmaterial verfügt. Wer edle Karossen kauft, der will vor allem eines: Sex.“ (Charles Darwin, Evolutionspsychologie – Jäger und Sammler)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Tomsclub
Roland Erndle
Heinrich Palitsch