HB ohne Filter vom 31. Mai 2013
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31.05.2013Heute: Elektromobilität bewegt – weltweit!, "Autoberufe – Mach' Deinen Weg!", Anders als alle anderen, Zum Tode von Carl Dommermuth und Selbständigkeit out?
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27. Mai – Montag<br><br>Elektromobilität bewegt – weltweit!
Einmal mehr sollten wir die Physis unserer Kanzlerin bewundern. Am Samstagabend zeigte sie beherzte Präsenz beim Champions-League-Finale Bayern gegen Dortmund in Wembley. Am Sonntag Staatsbesuch des neuen Premierminister Li Keqiang mit Abendessen im Schloss Meseberg bei Berlin. Solarstreit! Wirtschaftsabkommen werden unterzeichnet. Die Rede ist gar von der Deutsch-Chinesischen Traumpartnerschaft. Heute, Montag, lud die Bundesregierung unter ihrer Federführung ins Berliner Congress Center zur internationalen zweitägigen Konferenz zum Thema "Elektromobilität bewegt weltweit" ein. Angela Merkel sprach am ersten Tag und informierte sich bei einem Ausstellungsrundgang im Kreise der automobilen Vorstandsvorsitzenden über neueste Entwicklungen. Merkel: "Ich bin eine Bundeskanzlerin, die an die Elektromobilität glaubt." Der chinesische Wissenschaftsminister Wan Gang meinte in seiner Rede, für sein Land sei Elektromobilität ein "Muss". Respekt, was hier die Gemeinsame Geschäftsstelle Elektromobilität der Bundesregierung (GGEMO) in Kooperation mit der 2010 initiierten Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) auf die Beine stellte. Wer sich über die Details informieren möchte, sollte die Internetseite www.konferenz-elektromobilität.de ansteuern.
Inzwischen hat auch VDA-Präsident Mathias Wissmann das Elektroauto zur Chefsache erklärt. Alle wissen, dass die Autofahrer nach wie vor dem E-Mobil skeptisch gegenüberstehen. Händler einer regionalen Automesse berichteten mir aktuell von mehr als zurückhaltendem Nachfrageinteresse seitens der Besucher. Für die deutschen Autobauer wird es aber ohne E-Auto schwierig, die CO2-Ziele der EU bis 2020 zu erreichen (95 Gramm Co2/Kilometer). Es bedarf in der Tat stärkerer Impulse, um die E-Autos durchzusetzen und vom Öl wegzukommen. Das große Ziel für das Auto der Zukunft lautet: Null Emissionen. Dazu bedarf es der Stimulierung (Parkprivilegien, Freigabe der Busspuren, Finanzierungsprogramme, Sonderabschreibungen für Firmenflotten, Taxi-Flotten (?), Ladestationen in Ballungszentren, am Arbeitsplatz, an normalen Straßenlaternen, Preispolitik, gezielte Projekte zum Thema Elektromobilität, E-Carsharing, E-Mietwagen, Vernetzung verschiedener Mobilitätsangebote usw..) Bislang sind E-Autos für zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Das ist es dann. Und mindestens im gleichen Maße wie bei der Stimulierung sollte der Emotionalisierung für das E-Automobil größeres Gewicht beigegeben werden. Was beim E-Bike gelingt, sollte eigentlich beim Auto ebenso gelingen. Seit 2006 wurden immerhin 20 Prozent CO2-Emissionen reduziert!
Bislang laufen auf deutschen Straßen 8.500 Elektroautos – eine homöopathische Dosis. Bis Ende 2014 werden allein die deutschen Hersteller mindestens 16 Strom-Modelle auf den Markt bringen. Vergessen wir nicht die Besonderheit der deutschen Automobilindustrie, dass rund 60 Prozent der inländischen Arbeitsplätze im Premiumsegment angesiedelt sind. Gegenwärtig werden dem Plug-in-Hybrid die größten Wachstumschancen für die Zukunft eingeräumt. Offensichtlich setzt man nun in Berlin auf die Stärken der Industrie. Es geht aber nicht nur um Autos – es geht um ein neues Denken. Was überwiegt: die Probleme oder die Chancen beim Thema Elektromobilität? BMW-Konzernchef Norbert Reithofer beklagte sich neulich öffentlich über die "German Angst" gegenüber der Elektromobilität. Klar, er wirbt für sein neues Elektrofahrzeug i3. Aufgabe des Handels ist es, seine Kunden über die alternativen Antriebe aktiv zu informieren. Das Elektrofahrzeug gewinnt über eine emotional aufgeladene Probefahrt. Ran!
28. Mai – Dienstag<br><br>"Autoberufe – Mach' Deinen Weg!"
Der ZDK veranstaltete in Bad Wildungen im Verbund mit dem VDA und VDIK zum neunten Mal den Bundes-Berufsbildungskongress. 350 Interessierte folgten dieses Jahr der zweitägigen Veranstaltung. Von besonderer Bedeutung ist das neugestaltete Berufsbilds des Kfz-Mechatronikers, das zum 1. August 2013 in Kraft treten wird. Die System- und Hochvolttechnik sowie die Karosserietechnik bilden darin neue Ausbildungselemente. Auch die Gesellenprüfung erfährt einige Neuerungen. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr Dr. Michael Winterhoff, Facharzt für Kinder- und Jungendpsychiatrie, der die Gründe für das Scheitern von Auszubildenden aufzeigte. Seine Ausführungen machten abermals die Vorbildfunktion der Eltern deutlich. Dahinter steht die Forderung nach Orientierung für den Nachwuchs!
In der Abendveranstaltung wird quasi als Höhepunkt des Kongresses die Verleihung des Bundesbildungspreises inszeniert. Angeblich gab es 200 Einsendungen. Man muss sich das vorstellen, von den ersten zehen vergebenen Plätzen, belegten sieben die Mercedes-Organisation. An erster Stelle Monika Newel, Autohaus Newel in Cochem – an der Mosel gelegen –, eine MB-Vertragswerkstätt. Gratulation! Auf dem zweiten Platz folgte die Niederlassung Leipzig. Im Siegerfeld zwischen dem sechsten und zehnten Platz war die Niederlassung Kassel im Boot. Bitte, es waren unter den Top-Ten auch zwei Volkswagen-Betriebe im Rennen. Da stand dann der Leiter Ressort Service Organisationsentwicklung bei Volkswagen Service Deutschland, Werner Günzel, auf und überreichte seinen beiden Partnern einen Qualifizierungsgutschein in Höhe von 1.500 und 1.000 Euro. Was immer auch der wahre Grund ist – vom MBVD, sprich Daimler in Berlin, war zu dieser Erfolgsorgie niemand vertreten. Vermutlich werden sie die monetäre Prämierung ihrer erfolgreichen Partner individuell vor Ort wahrnehmen. Stil ist Stil! Das Beste oder nichts!
Des einen Freud, des anderen Leid! Daimler landete diese Woche mit der Berufung von Kanzleramtsminister Eckart von Klaeden (47) zum "MB-Außenminister" einen Coup. Das Echo wird noch lange nachwirken! Die Kanzlerin umgekehrt verliert eines der größten CDU-Talente. Man darf schon die Frage stellen, wer innerhalb der Partei morgen Angela Merkel beerben könnte? Sie hat – wie damals Helmut Kohl mit Geisler, Biedenkopf, Weizsäcker –, alle "Konkurrenten" aus dem eigentlichen Wettbewerbszentrum entfernt: Merz, Koch, Wulff und andere. Möglicherweise stehen wir an einer Schwelle. Klaeden wechselt jetzt von der Politik in die Wirtschaft. Er kehrt aber morgen vielleicht von der Wirtschaft in die Politik zurück. Viele Wege führen nach Rom und von dort zurück nach Berlin.
29. Mai – Mittwoch<br><br>Anders als alle anderen!
Die Vertriebsformate im Automobilhandel werden immer noch vielfältiger. Uwe Lanzendörfer vermarktet als freier Händler und Mitglied beim BfI (Bundesverband freier Kfz-Importeure) in Tettnang in seiner Auto Fabrik Bodensee, direkt neben McDonalds gelegen, EU-Neu-, Jahres- und Gebrauchtwagen. Sowohl an Wiederverkäufer als auch an Privatkunden. AUTOHAUS wird sein ansehnliches Unternehmen in Kürze vorstellen. Bei meinem Besuch fiel mir die Individualität auf, die sein Autohaus ausstrahlt. Karl Pilsl formulierte das einmal so: "Wir haben zu viele ähnliche Kfz-Betriebe, die ähnliche Mitarbeiter beschäftigen mit einer ähnlichen Ausbildung, die ähnliche Arbeiten durchführen. Sie haben ähnliche Ideen und produzieren ähnliche Sach- und Dienstleistungen zu ähnlichen Preisen in ähnlicher Qualität. Wenn sie dazugehören, werden sie es künftig schwer haben."
So lässt sich Lanzendörfer immer wieder eine Besonderheit einfallen, mit der er seine Kunden gezielt anspricht. Zuletzt war es ein Kunstevent. Er beauftragte eine Künstlergruppe, aus Motorhauben, die er zur Verfügung stellte, Gemälde zu gestalten. Diese wurden dann bei einer hochwertigen Kundenveranstaltung vorgestellt und sind für die nächsten Monate das bildhafte, farbenprächtige Highlight in seinem Hause. Wer die Originale in ihrer Farbenpracht, in ihrer Motivik länger auf sich wirken lässt, gerät ins Staunen. Die einzelnen Kunstexemplare suchen jetzt für 1.200 Euro ihre Liebhaber. Eine großartige und wirkungsvolle Aktion! Anders als alle anderen!

30. Mai – Donnerstag<br><br>Zum Tode von Carl Dommermuth (26. Februar 1934 - 29. Mai 2013)
Wer sich die Marken Lada und Kia ins automobile deutsche Handelsgedächtnis abruft, stößt dort grundlegend auf zwei Namen: Engelbert Wichelhausen und Carl Dommermuth. Satra, ein US-Konzern, betrieb von 1972 bis 1982 den Deutschland-Vertrieb von Lada. Da mischte Wichelhausen als Lada-Geschäftsführer Deutschland mit. 550 Verkaufsstellen, unter anderem Fiat- und Opel-Händler, vermarkteten pro Jahr rund 10.000 Lada-Fahrzeuge. 1982 musste die Moskauer Awto-Exportgesellschaft ins Vertriebsgeschäft einsteigen. Roland Moesgen, ein ehemaliger Daimler-Mann, stand dann nicht lange an der Spitze der "neuen Vertriebsgesellschaft". Es schlug die Stunde von Carl Dommermuth. Ein Mann aus dem Handel. Er war zuvor in der Geschäftsführung von Dello in Hamburg. Und von dort her kannte ich ihn.
Zur Einführung des neuen "Samara", dem großen Wurf aus Togliatti, an dem Porsche von Weissach aus Hand anlegte, daher auch "Russen-Porsche" genannt, lud er 1986 eine Journalistenschar direkt ins Werk nach Russland ein. Noch sehe ich die russischen Arbeiterinnen mit weißen Röcken und rot bemalten Lippen an den Produktionsbändern stehen. Damals schon! Man strebte für Lada ein Prozent Marktanteil, gut 20.000 Einheiten p.a. an. Der eigentliche Höhenflug sollte aber erst mit der Grenzöffnung 1989 eintreten. 1991 wurden 50.000 Auslieferungen in Deutschland registriert. Lada, zu Deutsch "Liebchen", war in der DDR ein begehrtes Luxusfahrzeug. Das "Liebchen" fiel aber 1993 wieder auf 15.000 Einheiten zurück. Dommermuth gelang nun das schwierige Kabinettstück, 1993 die Importrechte für Kia zu erwerben. Kia war eine 100-Prozent-Tochter der Deutschen Lada in Neu Wulmstorf. Schon 1994 verkauften die Lada-Händler mehr Kia als "Liebchen". Im Juli 1995 trennte sich Lada von Kia. Die koreanische Marke ging in den Alleinbesitz von Kia Motors Europe über. Carl Dommermuth war nicht mehr im Amt, als 1999 das Insolvenzverfahren über die Deutsche Lada eröffnet wurde. Das führte damals zu einer Krisensitzung im ZDK.
Wer immer auch Lada führt bzw. führte, er hatte Richtung Togliatti einen schweren Stand. Verlässlichkeit, Vertrauen, Qualität – es sind gar viele Vorbehalte, die auch Dommermuth zusammen mit seinem Geschäftsführungskollegen Nikolai Tcoumakow via Lada-Zentrale in Russland zu parieren hatte. Dennoch, Carl Dommermuth legte das Fundament für den heutigen Kia-Import. Und das war damals unter dem Dach von Lada eine gigantische Nummer. Auch finanztechnisch. Die damalige AKB, heute Santander Consumer Bank, war dabei der gewichtige Finanzierungspartner.
Dommermuth saß auch im Vorstand des VDIK, hatte aber immer ein Herz für den Handel. Der gebürtige Hamburger wusste aus seiner beruflichen Vergangenheit zu schätzen, was es heißt, erfolgreicher Händler im Alltag zu sein. Und das lebte er! Ich sage im Namen von AUTOHAUS herzlichen Dank für eine langjährige vorbildliche Zusammenarbeit. Gerne denke ich an all die persönlichen Begegnungen mit ihm zurück. Ich werde sie stets in bester Erinnerung behalten! Seiner Frau und seinem Sohn gilt in dieser schweren Zeit des trauernden Abschieds mein herzliches Mitfühlen.
31. Mai – Freitag<br><br>Selbständigkeit out?
Vergangene Woche habe ich dieses Thema an dieser Stelle aufgegriffen. Mein Anliegen ist die Zukunft des familiären Mittelstandes. Gerade in Zeiten heftiger Konzentrationsbewegungen. Dazu erhielt ich verschiedene Reaktionen. Lassen sie mich eine Stellungnahme widergeben, die ich erhielt. Sie zeigt, wie der familienbetriebene klassische Mittelstand nach und nach systematisch trocken gelegt wird.
"Ich habe mich 2010 im Automobilhandel selbständig gemacht. Mein Ziel war ein Beteiligungs- oder Nachfolgemodell folgen zu lassen. Was nicht gelang. Und nicht an meiner Hausbank lag. Ich habe Händlerverbände und Herstellern kontaktiert. Meist ohne Antwort. Ich hatte Kontakt zu Handelskammern, Handwerkskammern und Insolvenzverwaltern. Ich habe Inserate im Autohaus und auf Nexxt-Change.org beantwortet. Und schnell gemerkt, dass die meisten Kaufpreise überteuert sind. Was aus meiner Sicht auch heute noch gilt. Mit einem freien Händler, der Anclam Gruppe, wollte ich ein Gebrauchtwagenkonzept realisieren. Mit Vertragshändlern wollte ich klären, ob sie einzelne Standorte zukünftig in Form einer Beteiligung betreiben wollen. Was ebenfalls mangels Interesse nicht gelang.
Nach meiner Meinung fehlt es somit nicht an der Bereitschaft von Nachfolgern, sondern an realistischen Angeboten. Und die von mir kontaktierten Hersteller haben kein Interesse, Nachfolgemodelle professionell zu initiieren und zu begleiten. Nun wird also passieren, was passieren muss: Die kleinen Händler werden aussterben. Und die potentiellen Nachfolger werden ihre unternehmerische Nische finden. Genau wie ich."
Alles im Leben ist Veränderung. Man darf aber stets die Frage stellen, ob das, was sich verändert auch besser ist wie zuvor. Daimler beispielsweise hat in der Zuständigkeit bei der MBVD in Berlin seit Jahren die 35 Niederlassungen mit ihren 140 Betriebsstätten in der Zuständigkeit vom Vertretersystem separiert, abgespalten. Gegenwärtig ist Andreas Burkhart der verantwortliche Manager für die Niederlassungen in Deutschland. Man will offensichtlich die "ewigen Verluste" der Niederlassungen nicht mehr hinnehmen. Detmold, Gütersloh, Aurich und Emden will man "abstoßen". Im Gespräch für die Übernahme ist die Penske-Group, die in Europa durch Jens Werner, Sohn des früheren Mercedes-Vorstandsvorsitzenden Helmut Werner gesteuert wird. Unabhängig davon, dass in Amerika Niederlassungen gesetzlich verboten sind, zeigt aber genau dieser Geschäftstyp den Unterschied zwischen selbständigen Unternehmern, die persönlich Risikoträger sind und angestellten Managern. Gewiss, eine pauschalierende Darstellung. Sie hat aber einen substanziellen Kern. Der Blick zu VW zeigt, dass dort die Retailbetriebe an attraktiven Mengen-Standorten international systematisch ausgebaut werden. AUTOHAUS wird in seiner nächsten Ausgabe, 11, mit dem Thema Existenzgründung, Unternehmenskauf und familieninterner Nachfolge beschäftigen. Auch die Branche braucht frisches Blut! Von Unten!
Spruch der Woche:
"Spötter sagen: Eine Million Elektroautos bis Samstag sind realistischer." (Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Elektromobilitätskonferenz über die Chancen des VfB Stuttgart im DFB-Pokalfinale am morgigen Samstag gegen Bayern München)
Mit sportiven Grüßen – Deutschland, deine Schwaben!
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS