HB ohne Filter vom 6. Juli 2012
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Datum:
06.07.2012Heute mit den Themen: Wechselkennzeichen – politischer Türöffner, Der ZDK und die Parlamentarier, Dialogannahme – Zukunftsaspekte und E-Mobilität – Wasserstoffantrieb – was kommt?
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2. Juli – Montag
Wechselkennzeichen – politischer Türöffner
Mit dem heutigen Tage können Fahrzeugbesitzer künftig für zwei Fahrzeuge derselben EU-Fahrzeugklasse ein Kennzeichen verwenden. Der Halter sollte beachten, dass die zwei Fahrzeuge nie gleichzeitig gefahren werden dürfen. Die elektronische Versicherungsbestätigung (eVB) muss für Wechselkennzeichen geeignet sein. Je Zulassungsantrag entstehen bei der Kfz-Zulassungsstelle einmalige Verwaltungsgebühren von rund 65 Euro.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sieht die neue Möglichkeit als zusätzlichen Kaufanreiz für Elektrofahrzeuge. Wer außerdem neben dem Pkw ein Wohnmobil besitzt, einen Oldtimer, ein Cabrio usw. kann die neue Möglichkeit durchaus sinnvoll nutzen. Nun ja! Ärgerlich, dass die Versicherungswirtschaft auf höchster Ebene sich stark machte, um das Wechselkennzeichen zu verhindern. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bei der Kfz-Steuer gebockt. Hasenherzigkeit! So sind die eigentlichen Verbrauchervorzüge überschaubar. Arbeiten wir weiter an einer Lösung wie beim Österreicher- oder Schweizer-Modell. Der Fuß steht zumindest in der Tür. Der Bayerische Landesverbandspräsident Klaus-Dieter Breitschwert (MdL CSU) hat in Sachen Wechselkennzeichen besonders dicke Bretter gebohrt. Ihm gelingt sicher, die Tür noch weiterer aufzuschlagen. Bei einer gescheiten Öffnung für das Wechselkennzeichen ist ein zusätzlicher Absatz von 80.000 Pkw möglich.
3. Juli – Dienstag
Der ZDK und die Parlamentarier
Erstmals führte der ZDK in Berlin einen Parlamentarischen Abend durch, an dem in der Parlamentarischen Gesellschaft über 100 Vertreter aus Politik, Verbänden und diversen Institutionen teilnahmen. Der ZDK-Vertreter Christoph Konrad hat dies initiiert. Gewiss, ein guter Schritt! Siegfried Kauder (CDU), Bruder von CDU-Fraktionschef Volker Kauder und Bundestagsabgeordneter mit Wahlkreis Villingen-Schwennigen, übernahm als Vorsitzender des Rechtsausschusses die Schirmherrschaft des Abends. Es ist ja erfreulich, dass ein maßgeblicher Politiker wie Kauder zur Pkw-EnVKV (Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung) meint: "Mit der Verordnung ist etwas übergestülpt worden, das man in diesem Umfang nicht braucht. Eine solche Verordnung kann sich nur jemand ausdenken, der mit dem Fahrrad ins Amt fährt und dabei genügend Zeit hat."
Was aber wird nun konkret getan, um den "Abmahnhaien" politisch das Handwerk zu legen? ZDK-Präsident Robert Rademacher trug weitere Exzesse hinsichtlich der Regelungen zum Verbraucherkredit, zur Versicherungsvermittlung und zur anstehenden Reifenkennzeichnung zum 1. Dezember 2012 vor. Wichtige Erkenntnis: Du brauchst einflussreiche politische Mitstreiter, wenn du politisch etwas verändern willst. Auf eine gute Fortsetzung!
4. Juli – Mittwoch
Dialogannahme – Zukunftsaspekte
In Bad Homburg fand heute der AUTOHAUS/asp-Servicekongress zum Thema "Die Zukunft der Dialogannahme" statt. Inhaltlich wurden durch verschiedene Experten folgende Thesen vorgestellt:
1. Vertrauen ist für den Kunden das Hauptmerkmal für die Wahl des Service-Betriebes. Wichtigste Infoquelle des Kunden ist zu 70 Prozent die Mund-zu-Mund-Propaganda. System Weiterempfehlung.
2. Service-Betriebe bestehen nicht nur aus Prozessen und Systemen, sondern wesenhaft aus Menschen und Kulturen. Menschen sprechen am liebsten über sich selbst, über ihren Beruf, über Urlaub oder ihr Hobby. Da braucht man nur anzutippen, und der Kunde sprudelt. Zuhören, der Kunde könnte dabei ein Angebot für dich haben.
3. Es gilt, mehr Zeit für den Kunden durch optimierte Annahme und Werkstattprozesse zu schaffen. Wichtigste Aufgabe des Service-Beraters ist die Kundenberatung! Der Service-Berater sollte sich dabei auch selber verkaufen. Die Wertschätzung des Kunden hat oberste Priorität.
4. Jede Annahme ist ein Dialog, gleich in welcher Annahmeart. Der persönliche Kontakt zum Kunden im Service-Betrieb vor Ort ist die Stunde der Wahrheit. Hier ereignet sich die entscheidende Weichenstellung. Der Kunde soll seinen Wunsch-Serviceberater haben. Dieser schafft quasi selbstredend hohe Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.
5. Es ist sinnvoll, einen Kunden einen Tag vor dem Servicetermin per SMS daran zu erinnern. Soft-nrg hat dazu eine spezielle Service-Software, inkl. Termin- und Kapazitätsplanung entwickelt.
6. Die freien Werkstätten, die vielfach keine klassische Direktannahme vorhalten, haben ihre Markanteile im Wartungs- und Reparaturmarkt trotz Zunahme der technischen Komplexität von 29 Prozent in 2003 bis auf 36 Prozent in 2011 ausgebaut. Die Markenwerkstatt ist von 2003 bis heute mit einem Sprung von 53 auf 56 Prozent Marktanteil dabei.
7. Die Direktannahme bietet die Chance der Differenzierung und generiert eine höhere Kundenzufriedenheit.
8. Entscheidend für den Serviceerfolg sind durchgängige Prozesse und durchgängiges Qualitätsmanagement. Sämtliche Fahrzeuge sollten immer nach derselben Checkliste – bevor die Fahrzeuge in die Werkstatt durchgeleitet werden – bearbeitet werden.
9. Service-Softwaresysteme sehen bei der Eingabe diverse Pflichtfelder vor. Es findet eine auftragsbezogene Kommissionierung der Teile statt, integrierte Ressourcenplanung, Informationen über den Status der Auftragsdurchführung, leistungsbezogene Abrechnung von Lohn und Teilen in der Rechnungsstellung, Rechnungstransparenz u.a. Bestehende IT-Tools werden vielfach nur oberflächlich genutzt. Die Rechnungserklärung sollte grundsätzlich durch den Service-Berater erfolgen, der in der Annahme die Leistungen bereits verkauft hat.
10. Der Zeitbedarf für eine Dialogannahme durch den Serviceberater liegt – je nach gelebter Marke – zwischen 20, 25 und 30 Minuten.
11. Das Investment einer Direktannahme liegt ohne Grundstück und ohne Inventar bei 75.000 Euro.
12. Leerzeiten in der Werkstatt sind die teuersten Stunden!
13. Neue Kommunikationswege (Service-Apps, Smartphone), neue Entwicklungen der Kundenansprüche, höhere technische Komplexitäten, das Auto als mitdenkender Partner, die Entprivatisierung von Fahrzeugen in Metropolen – all diese Aspekte bilden die besonderen Herausforderungen der Servicezukunft. Man verachte nicht den steigenden Anteil an Frauen.
14. Elektronische "Schlüsselwerfer-Systeme" führen dazu, dass mehr und mehr Kunden in Zukunft weder das Autohaus von innen, noch eine Dialogannahme persönlich sehen.
15. Der Direktannahme-Roboter (API) bzw. FFI (Fair Fahrzeug Inspektion – MAHA) hält Einzug. Behaupten die einen. Darüber findet in der Dialogannahme Fahrwerksvermessung, Reifenscan, On-Board-Diagnose, Smart-Repair, elektronische Dialogannahme (iPad) statt.
Die Dialogannahme, ausgestattet mit Diagnose- und Messinstrumenten
16. Andere halten die Dialogannahme frei von jeglicher Messtechnik. Die Kommunikation mit dem Kunden und dessen Auto soll im Mittelpunkt stehen, um qualifiziert beraten und ein individuelles Angebot erstellen zu können. Der Kunde will eine Individuallösung kaufen. Individuallösung heißt das Zauberwort!
Der Kunde steht im Zentrum des Dialoges. Keine Krankenhausdialysestationen, sondern dialogische Wohlfühlatmosphäre. Hier bei Dello in Hamburg.
17. B.ON.D mobil stellte die mobile Erfassung der Aufträge per iPad vor. Bestehende Schäden können fotografiert werden und die gesamten Informationen werden direkt an das Dealer-Management-System übertragen. Die papierfreie Dialogannahme wäre geschaffen.
18. Ob der Serviceberater seinen Schreibtisch direkt neben der Bühne in der Dialogannahme hat oder einen separaten, klimaunabhängigen Arbeitsplatz, wird weiter kontrovers diskutiert.
Verkaufsstärkster Mitnahmeartikel in der Dialogannahme sind derzeit Alkoholtester. Einzelpreis: 3,99 Euro
19. 84 Prozent aller Autofahrer haben keine Öl-Reserve an Bord und müssen im Bedarfsfall eine kaufen. Nur fünf Prozent der Bestandskunden kaufen ihre Reserve im Autohaus. Das System Vmax von Shell schafft wirkungsvolle Umsetzungsaktion.
20. Aktiver Serviceleistungsverkauf ist auf Dauer überlebensnotwendig! Wer berät, der verkauft. Wer nicht berät, unterstützt den Wettbewerb.
6. Juli – Freitag
E-Mobilität – Wasserstoffantrieb – was kommt?
Im ersten Halbjahr 2012 waren es 1.500 Elektrofahrzeuge, die zur Zulassung kamen. 2013 treten Volkswagen und BMW mit ihren neuen E-Modellen in den Markt ein. Das gibt weitere Aufwinde. VW-Konzernchef Martin Winterkorn ist guter Dinge, dass in drei Jahren das Elektroauto günstiger als die herkömmlichen Antriebe offeriert werden können. Dennoch: Ist die Holperstrecke Elektroauto überwunden? Nach wie vor sind beim Elektroauto die Themen Sicherheit, Kosten, Reichweite, Ladezeiten, Infrastruktur die besonderen Hürden.
Physikprofessor Henning Kagermann, ehemaliger Vorstandschef bei SAP und Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank sowie Deutscher Post ist der Vorsitzende der Plattform Elektromobilität (NPE), die Angela Merkel vor zwei Jahren gebildet hat. Er legte aktuell die Bilanz von zwei Jahren NPE-Arbeit vor. Kagermann: "E-Mobilität wird kommen. Es ist ein Marathon. Die für 2020 geplante Menge von einer Million Fahrzeugen, sprich 2,5 Prozent des Bestandes sind rein batterieelektrische, Plug-in-Hybride und Elektroautos mit Reichweitenverlängerung. Wir reden über eine Transformation, die Jahrzehnte dauert. Aber keiner bestreitet, dass wir den Weg gehen müssen."
Auch die Brennstoffzelle schiebt sich lautlos Zug um Zug nach vorne, nachdem sich der Brennstoffzellenantrieb deutlich weiterentwickelt hat. Zum Vergleich, die Brennstoffzelle ist innerhalb von drei Minuten mit Wasserstoff betankt. Das Elektroauto braucht über die normale Steckdose noch sieben Stunden. Reichweite eines wasserstoffbetriebenen Fahrzeuges: 700 Kilometer! Experten sind der Auffassung, dass bis 2020 auch eine Million Brennstoffzellenfahrzeuge auf Europas Straßen laufen könnten. Daimler zieht die Einführung der B-Klasse F-Cell um ein Jahr nach vorne, also 2014. Hyundai wird seinen Tucson ab 2014 als F-Cell in Serie schicken. Für die Infrastruktur hat sich im Projekt Clean Energy Partnership ein Konsortium von 16 Partnern gebildet, die für die ausreichende Versorgung von Wasserstoff und an der Marktvorbereitung arbeiten. Im Boot sind Air Liquide, BMW, Daimler, EnBW, Vattenfall, Ford, Honda, Opel, Linde, Total, Shell, Statoil, Toyota und Volkswagen. Die Produktion von Wasserstoff ist mit erneuerbaren Energien möglich. Das erhöht die Schubkraft.
Spruch der Woche:
"Ich bin davon überzeugt, dass Menschenführung zu mehr als fünfzig Prozent über Gewinn und Verlust entscheidet, während Kapital und Produkte nur nachgeordnete Bedeutung haben." (Reinhold Würth)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Thorsten Podlech
E.Kühlwetter (wallibelli)