Ausgabe 05/2014: Auf Widerruf

Der Vertrieb von Fahrzeugen hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert, nicht zuletzt durch das Internet. Der Preisdruck hat durch die Transparenz und die Vergleichbarkeit der Produkte stetig zugenommen. Neu ist, dass auf dem Markt immer neue Player auftauchen. In jüngerer Vergangenheit sei an dieser Stelle nur auf das Beispiel Sixt verwiesen (s. AUTOHAUS 3/2014). Auch der Handel muss sich den neuen Herausforderungen stellen. Der Gesetzgeber stellt eine Vielzahl von Regelungen auf, die im Rahmen des digitalen Neuwagenvertriebs zu berücksichtigen sind. Neben den altbekannten Problematiken sollen hier die Änderungen beleuchtet werden, die 2014 auf den Handel zukommen.Verkauf in sozialen NetzwerkenDass beim Verkauf neuer Fahrzeuge die Anforderungen der Pkw-EnVKV einzuhalten sind, ist spätestens seit der großflächigen "Aufklärungsaktion" der Deutschen Umwelthilfe allgemein bekannt. Nicht bekannt dürfte jedoch sein, dass die Anforderungen der Pkw-EnVKV nicht nur im Rahmen des Vertriebs von Neuwagen auf der händlereigenen Homepage oder den klassischen Autobörsen einzuhalten sind. Auch bei vermeintlich privaten Anpreisungen von Mitarbeitern in sozialen Netzen kann es erforderlich sein, die Anforderungen der Pkw-EnVKV einzuhalten. So hat das Landgericht Freiburg in einer Entscheidung vom 4.11.2013 festgestellt, dass auch bei der Anpreisung eines Fahrzeuges durch einen Mitarbeiter eines Autohauses auf dessen privater Facebook-Seite die Anforderungen der Pkw-EnVKV einzuhalten sind. Das Landgericht Freiburg hat daher einer Klage einer Wettbewerbszentrale gegen den Arbeitgeber des Facebook-Kontoinhabers, das betreffende Autohaus, stattgeben. Obwohl es sich um die private Facebook-Seite des Mitarbeiters gehandelt hat, hat das Landgericht festgestellt, dass auch der Arbeitgeber hierfür hafte. Bei dem Verkauf von Fahrzeugen handele es sich keineswegs um eine private Tätigkeit, sondern um eine geschäftliche Tätigkeit des Mitarbeiters. Das Autohaus müsse sich daher das Verhalten des Mitarbeiters zurechnen lassen. Schließlich habe es das Autohaus in der Hand, derartige Aktionen des Mitarbeiters zu untersagen. In Zukunft sollten daher die Verantwortlichen darauf achten, dass entweder ihre Mitarbeiter auch in sozialen Netzwerken die wettbewerbsrechtlichen Vorgaben einhalten, oder aber ihren Mitarbeitern ausdrücklich verbieten, in sozialen Netzwerken für Fahrzeuge des Autohauses Werbung zu machen.Neues Widerrufsrecht ab 13.6.2014Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie werden mit Wirkung zum 13.6.2014 die bisherigen Regelungen zum Fernabsatz grundlegend neu gefasst. Neben der kosmetischen Ersetzung des Begriffs des Haustürgeschäftes durch den Begriff des "außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrages", enthält das Gesetz weitreichende inhaltliche Neuerungen.Zum einen sieht nunmehr das Gesetz umfangreiche Informationspflichten vor. Zum anderen werden sowohl die Anforderungen als auch die Gestaltungsmöglichkeiten bei der obligatorischen Widerrufsbelehrung erweitert. Überraschend ist, dass der Gesetzgeber keinerlei Übergangsfrist vorgesehen hat. Das bedeutet, dass ab dem 13.6.2014 die Regelungen umgesetzt sein müssen, wenn man nicht Gefahr laufen will, Opfer einer Abmahnung zu werden. Insoweit ist zu erwarten, dass die einschlägigen Institutionen, wie auch bereits bei vergangenen Gesetzesänderungen, umgehend die entsprechenden Plattformen auf der Suche nach Verstößen durchsuchen werden.Weitreichende InformationspflichtenBislang musste der Unternehmer den Verbraucher lediglich über dessen Widerrufsrecht und die Widerrufsfolgen belehren. Nach § 312d BGB n.F. in Verbindung mit Art. 246a EGBGB werden nunmehr weitergehende Informationspflichten eingeführt. Neben den Informationen über die Eigenschaften der Ware, den Preis sowie die Zahlungs- und Lieferbedingungen ist es erforderlich, dass der Händler neben dem Geschäftssitz auch seine Telefonnummer sowie ggf. seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse mitteilt. Ebenso muss der Händler mitteilen, welche Bedingungen für Kundendienstleistungen und Garantien bestehen. Die wichtigste Informationspflicht ist jedoch, dass der Händler sowohl über die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu belehren hat, als auch über das Bestehen eines Muster-Widerrufsformulars nach Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB.Widerrufsbelehrung nachholbarWie bisher beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage. Neu ist, dass der Unternehmer auch bei zunächst unterbliebener ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung ggf. durch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung eine 14-tägige Widerrufsfrist in Gang setzen kann. Sollte daher einmal vergessen worden sein, eine entsprechende Widerrufsbelehrung auszusprechen, kann dies nachgeholt werden. In jedem Fall erlischt die Widerrufsfrist nach einem Jahr und 14 Tagen. Bislang stand dem Verbraucher ein unbegrenztes Widerrufsrecht zu.Wertersatz möglichNach § 357 Abs. 7 BGB n.F. schuldet der Verbraucher einen Wertersatz für einen Wertverlust der Ware, der auf einen für die Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang zurückzuführen ist. Der Gesetzgeber ist der Auffassung, dass der Kunde nur so mit der Ware umgehen darf, wie er es auch in einem Geschäft getan hätte. Da ein Kunde auch beim Kauf eines Neuwagens im Autohaus mit dem Fahrzeug keine umfassende Probefahrt tätigt, muss entsprechend der Gesetzesbegründung angenommen werden, dass der durch die Inbetriebnahme entstehende Wertverlust von dem Kunden zu ersetzen ist. Allerdings besteht ein Anspruch auf Wertersatz nur dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß gem. Art. 246a EGBGB über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat.Rücksendekosten trägt VerbraucherNeu ist auch die Möglichkeit, dass der Verbraucher die Kosten einer Rücksendung ggf. selbst tragen muss. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der Unternehmer die Ware dem Verbraucher nach Hause geliefert hat. Holt der Kunde das Fahrzeug daher im Autohaus ab, muss er es auch auf eigene Kosten dort wieder abliefern. Allerdings gilt auch dies nur dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher hierüber gem. Art. 246 EGBGB zuvor ordnungsgemäß unterrichtet hat.Wie auch bisher kommt daher einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung eine entscheidende Bedeutung zu. Diese, an die neuen Erfordernisse angepasste Widerrufsbelehrung stellt der Gesetzgeber den Unternehmen als Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB zur Verfügung. Mit Hilfe der amtlichen Gestaltungshinweise sollte daher rechtzeitig eine entsprechende Widerrufsbelehrung erstellt werden.* Dr. Tim O. Vogels ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Arbeitsrecht. Kontakt: tim.vogels@dr-vogels.euKurzfassung1. Auch bei Anpreisung eines Fahrzeugs durch einen Autohaus-Mitarbeiter auf dessen privater Facebook-Seite muss die Pkw-EnVKV eingehalten werden.2. Das neue Widerrufsrecht mit weitreichenden Informationspflichten tritt bereits ab 13. Juni in Kraft - ohne Übergangsfrist!3. Die wichtigste neue Informationspflicht ist, dass der Händler über Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Bestehen eines Muster-Widerrufsformulars aufklärt.4. Mit Hilfe der amtlichen Gestaltungshinweise sollte rechtzeitig eine entsprechende Widerrufsbelehrung für den Kunden erstellt werden.

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