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Auto-Abo: Hype oder Mobilität der Zukunft?

02.11.2020 18:00 Uhr
Auto-Abo: Hype oder Mobilität der Zukunft?
© Foto: Marc Müller/dpa

Um Interesse und Nachfrage nach Auto-Abonnement zu generieren, muss der Autohandel vor allem die Bekanntheit des Mobilitätskonzepts erhöhen. Wichtig dafür ist die Abgrenzung zu etablierten Mobilitätsprodukten wie Miete, Leasing, Finanzierung und Sharing.

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von Ingo Frank

Streamingriesen wie Netflix oder Spotify erobern unseren Medienkonsum und zeigen, dass sich Abo-Modelle zunehmend etablieren. Auch in der Automobilindustrie führen immer mehr Hersteller, Händler und Start-ups wie etwa Cluno das Auto-Abo ein und treiben dieses neue Mobilitätskonzept im Markt voran. Noch aber spielen Auto-Abos im deutschen Markt eine untergeordnete Rolle. Stand heute gibt es wenige Konsumenten und Händler, die Auto-Abos nutzen bzw. anbieten. Um ein aktuelles Stimmungsbild zu erfassen, wurde von der effisma.group, in Zusammenarbeit mit der studentischen Unternehmensberatung CARS student consulting e.V., mittels repräsentativer Online Panels und Interviews eine quantitative und qualitative Erhebung im Juni und Juli 2020 durchgeführt, in deren Zuge 206 Konsumenten, 15 Händler und sechs Abo-Anbieter befragt wurden. Auf Basis dieser Befragung wurde eine Studie erstellt, die neben der Darstellung der Ergebnisse auch konkrete Handlungsempfehlungen für den Automobilhandel ableitet.

Kernergebnisse

Das Abo-Modell steht noch am Anfang seiner Marktdurchdringung und ist daher sehr erklärungsbedürftig. Vor allem der Unterschied zwischen Abonnement und den bisherigen Mobilitätsprodukten wie Carsharing, Miete und Leasing ist den meisten Konsumenten noch unklar. So zahlen Kunden bei Sharing oder Mietmodellen nutzungsabhängig. Beim Abonnement hingegen wird ein gleichbleibender monatlicher Betrag bezahlt. Die Gespräche mit den Konsumenten während der Umfrage haben gezeigt, dass die Kostentransparenz bezüglich des eigenen Fahrzeugbesitzes generell gering ist. Aus diesem Grund wird das Auto-Abo als sehr teuer empfunden. Jedoch sehen sowohl Konsumenten als auch Anbieter eine zukünftig steigende Bedeutung des Abo-Modells. Durch die aktuell sehr geringe Marktdurchdringung sind sowohl Angebot als auch Nachfrage nur schwach vertreten. Vor allem im Geschäftskundenbereich wurden jedoch Umsatzpotenziale identifiziert, da die meisten Gewerbekunden aufgrund der Vollkostenbetrachtung ein besseres Verständnis für das Produkt vorweisen. Bei Privatkunden sind es vor allem Stadtbewohner unter 40 Jahren mit einem hohen Kilometerbedarf, die am meisten Interesse an diesem Produkt vorweisen.

Bekanntheit / Interesse am Produkt

Aktuell sind Auto-Abonnements eher unbekannt, so haben 61 Prozent der Befragten noch nie etwas von Auto-Abos gehört. Auf Händlerseite bieten nur zwei von den 15 Befragten aktuell ein Abonnement an. Vor allem jüngere Konsumenten, Stadtbewohner und Vielfahrer können sich ein Abo vorstellen, bei älteren Konsumenten und der ländlichen Bevölkerung ist das Interesse am Abo-Modell geringer.

Fahrzeuge und Zahlungsbereitschaft

Über ein Drittel (34 Prozent) der Befragten gaben an, dass sie ein Fahrzeug aus der (oberen) Mittelklasse abonnieren würden. Insgesamt würden jedoch 54 Prozent der Befragten weniger als 300 Euro pro Monat für ihr Abo ausgeben wollen. Hier wird sichtbar, dass sich der Kundenwunsch nicht mit dem Angebot deckt und die Preisvorstellungen deutlich auseinander liegen.

So ist vor allem die Nachfrage nach günstigen Abos sehr hoch, allerdings gibt es hierfür kaum Angebote auf dem Markt. Händler beklagen die Schwierigkeiten der Rentabilität in diesem Segment und sind dabei stark von einem attraktiven Fahrzeugbezug abhängig.

Sicht der Konsumenten

Durch das Abo-Modell entsteht eine Reihe von Vorteilen für die Konsumenten. So sind die Abos mit einem geringen bürokratischen Aufwand verbunden: Nutzer von Abonnements beschäftigen sich nicht mehr mit Themen wie Kfz-Versicherung, -Steuer oder Reparaturrechnungen. Zudem ist eine schnelle und einfache Kündigung möglich, es besteht die Option auf kurze Laufzeiten und der Überblick über die Gesamtkosten ist transparenter als beim eigenen Fahrzeugbesitz.

Die Anforderungen und Wünsche der Konsumenten sind sehr vielfältig. Neben einem günstigen Preis möchten die Befragten unter anderem einen Ersatzwagen im Service- oder Werkstattfall gestellt bekommen. Die Fahrzeugsuche und -auswahl mittels Internet wird positiv bewertet, allerdings wünschen sich die Konsumenten die Möglichkeit zur Durchführung einer Probefahrt in ihrer lokalen Nähe - oder zumindest die Option zur in Augenscheinnahme des Fahrzeugs vor Abschluss des Vertrags. Bezüglich der Laufzeiten wünschen sich die Befragten Fristigkeiten von maximal 6 oder 12 Monaten, ein Fahrzeugwechsel während dieser Laufzeit wird von der Mehrheit abgelehnt.

Zögerliche Haltung im Handel

Ein Grund für das Zögern des Handels liegt am Konzept des Auto-Abos an sich, da es von viele Händlern als finanziell unattraktiv empfunden wird. Des Weiteren hat sich ein großer Teil der Händler bisher noch nicht ernsthaft mit dem Thema Auto-Abonnement auseinandergesetzt. Aus Sicht des Handels fehlt es zum jetzigen Zeitpunkt an Nachfrage auf Kundenseite - langfristig betrachten aber fast alle befragten Händler das Auto-Abo als eine weitere Säule in der Geschäftsstrategie.

Handlungsempfehlungen

Allgemein ist das Abo-Modell nicht vielen Konsumenten bekannt, daher muss der Handel vor allem die Bekanntheit des Mobilitätskonzepts Auto-Abonnement erhöhen, um ein grundsätzliches Interesse und die entsprechende Nachfrage zu generieren. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist die Abgrenzung zu den bereits etablierten Mobilitätsprodukten und Eigentumsformen wie Miete, Leasing, Finanzierung und Sharing. Außerdem müssen Kostentransparenz bzw. ein Preisbewusstsein hergestellt werden. Ohne den Konsumenten dabei zu überfordern, sollten die "echten" Kosten des Fahrzeugbesitzes aufgezeigt werden.

Der Fokus sollte dabei auf der Zielgruppe liegen, die das größte Interesse gezeigt hat: Das sind vor allem Männer unter 40 Jahren aus dem Großstadtgebiet, die einen hohen Kilometerbedarf vorweisen und trotzdem nur zeitweise ein Auto benötigen. Auch Gewerbekunden sollte man miteinbeziehen, da diese ein Verständnis für eine TCO (Total Cost of Ownership)/ Vollkostenbetrachtung aufweisen.

Bei den Laufzeiten wird vor allem Flexibilität honoriert, so wünschen sich Kunden Laufzeiten von einem Monat bis zu 36 Monaten. Die Nachfrage nach kürzeren Vertragslaufzeiten ist dabei höher. Auch bei Kilometerpaketen wünschen sich die Kunden Flexibilität, ggf. sogar eine exakte Abrechnung und die Möglichkeit, die Kilometerlaufzahl je nach Bedarf zu verändern. Ein Fahrzeugwechsel während der Laufzeit ist dem Kunden nicht wichtig. Tatsächlich möchte dieser sein Auto meistens eine Weile fahren - viele Wechsel werden eher als störend empfunden. Gleichzeitig bedeutet ein Fahrzeugwechsel ein enormes Risiko und Stresspotenzial, wenn der Händler als Anbieter auftritt, da die Fahrzeuge meistens zu saisonal ungünstigen Zeiten zurückkommen.

Die Händler suchen und benötigen Hilfe, da sie die Umsetzung des Abo- Modells nicht alleine stemmen können: Konzepte, Prozesse, IT und Verträge. Hier können Dritte oder der Hersteller aktiv Unterstützung leisten. Viele Händler tun sich bezüglich der Rentabilität schwer, daher müssen Konzepte und Umsetzung möglichst schlank sein!

Der Hebel dabei ist natürlich ein günstiger Fahrzeugbezug. Hier sollten die Hersteller besser den "eigenen" Händlerkanal bedienen und ihr Volumen nicht bei Dritten platzieren. Das Abonnement sollte allerdings nicht der neue Vermietungskanal werden. Wird jedoch der eigene Mobilitäts- oder Abo-Kanal ähnlich bedient, ist es eine Win-win-Situation: Der Hersteller kann Volumen platzieren, welches nicht direkt auf den Gebrauchtwagen-Kanal und Restwerte durchschlägt, während der Händler dadurch ein attraktives Geschäft im Bereich Service und Reparatur erhält und im lokalen Raum im Spiel bleibt. Der Markt hierfür muss jedoch noch geschaffen werden. Allerdings zeigen Beispiele wie "Care by Volvo", "Porsche Drive Abo" und "Faaren", dass Potenziale eröffnet sind.

Weitere Infos

CARS student consulting e.V. ist eine studentische Unternehmensberatung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Geislingen. Seit mehr als drei Jahren ist CARS in der Beratung mit klarem Automotive-Fokus aktiv.Für das gemeinsame Projekt mit der effisma.group bildete CARS mit Maja Flato, Jeremias Oster und Yannic Bindel ein Projektteam aus drei Beratern. Die Durchführung der Studie bestand aus Fragebogenerstellung, Umfragen mit Händlern, Abo-Anbietern und potenziellen Kunden sowie der Auswertung der Ergebnisse. Über den gesamten Projektverlauf fand eine kontinuierliche und konstruktive Zusammenarbeit mit der effisma.group statt.
Weitere Informationen: www.cars-ac.de, E-Mail: hello@cars-ac.de, LinkedIn: CARS automotive consulting e.V.

Ingo Frank ist Geschäftsführer der effisma.group. Die Beratungsspezialisten bieten im Bereich Automotive maßgeschneiderte Konzepte und Lösungen für Hersteller, Captives und stationäre Autohändler.

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