Ausgabe 14-15/2008: Autohaus 14-15/2008

Autohaus 14-15/2008Dienstwagenbesteuerung / Urteil zur 0,03-Prozent-Regelung fehlerhaft!Einfach kompliziert!Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGEs ist noch kein Jahr her, da haben wir an dieser Stelle nochmals auf die völlig überzogene bürokratische 1%- und 0,03%-Regelung hinsichtlich der Versteuerung der privaten Nutzung des überlassenen Betriebs-Pkw und die gesetzgeberische Fehlkonstruktion der 0,03%-Regelung hingewiesen. Nachdem diese gesetzliche Regelung nun seit über einem Jahrzehnt (ab dem Veranlagungszeitraum 1996) besteht, hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH) festgestellt, dass die Regelung in sich widersprüchlich ist. Wir hatten von Anfang an darauf hingewiesen, dass die wörtliche Anwendung der 0,03%-Regelung auf jeden Fall verfassungswidrig wäre. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht umgeht der BFH jedoch dadurch, dass er die 0,03%-Regelung in "telelogischer Reduktion der Vorschrift" (das ist eine am Normzweck ausgerichtete einschränkende Auslegung des Gesetzes) nur teilweise, also "reduziert" anwendet. Urteilsfall 1Ein Arbeitnehmer (dem von seinem Arbeitgeber ein Auto auch zur privaten Nutzung überlassen war) fuhr nur ein paar km zum nächstgelegenen Bahnhof und von dort aus über 100 km regelmäßig mit dem Zug zur Arbeit und zurück. Da das Fahrzeug vom Arbeitgeber ohne Einschränkung überlassen worden war, legte das Finanzamt und auch das Finanzgericht die gesamte Strecke zwischen Wohnung und Arbeit der 0,03%-Regelung zugrunde. Demgegenüber hat jedoch der Arbeitgeber nur die kurze Strecke zwischen Wohnung und Bahnhof der Lohnbesteuerung mit der 0,03%-Regelung (neben der 1%-Regelung) als geldwerten Vorteil unterworfen. Die Revision des Arbeitgebers zum Bundesfinanzhof hatte Erfolg: Auch ohne Aufzeichnung in einem Fahrtenbuch sei für die regelmäßig benutzte Zugstrecke eine Versteuerung nach der 0,03%-Regelung nicht vorzunehmen!Urteilsfall 2Am gleichen Tag entschied der BFH auch über die Revision eines Ehepaares. Der Ehemann erhielt von seinem Arbeitgeber sowohl für Dienst- als auch Privatfahrten einen Pkw zur Verfügung gestellt. Zumindest an einem Arbeitstag pro Woche fuhr er zu dem 50 km entfernten Geschäftssitz der Geschäftsführung seines Arbeitgebers, während er die übrige Zeit Fahrten zu Kundenbesuchen machte. Der Arbeitgeber versteuerte den geldwerten Vorteil mit der 1%-Regelung, jedoch ohne die 0,03%-Regelung. Dies griff die beim Arbeitgeber durchgeführte Lohnsteuerprüfung auf und veranlasste eine Nachversteuerung bei den Ehegatten. Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide (1996-1998!) wehrten sich die Ehegatten bis zum Finanzgericht ohne Erfolg. Gegen die verlorene Klage legten sie Revision beim BFH ein. Dieser bestätigte zwar, dass der Betriebssitz des Arbeitgebers als Arbeitsstätte anzusehen sei und die Fahrten dorthin entsprechend Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte darstellen. Gleichwohl hatten die Ehegatten (insoweit teilweise) Erfolg, weil die 0,03%-Regelung für solche Fälle nur mit Einschränkung angewandt werden kann: Beim Aufsuchen der regelmäßigen Arbeitsstätte einmal wöchentlich sei statt des monatlichen Pauschalzuschlags in Höhe von 0,03% lediglich die einzelne Fahrt mit 0,002% des Listenpreises je Entfernungskilometer anzusetzen. Verfassungskonforme AuslegungWie aber nun umgeht der BFH die Anwendung der 0,03%-Regelung? Der BFH führt zunächst aus, dass die (damals noch) einzelfahrtbezogene Ermittlung der Werbungskosten, die ein Arbeitnehmer für jeden Arbeitstag mit tatsächlichen Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte geltend machen kann, "im Widerspruch zu dem pauschal monatsweisen Ansatz des Zuschlages nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG" (= 0,03%-Regelung) steht. Damit bestätigt der BFH unsere von Anfang an vertretene Auffassung, dass der Gesetzgeber Äpfel mit Birnen verglichen hat. Solch eine Widersprüchlichkeit würde zwangsläufig zur Verfassungswidrigkeit der Regelung führen, es sei denn, es ließe sich aus dem Gesetz auch eine andere Deutung entnehmen, die der BFH wie folgt begründet: Die zusätzliche Versteuerung neben dem Privatanteil mit 0,03% des Listenpreises für Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte soll lediglich einen Korrekturposten dazu darstellen, weil in diesen Fällen der Arbeitnehmer die Werbungskosten- bzw. die Entfernungspauschale für jeden Arbeitstag geltend machen kann. Da es sich aber nur um einen Korrekturposten handelt, muss im Einzelnen geprüft werden, ob der jeweilige Fall überhaupt einer Korrektur in diesem Umfang bedarf. Im ersten Fall lässt sich durch die Bahnfahrkarten der Anscheinsbeweis für die Nutzung des Dienstwagens auch für die gesamte Strecke Wohnung – Arbeit widerlegen, so dass es weder auf ein durch den Arbeitgeber ausgesprochenes Nutzungsverbot (das Fahrzeug für die Zugstrecke zu benutzen) ankommt, noch auf die Führung eines Fahrtenbuches. 0,002%-Regelung ersetzt 0,03%-Regelung!Im zweiten Fall, in dem der Arbeitnehmer nur einmal wöchentlich die Arbeitsstelle aufsucht, leitet der BFH die Einschränkung aus der gesetzlichen 0,002%-Regelung für die Nutzung eines Dienstwagens für Familienheimfahrten ab. Die 0,002%-Regelung für sogenannte Familienheimfahrten mit (vom Gesetzgeber unterstellten durchschnittlichen) 15 Arbeitstagen pro Monat ergäbe rechnerisch die gesetzliche Regelung von 0,03%. Wenn somit ein Arbeitnehmer monatlich weniger als 15 Arbeitstage die Strecke Wohnung – Arbeit zurücklegt, dann führt die 0,03%-Regelung zu einer übermäßigen Besteuerung. Also sei nur die vom Gesetzgeber zugrunde gelegte 0,002%-Regelung pro Entfernungskilometer anzusehen, so dass bei nur vier Tagen im Monat mit Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte auch nur viermal 0,002% als geldwerter Vorteil angesetzt werden können, somit also monatlich 0,008% des Listenpreises pro Entfernungskilometer – und nicht 0,03%!Daher gilt nun allgemein für Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte immer dann, wenn weniger als 15 Tage im Monat die Arbeitsstätte von der Wohnung aus aufgesucht wird, dass pro Arbeitstag je Entfernungskilometer 0,002% des Listenpreises anzusetzen sind. Im ersteren Fall war die Zugfahrkarte schon ausreichend Beweis dafür, dass von der 0,03%-Regelung für die gesamte Strecke Wohnung – Arbeit abgewichen werden kann. Im zweiten entschiedenen Fall, in dem der Arbeitnehmer angegeben hat, nicht täglich den Betriebssitz des Arbeitgebers von der Wohnung aus angefahren zu haben, betont der BFH, dass zwar durchaus ein Anscheinsbeweis dafür spricht, dass der dem Arbeitnehmer überlassene Dienstwagen auch tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden ist, dass dieser Anscheinsbeweis jedoch durch substantiierte Einwände entkräftet werden kann. Fahrtenbuch unnötig?Auch in diesen Fall sei es nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber dem Kläger die Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte untersagt haben müsste. Welche Beweise in diesem Fall jedoch als ausreichend angesehen werden, um solch eine Entkräftung des Anscheinsbeweises zu ermöglichen, hat der BFH nicht entschieden. Dies hat er dem Finanzgericht auferlegt, an das er den Fall zurückverwiesen hat. Ob somit dieser Nachweis letztendlich doch nur dann gelingt, wenn man ein Fahrtenbuch geführt hat, oder wie der Nachweis sonst zu führen ist, bleibt für den Praktiker daher weiterhin offen. Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.de

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