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Autoindustrie in Großbritannien: "Brexit wird zum schleichenden Exit"

24.06.2016 14:12 Uhr
Autoindustrie in Großbritannien: "Brexit wird zum schleichenden Exit"
Nissan produziert seinen Bestseller Qashqai im britischen Sunderland. Nach dem Brexit dürften die Japaner ihre künftigen Investitionsentscheidungen in dem Land überdenken.
© Foto: Nissan

Die britische Autoindustrie hat lange Zeit gebraucht, um aus ihrem Tief in den 1980ern wieder herauszukommen. Doch das Anti-EU-Votum in UK gefährdet nach Experten-Meinung den Aufschwung stark.

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Nach der Entscheidung der Briten gegen einen Verbleib in der Europäischen Union (EU) sieht der Autoexperte Prof. Stefan Bratzel die dortige Branche vor schweren Zeiten. "Der Brexit wird zu einem schleichenden Exit der Automobilindustrie von der Insel führen", schreibt der Leiter des Center of Automotive Management (CAM) in einer am Freitag veröffentlichten Kurzanalyse. Die negativen Auswirkungen auf die Branche könnten zwar noch nicht abschließend bewertet werden, wirkliche Gewinner gebe es aber keine.

Im vergangenen Jahr wurden im Vereinigten Königreich 1,66 Millionen Neuwagen gebaut. Nach Einschätzung von Bratzel sind vor allem diejenigen Autohersteller und -zulieferer vom Brexit betroffen, die dort Produktionsanlagen mit hoher Kapazität besitzen. Dies gilt vor allem für Nissan und der zum indischen Tata Konzern gehörende Hersteller Jaguar Land Rover (JLR). Beide produzierten im vergangenen Jahr jeweils rund 500.000 Fahrzeuge.

In etwas geringerem Umfang trifft das Votum BMW. Der weiß-blaue Autobauer fertigte 2015 in UK rund 200.000 Fahrzeuge inklusive Mini und Rolls-Royce. Toyota kam auf rund 190.000 Pkw. Etwa 140.000 bzw. 120.000 Fahrzeuge steuerten Opel/Vauxhall sowie Honda bei. Die weiteren Stückzahlen entfielen hauptsächlich auf kleine, lokale Hersteller. Ins Kalkül müssen aber noch Motorenwerke und Entwicklungsstandorte einiger Firmen (u.a. Nissan, JLR und BMW) gezogen werden.

Problematisch wird das britische Referendum aber insbesondere für den Inlandsmarkt. Bratzel: "Den stärksten Negativeffekt wird es für die britische Automobilindustrie und deren Arbeitsplätze selbst geben, da der Standort außerhalb der EU unattraktiver wird. Insgesamt ist mit einem Anstieg der direkten und indirekten Kosten zu rechnen, wenn das Vereinigte Königreich im Verhältnis zur EU als Drittland gilt."

Der Branchenkenner verwies in diesem Zusammenhang auch auf die zunehmenden Unsicherheiten: "Die Aushandlung von Kooperationsverträgen wird Jahre dauern – und das Ergebnis ist aus heutigem Stand völlig offen. Um einen Dominoeffekt weiterer Austritte zu vermeiden, könnte die EU restriktive Bedingungen für Austrittsländer vorsehen." Vor diesem Hintergrund werde aktuell jeder Hersteller oder Zulieferer seine anstehenden Investitionsentscheidungen und möglichen höheren Komplexitätskosten rund um den Brexit gründlich überdenken. Mittel- und langfristig rechnet Bratzel deshalb mit Standortverlagerungen von der Insel in die EU. (rp)

Zahlreiche Reaktionen aus der Autobranche zum Brexit lesen Sie HIER!

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KOMMENTARE


Dieter Olk, Bitburg

25.06.2016 - 08:16 Uhr

Was "der Branchenkenner" hier schreibt, sind blose Vermutungen. Es gab noch nie einen Brexit; also schreibt vorneweg nicht gleich (negativ) alles ab. Es wird anders; JA. Jede neue Türe, die sich öffnet, bietet bekanntlich auch neue Chancen. Danach zu suchen, lohnt sich und sowas muss eben NICHT Jahre dauern. Macht euch an die (positive) Umsetzung; dann gewinnt ihr neue -positive- Erfahrungen. Auf jeden Fall ist auf zu hören, ständig von hier aus negativ über die großartige Insel zu sprechen und zu schreiben. Glückwunsch an die Menschen in Großbritanniene für gelebte Volksdemokratie!


Joseph Le Bel

28.06.2016 - 10:17 Uhr

Der Austritt ist im Lissabon-Vertrag genau geregelt und dauert mindestens zwei Jahre. Diese Zeit werden alle Unternehmen, auch jenseits der Automobilindustrie nutzen können. Schwarzmalerei ist hier nicht angesagt. Letztendlich war doch das demokratische Wahlergebnis für einen Austritt gerade ein Votum gegen den überbordenden und alles regeln wollenden Brüsseler Bürokratieapparat!


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